Die Hure von Bremen - historischer Kriminalroman
Erlaubnis bitten.«
»Tu das.«
»Wärst du ein Mann, würde ich dich hier hinausbringen und du könntest dich selbst nach Bremen durchschlagen. Aber als Weib ist es viel zu gefährlich.«
»Ich würde meine Familie nie alleine hierlassen.«
»Das würde ich auch nicht.« Er lächelte.
»Aber Thomas, das ist es!«
Verwundert sah er auf sie herunter, denn er überragte sie ein gutes Stück.
»Gibt es irgendeine Möglichkeit, Laurenz aus dem Kerker zu befreien?« Sie wusste, dass es ihn den Kopf kosten konnte, wenn man ihn dabei erwischte. Andererseits hielt sie Thomas für intelligent genug, dass er Mittel und Wege kannte, es nicht so weit kommen zu lassen.
Er kratze sich nachdenklich am Kinn, und schließlich nickte er. »Das könnte ich versuchen, doch zuvor muss ich wissen, was es mit dem Mann auf sich hat.«
»Thomas.« Lena ergriff seine Hand. »Wirst du es niemandem verraten, wenn ich es dir erzähle?«
»Niemandem. Das verspreche ich.«
Erleichtert ließ Lena seine Hand wieder los. »Dieser Mann, Ludwig Hastedt, hat eine Frau getötet, und er ist vermutlich der Einzige, der weiß, wo meine kleine Tochter ist. Zumindest im Augenblick. Sie ist zwei Jahre alt und verschwand, als er Marie, die Heilerin, bei der ich meine Tochter geboren habe, wegen eines Gifts umbrachte. Jetzt plant er offenbar ein sehr übles Spiel mit einem der Ratsherren. Hastedt hat gemeinsam mit der Frau dieses Ratsherrn versucht, ihn zu töten. Ich weiß, es ist wirklich viel verlangt, aber außer dir habe ich nur noch meine Mutter hier, der ich vertrauen kann.«
»Es ehrt mich, dass du es so siehst.«
»Meinst du, man könnte Laurenz befreien, damit er den Ratsherrn warnt?«
»Vielleicht. Aber ich müsste der Wache etwas anbieten.«
Lena dachte nach. Geld besaß sie nicht, und Laurenz hatte sicher auch nichts. »Das Einzige, was ich habe, ist ein Holzpferdchen. Es ist klein, aber sicher sehr wertvoll. Warte bitte, ich hole es sofort.«
Als sie ungesehen wieder zurück war, zog sie das Pferd behutsam aus der Tasche und hielt es Thomas hin. Er ließ einen leisen Pfiff hören, als er es von allen Seiten betrachtete.
»Du hast recht, es sieht wirklich sehr wertvoll aus. Vielleicht lässt sich damit etwas anfangen. Woher hast du es?«
»Der Ratsherr hat es mir geschenkt.«
Erstaunt blickte Thomas sie an.
»Nein, nicht was du denkst.« Lena lachte leise. »Es war nur eine nette Geste, mehr nicht, und es hat nichts zu bedeuten.«
»Dann sehe ich später, was ich tun kann.«
»Ich danke dir.«
»Soll ich Laurenz etwas ausrichten, wenn es gelingt, ihn zu befreien?«
Lena nickte. »Er soll sich nach Bremen durchschlagen und zum Ratsherrn Mindermann gehen. Ludwig Hastedt spinnt eine böse Intrige gegen ihn, die ihn den Kopf kosten kann. Ein Brief ist im Spiel. Noch habe ich keine Beweise in der Hand, weiß aber, wo wir sie finden. Mindermann soll am besten mit einer Abordnung herkommen. Sag Laurenz, dass ich den Mann gefunden habe, sag ihm auch, dass er auf sich aufpassen soll. Hast du das alles?«
»Ja.« Thomas wiederholte den ungefähren Wortlaut, und Lena war zufrieden. Sie gab ihm einen Kuss auf die Wange.
»Schließlich bist du vielleicht bald mein Stiefvater. Mach also um meiner Mutter willen nichts Unvorsichtiges.«
Thomas lächelte. »Nein, ich werde achtgeben, immerhin habe ich ihr zugesagt, um sie zu werben, und ich möchte mein Wort halten.« Er zwinkerte Lena zu, und sie verabschiedeten sich.
Kapitel 16
Zum Glück kannte Laurenz den Weg durch die Katakomben des Doms von seinen Streifgängen. Manch anderer würde sich hier mit Sicherheit verlaufen. Man konnte lange hier umherirren, ohne das Tageslicht wiederzusehen. Als er schließlich aus dem Dom trat, brach der Morgen gerade an.
Es hatte aufgehört zu regnen, aber es blieb trüb. Sicher würden bald die Händler kommen und ihre Stände aufbauen. Hier und da brannten in den Häusern schon Talglichter oder Fackeln und erhellten die Fenster. Laurenz musste sich beeilen, wenn er unentdeckt zum Ratsherrn kommen wollte.
Als er den Markt überquerte, fielen ihm sofort die verkohlten Überreste des Rolands auf, der hier gestanden hatte. Wer hatte das nur getan und warum? Verwundert schüttelte er den Kopf. Darum konnte er sich jetzt nicht kümmern. Als er an die Vordertür von Mindermanns Haus klopfte, musste er eine Weile warten, ehe eine verschlafene Bedienstete öffnete und ihn von oben bis unten mit ihrem Blick maß.
Laurenz ärgerte sich, dass er nicht zuvor
Weitere Kostenlose Bücher