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Die Hure von Rom - Walz, E: Hure von Rom

Titel: Die Hure von Rom - Walz, E: Hure von Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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wäre Porzia eine Süchtige, süchtig nach Schmutz. Wahrscheinlicher aber war, dass Porzia unter einem viel einfacheren Zwang stand, nämlich unter dem eines Strizzis, der seine Frauen ausschickte, Geld für ihn zu verdienen. Manche Strizzi hatten nur eine Frau, andere hatten zwanzig Frauen. Von einem Strizzi kam man manchmal sein Leben lang nicht los, wenn man sich einmal an ihn gebunden hatte, und probierte man es doch, konnte das tödliche Folgen haben. War das der Grund von Porzias Traurigkeit?
    Im Grunde, dachte Maddalena verbittert, erging es ihr nicht viel anders als Porzia. Natürlich war ihre, Maddalenas, Gefangenschaft luxuriös und gut bezahlt, außerdem musste sie nur noch einem einzigen Mann zu Willen sein. Das Wesentliche jedoch war, dass auch sie nicht einfach gehen konnte, wann sie wollte. Julius würde das nicht zulassen. Er würde sie verfolgen, er war der mächtigste Mann Italiens. Sogar wenn sie dorthin flüchten würde, wo er keine Macht hatte, nach England beispielsweise, hätte sie keine Ruhe. Es gab einen Mann, der gewisse Aufträge für den Heiligen Stuhl erledigte, unchristliche Aufträge. Julius hatte, als er einmal betrunken gewesen war, von diesem Mann erzählt und davon, wie perfekt seine Tarnung war. Todesengel hatte er ihn im Rausch genannt. Niemand würde je seine Identität erfahren, und wenn doch, würde er oder sie nicht lange genug leben, um sie verraten zu können. Diesen Mann, das traute sie ihm zu, würde Julius ihr wie einen Bluthund nachschicken.
    Maddalena und Porzia unterhielten sich noch eine Weile über unverfängliche Dinge, bevor Porzia sich verabschiedete, um ihrer Tätigkeit als Dirne nachzugehen. Wie immer, nachdem Porzia gegangen war, fühlte Maddalena sich einsam und niedergeschlagen, und eine Zeitlang blieb sie auf der Terrasse
stehen und blickte auf die schwarze Ebene unter ihr, in der hier und da eine Fackel leuchtete gleich der Reflektion eines Sterns auf dem Ozean. Sie dachte an ihre sehnlichsten Wünsche – die venezianische Villa, ein freies Leben und die Liebe … Vor allem die Liebe, eine vergangene Liebe und eine künftige.
    Sie dachte an Porzia. Die Königin dachte an die Bettlerin, an ihre traurigen, wunderbaren Augen, an die Freude, die sie in ihr Leben brachte, in dem es sonst nur um Körperstellungen und um Geld ging.
    Nach einer Weile seufzte sie. Ein Geschäft war zu tätigen, und jetzt, wo es dunkel war, durfte sie es in Angriff nehmen. Sie warf sich einen schwarzen Mantel um und ging hinaus in die Nacht.

2
    Rom, 10. April 1552
    Sandro Carissimi, Visitator des Papstes und Bruder der Jesuiten, erhielt die Nachricht von Maddalena Neras Ermordung lange nach Einbruch der Dunkelheit. Er befand sich im Hospital seines Ordens nahe der Porta Maggiore. Eigentlich hätte er dort gar nicht sein dürfen. Als Visitator Seiner Heiligkeit hatte er sich, wie es hieß, zu »ständiger persönlicher Verfügung« zu halten, um »heikle Missionen« zu übernehmen. Da der Papst jedoch seit einem halben Jahr keinen Gebrauch von dieser »Verfügung« machte, ging Sandro seit einiger Zeit fast täglich dorthin, wo er das Gefühl hatte, gebraucht zu werden: zu den Kranken, den Hungrigen, den Verlassenen. Der letzte, harte Winter war wie ein Sensenmann durch die Gassen der Ewigen Stadt gegangen und hatte die Armen zu Hunderten zu Fall gebracht.
Die Nahrung war knapp geworden, und auch wenn der April warm und sonnig begann und das Schlimmste überstanden war, waren die Folgen noch immer zu spüren, ja, leibhaftig zu sehen. Die Gesichter der Menschen, die jeden Tag ins Hospital der Jesuiten kamen, ähnelten sich auf erschreckende Weise: faltig, verwüstet, verwirrt, die Augen groß und irrlichternd. Greise und Jugendliche waren manchmal kaum auseinanderzuhalten. Not und Verzweiflung hoben das Alter auf.
    Sandro saß am späten Abend bei einem Mann, den er auf fünfzig Jahre schätzte, und half ihm dabei, Kohlsuppe zu essen. Das Brot war schon vor Wochen ausgegangen. Wie immer fragte Sandro die Menschen, die in seine Obhut gegeben wurden, nach ihrem Leben, denn er hatte festgestellt, dass die meisten sich an ihre guten Zeiten erinnerten, auch wenn diese nur den geringsten Teil ihres Lebens ausmachten. Die Erinnerung an einen geliebten Menschen, an die Kindheit, an Wanderjahre oder einzelne schöne Erlebnisse gab diesen Menschen, die nichts mehr hatten außer ihrer Erinnerung, Kraft. Als der vermeintlich fünfzigjährige Mann von sich erzählte, wurde Sandro plötzlich klar,

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