Die Huren des Apothekers
ihre Wangen steigen. Der Inhalt der Wanne dampfte vor Wärme, Elße
würde endlich die Kälte aus ihren Gliedern vertreiben, die sie
schon seit Wochen nicht verließ, sie könnte nach all den
Demütigungen den Schmutz auf ihrem Körper abwaschen, doch um
welchen Preis? Sie hielt sich am Handtuch fest und schloss die Augen.
»Danke, Herr, wie freundlich, doch zu viel Wasser schadet. Ich wurde
heute schon beim Putzen nass.«
Er griff mit feuchten Fingern nach ihrem Kinn und
hob es, wie vorhin Endres es getan hatte. Einem Pferdehändler gleich
drückte er seine Finger in ihre Wangen, bis sie den Mund öffnete
und er die Zähne betrachtete. Gleichzeitig spürte sie seine zweite
Hand auf ihrem Busen. Starr vor Entsetzen hielt sie die Luft an.
»Starke Knochen, festes Fleisch. Dich könnte ich
brauchen, Weib. Willst du mir nicht gewisse Verrichtungen erledigen?
Es wäre mir wert, dir einige Annehmlichkeiten zu gestatten.«
Welche Art von Verrichtungen er
meinte, spürte sie deutlich durch das Handtuch und ihre Schürze
hindurch, als er seinen Unterkörper an ihr rieb .
Er ließ das Handtuch heruntergleiten und kurz hakte es, als ob das
Leinen zögerte, seine angebotene Manneszier zu entblößen. Elße wand sich aus seinem Griff. »Herr, bitte! Es werden sich andere
finden, die Euch freudig dienen. Habt Ihr sonst einen Wunsch?«
Hörbar knirschte er mit den Zähnen, setzte Elße
aber zu ihrer Erleichterung nicht nach. »Du weißt, wohin du gehen
kannst, wenn die Herrin dich davonjagt?«
Elße knickste und floh vor seiner nackten Gestalt
aus dem Zimmer. Erst im Treppenhaus lehnte sie sich von außen gegen
die Tür. Sie zitterte am ganzen Körper vor Furcht. Nirgends würde
sie hingehen können. Niemand mehr würde sie aufnehmen. Hier wusste
jeder, dass Frau Mechthild sich aller gefallenen Mädchen annahm, und
wenn eine von ihnen davonlief, würde niemand in einem Umkreis, den
sie in der Zeit vor der Niederkunft erreichen konnte, ihr Obdach
geben. Denn wer sich so bockig zeigte, eine solche Wohltat mit Undank
zu vergelten, der verdiente es nicht besser, als dass er wie eine
Katze die Jungen auf dem Misthaufen warf. Die Herrin machte das jeder
von ihnen in einer oft geübten Ansprache klar. Was auch immer hier
passierte, keines der Mädchen konnte fliehen, sie alle mussten
bleiben.
Schmerz zuckte durch Elßes Leib, als sie die
steile Treppe hinuntereilte. Nur kurz hielt sie inne, nein,
unmöglich, sie hatte noch drei Wochen. Sie hetzte weiter der Küche
zu. Eine warme Grütze stand neben dem Herd. Elße setzte sich
schweigend und aß den geschmacklosen Brei, bis die Köchin sie
wieder hinausschickte, um in den Ställen zu helfen.
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Noch einmal schritt Luzia an der gedeckten Tafel
entlang und prüfte, ob Magdalene etwas übersehen hatte. Natürlich
nicht. Der Schwägerin entging kein Fleck auf den kostbaren Gläsern,
keine Schliere auf dem Silber. Bienenwachslichter thronten über
Leinen vorzüglicher Güte, dezenter Duft ging von dem mit Astern
geschmückten Tafelaufsatz aus. Diese Blumen fand Magdalene
regelmäßig nach Ende des Sommers auf dem Markt bei einer Krämerin
aus dem Bayrischen, die eine kaum verständliche Mundart sprach, aber
besten Käse und so selten gefundene Blüten wie Edelweiß und jene
Astern in ihrem wunderschönen Violett anbot, das ausgezeichnet zur
Tönung der Gläser passte, die Lukas aus Prag mitgebracht hatte.
Nie im Leben hätte Luzia daran gedacht, solche
Gegenstände zu besitzen, sie zu gebrauchen und sogar herzuzeigen.
Allein schon die Tatsache, in einem so großartigen Haus zu wohnen –
eine Heimat zu haben … Luzia seufzte glücklich. Gott musste es
gefallen, wie sie ihr Leben geändert hatte, wenn er sie so sehr
dafür belohnte.
»Alles nach deinen Wünschen, Herrin?«, fragte
Trine und schob eine Gabel um Haaresbreite vom Teller weg.
»Perfekt«, lobte Luzia. »Hat Nesse noch Nelken
für das Schmalzfleisch bekommen?«
»Kurz nach Morgengrauen ritt ein Bote vom
Gewürzhändler mit seinen Beutelchen heran, Paradieskörner und
Nelken. Frisch über Holland aus Ambon, sagte er. Weiß der liebe
Herrgott, wo das liegt!«
»Lukas weiß es auch.« Luzia schmunzelte. Hatte
Trine nicht einmal voll Bewunderung von ihrem Herrn gesprochen, er
wisse alles? So ganz stimmte das nicht, aber selbst Luzia staunte,
wenn sie etwas entdeckte, was er nicht erklären konnte. So manches
Mal traute sie seinen Argumenten nicht und widersprach, doch anders
als der Pfarrer in der Kirche liebte er die
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