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Die Huren des Apothekers

Die Huren des Apothekers

Titel: Die Huren des Apothekers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Stöckler
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ewige Ruhe erwarten, an der
Seite von Lukas und Magdalene, begleitet von den Eltern der beiden,
die sie so gerne kennengelernt hätte, die ihre Kinder und die
Schwiegertochter im Himmel mit offenen Armen empfangen würden. Ihre
Gräber sollten behütet werden von dem Kind, das sie unter dem
Herzen trug, vielleicht noch von seinen Geschwistern. Ein Lächeln
stahl sich in Luzias Gesicht.
    Aber wer kümmerte sich um die armen Seelen, die
hinter Frau Mechthilds Anbau verscharrt lagen? Hatten sie in ihrer
Todesqual die Tröstung der letzten Ölung empfangen, waren die
Kindlein getauft worden? Oder ließ Mechthild die Ärmsten einfach
verrecken, ein Festmahl für die Würmer, und die Seelen in ewiger
Verzweiflung als Gespenster herumspukend?
    Luzia zog ihren Mantel enger um sich herum und
wischte den Regen von ihrer Stirn, als sie den Weg zurücklief und
sich am Vorbau des Eingangs unterstellte. Wenigstens stand sie hier
trocken. So düster das Wetter den Tag auch gestaltete, unter dem
Baldachin sah sie vorübergehend gar nichts, bis ihre Augen sich an
die Dunkelheit gewöhnt hatten. Und auch danach bot sich ihren Sinnen
kaum etwas. Die breite, aus wertvollem Holz gefertigte Doppeltür
glänzte wohlpoliert mit den schweren Messingbeschlägen um die
Wette, allerdings ein Guckfenster oder einen Anklopfer suchte sie
vergebens. Hilflos sah sie sich um, jedoch in dem immer stärker
rinnenden Regen entdeckte sie keinen Menschen, als ob sie ganz allein
auf der Welt sei. Um dieses Gefühl zu vertreiben, hielt sie sich
vor, nur einige wenige Schritte von ihrem freundlichen Zuhause
entfernt zu sein. Als ob es eine Bestätigung ihrer Gedanken sei,
verkündete die Turmuhr die halbe Stunde. Das beruhigte sie und sie
drehte sich herum, um gegen das Portal zu klopfen. Warm und angenehm
fühlte sich die Glätte des Holzes an, allerdings schluckte es den
Schall ihres Pochens, als ob es ihn aufsog. Luzia schlug kräftiger –
mit dem gleichen Ergebnis. Wenn sie hier draußen schon kaum etwas
hörte, dann würde dort drinnen mit Sicherheit niemand mitbekommen,
dass sie Einlass begehrte, genau wie das Mädchen behauptet hatte.
    Nach einem erneuten Umsehen griff Luzia nach der
Klinke und drückte sie herunter in der Hoffnung, so
hineinzugelangen. Doch wie befürchtet war abgeschlossen.
    Aus Gewohnheit bückte Luzia sich und besah genau
das Schloss, versuchte sogar, durch das Schlüsselloch zu sehen. Der
Schlüssel steckte von innen, also hatte Frau Mechthild sich mit
ihrem Gemahl eingeschlossen. Ein Grinsen zog über Luzias Gesicht,
als sie sich ausmalte, was wohl die Dame mit ihrem Gatten gerade
treiben mochte, doch gleich schalt sie sich albern. Solche Art von
Geheimnissen verbargen diese beiden sicherlich nicht. Keinerlei
Sympathie, geschweige denn Liebe sprach aus den Blicken der beiden,
wenn sie sich ansahen. Selbst Geschäftspartner achteten einander
mehr als dieses Ehepaar. In manchen Augenblicken vermeinte Luzia
sogar so etwas wie Hass in den Augen Mechthilds glitzern zu sehen,
wenn sie sich unbeobachtet wähnte.
    Was also trieben die beiden da drinnen? Die
Versuchung zog in Luzias Magengrube wie Heißhunger auf saure Gurken
und sie musste sich mit einer bewussten Anstrengung aufrichten, um
nicht den vorsichtshalber mitgenommenen Dietrich in das Schloss zu
stecken, mit dem ihre Finger schon unter der Schürze spielten. Nein,
sie sollte damit aufhören. Nicht auszudenken, wenn sie auf diese
Weise in Schwierigkeiten geraten sollte. Wie würde Lukas das seinen
Kollegen oder hochwohlgeborenen Auftraggebern erklären?
    Der Schlüssel rappelte im Schloss. Luzia wich
einen Schritt zurück, als die Tür sich nach innen öffnete.
Mechthild trat unter den Sturz und riss erschrocken die Augen auf,
als sie Luzia vor sich stehen sah. Theatralisch klatschte sie sich
die Hand auf den flachen Busen und schnaufte.
    »Frau Luzia! Barmherziger Gott, wie du mich
überraschst!«
    »Verzeihung, Nachbarin, das beabsichtigte ich
nicht. Die Pförtnerin richtete aus, dass du dich hier aufhältst,
weshalb ich nach dir suchen wollte.«
    Augenscheinlich erholte Mechthild sich von ihrem
Schock, denn sie trat heraus und schloss hinter ihrem Rücken die
Tür. Nach kurzem Zögern drehte sie sich um und steckte den
Schlüssel, den sie in der Hand hielt, ins Schloss und drehte ihn
sorgfältig, fasste nach der Klinke und kontrollierte, ob die Tür
auch wirklich verschlossen war. Nur einen Blick hatte Luzia auf das
Schließblech werfen können, aber der genügte ihr. Von

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