Die Huren des Apothekers
Kleid hoch, das Luzia für die Gesellschaft
tragen wollte. »Wenn ich noch Jungfer Magdalene ankleiden soll, muss
ich jetzt mit dir beginnen.«
Schicksalsergeben folgte Luzia ihr in Magdalenes
Räume, wo alle für die Schönheitspflege notwendigen Utensilien
aufbewahrt wurden. In einem Kohlebecken verbreiteten getrocknete
Kräuter beruhigende Dämpfe. Eine Weile musste Luzia beim Anblick
des Lockeneisens zwischen der Glut an die Instrumente des Inquisitors
denken. Nein, hier geschah alles nur zu ihrem Wohl. Hatte das der
Inquisitor nicht auch behauptet? Zumindest hatte Alheit sie noch nie
verbrannt, so infernalisch das Kräuseln der Locken auch oft roch.
Brav nahm Luzia auf dem Schemel mitten im Raum
Platz und ließ die Prozedur über sich ergehen. Wie immer begann
Alheit mit den Haaren, bürstete sie und steckte sie in Strähnen
hoch. Dann zog sie eine nach der anderen wieder heraus, feuchtete sie
an und bearbeitete sie mit dem heißen Eisen. Luzia kniff die Augen
zusammen und verschränkte die Hände im Schoß, um sich selbst davon
abzuhalten, schreiend zu fliehen. Hatte Lukas sie nicht auch ohne
kunstvolle Frisur geliebt?
»Können wir es nicht heute kürzer machen?«
Luzia stöhnte, als das heiße Eisen zu dicht an ihre Kopfhaut kam.
»Herrin, der liebe Gott hat dir gekräuselte
Haare gegeben, sie aber nicht in Form gebracht. Das muss jetzt ich
für dich richten. Beschwere dich beim Herrn im Himmel, nicht bei
mir.«
Für diese schnippische Antwort hätte Magdalene
jede andere Magd hinausgeworfen. Alheit durfte das. Sie hatte
schließlich schon bei einer Marquise in Burgund gedient. Warum sie
das nicht mehr tat und sich um eine Stellung bei einer Freifrau in
Marburg beworben hatte, verriet sie nicht. Nachlassende Schönheit
konnte nicht der Grund sein, denn so etwas hatte Alheit mit
Sicherheit nie besessen.
»Autsch!«, rief Luzia auf, als der Stab ihr Ohr
berührte.
Ohne Entschuldigung arbeitete die Zofe weiter.
All dies hätte Luzia viel leichter ertragen, wenn
Alheit sich nur ein wenig unterhaltsamer zeigen würde. Doch jeden
Ansatz zu einem gepflegten Gespräch beantwortete sie mit beißendem
Sarkasmus oder Schweigen. Rastlos knetete Luzia ihre Finger und
versuchte es doch noch einmal.
»Was hältst du von unserer Nachbarin, Alheit?«
»Pfft!«, kam es von der Zofe. »Wohltätigkeit
soll die natürliche Eigenschaft einer wohlhabenden Dame sein, sie
sollte sich nicht damit brüsten.«
»Vollkommenheit gibt der Herr niemandem. Selbst
seine Heiligen wiesen Makel auf. Wenn er ihr Wohltätigkeit gab,
vielleicht vergaß er die Bescheidenheit bei Frau Mechthild?«
»So wird es sein, Herrin. Und jetzt halt den Kopf
still, damit ich dir die Locken nicht verderbe.«
Luzia presste Lider und Lippen zusammen und
duldete still die Tortur.
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Ächzend hob Frank das Rad von dem Eichenstamm,
den die Henkersknechte zu diesem Zweck vor einem Jahr tief in die
Erde gesenkt hatten. Mit gebotener Sorgfalt kontrollierte er die
obere Fläche des Stamms auf Schädlingsbefall. Hier hatten die
groben Nägel das Rad festgehalten. Er wischte beiläufig einen
geborstenen Fingerknöchel herunter, der zwischen Splittern
feststeckte. Das Holz gab nicht nach, wies noch keine Wurmlöcher
auf, also würde er den Pfahl für den nächsten Delinquenten
stehenlassen können. Mithilfe einer Zange zog Frank stückweise die
Nägel heraus, wobei er mehrfach fast den Halt auf seiner Leiter
verlor. Jeden Nagel steckte er ein, um ihn später geradezuklopfen.
Zum Schluss wog das Eisen schwer in den Taschen seiner zweifarbigen
Jacke. Auch das Rad, von dem schon der Gehilfe Wendelin die faserigen
Reste bürstete, konnten sie noch einmal verwenden. Stirnrunzelnd
hielt Frank inne und überlegte. Nein, gerade saß niemand
eingetürmt, der diese Art der Hinrichtung verdiente. Allerdings
wusste man nie, wie die Richter entschieden. Bei Verbrechen, die
dieses Urteil rechtfertigten, beeilten sie sich oft erstaunlich,
sodass es unverhofft zu einem solchen Schauspiel kommen konnte.
Besonders, wenn keine Beute gefunden wurde oder der Übeltäter
mittellos war, galoppierte das hohe Gericht durch die Anklagepunkte,
dass den Zuhörern schwindelig wurde. Alle Beteiligten an der
Rechtsprechung hatten viel zu tun und ihre Zeit musste, wenn schon
nicht mit Gerechtigkeit, so doch mit üppiger Kost und gutem Wein
ausgefüllt werden, die der Angeklagte ihnen bezahlte. Je weniger
Vermögen einzustreichen war, desto kürzer der Prozess.
»Na, Großer, träumst
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