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Die Huren des Apothekers

Die Huren des Apothekers

Titel: Die Huren des Apothekers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Stöckler
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Kind
war. Heute mögen es Horden sein, die durch das Land streifen und
Kutschen und Karren anhalten, bis die Wertsachen herausgegeben
werden. Damals hörte man von einem einzelnen gemeinen Mörder, der
nur aus Lust am Töten Reisende überfiel.«
    Vor Elße entstand das Bild des Fremden, der in
der Nacht den Knecht Endres erschlagen hatte, wie grausam seine Augen
ausgesehen hatten. Sie schauderte. »Wie kann ein Mensch so etwas
einem anderen antun?«
    »Dreißig Jahre ist es her, da zog er herum und
wartete auf Schwangere, damit er sie aufschneiden konnte.«
    Ungläubig riss Elße die Augen auf. »Das kann
nicht wahr sein! Wer tut so etwas?«
    Aurelie, ein Mädchen aus Coelbe, gesellte sich zu
ihnen. »Von Peter Nirsch redest du, stimmt’s, Maria? Auch meine
Mutter erzählte von ihm. Ja, er schlitzte seine Opfer auf und fraß
das Kind aus ihrem Leib, solange die Mutter noch lebte und ihr Blut
auf den Boden spritzte.«
    »Nein, das will ich nicht hören«, rief Elße
und wandte sich ab. Heftig schwang sie die Hacke und stach auf die
Erde ein. Das bewahrte sie aber nicht davor, den Schauergeschichten
der beiden anderen zu lauschen.
    »Die Brüste schnitt er den Müttern ab und stach
ihnen die Augen aus. Dann ließ er sie so liegen, den Krähen und
Wölfen zum Fraß.«
    »Noch grausiger trieb es der Gniperdoliga, der
seine Lehrzeit beim Nirsch verbrachte. Tausend Menschen erschlug er,
die doppelte Anzahl seines Meisters. Er hielt sieben Jahre eine Frau
gefangen, damit sie ihm leckere Kinder gebar. Diesen Schmaus
verzehrte er, um durch Satans Hilfe unsichtbar zu werden.«
    »Hört auf!«, schrie Elße und hielt sich die
Ohren zu.
    Betroffen schauten die beiden sie an. Aurelie
drehte sich herum und jätete weiter Unkraut, Maria legte Elße die
Hand auf den Arm. »Entschuldige, wir wollten dich nicht ängstigen.
Sei nur unbekümmert, hier sind wir sicher. Beide Mörder wurden
gefasst und hingerichtet, beide mussten lange leiden, bis der Tod sie
ereilte. So wurden ihre Seelen geläutert und bestimmt findet sich
auch für sie ein Platz beim lieben Gott.«
    »Sicher«, murmelte Elße und wandte sich ab. Sie
suchte sich eine Ecke des Gartens, in der sie den anderen den Rücken
zukehren konnte. Zum Glück fanden sie ein anderes Gesprächsthema,
klatschten über Bekannte und die Stadtoberen. Beide hatten vor, ihre
Kinder in Klöstern Nonnen zu überlassen und dann ihr Leben
weiterzuführen wie vorher. Frau Mechthild vermittelte das, bot ihnen
sogar an, dass sie das Kind nicht einmal anschauen mussten, nachdem
es ihren Bauch verlassen hatte. Das würde Elße nie fertigbringen.
Das Kind regte sich in ihrem Leib und unendliche Zärtlichkeit
überkam sie. Sie ersehnte es, ihren Sohn oder ihre Tochter in die
Arme nehmen zu können, über die zarte Haut zu streicheln, zu sehen,
wie die winzigen Finger nach ihren griffen. Was würde sie nur tun
können, damit es ihrem Kind gut ging?
    ---
    Luzia ließ sich von Trine in den Mantel helfen
und wies die Köchin Nesse an, noch einen Löffel Walnussöl in den
Mehlbrei zu rühren, den sie für die Schützlinge Frau Mechthilds
bereitete.
    »Was willst du nur da drüben?«, fragte
Magdalene sie mit über der Brust gekreuzten Armen.
    »Schau nicht so missbilligend! Ich bin neugierig.
Und da der Apotheker so mit seinen Mumien geprahlt hat, wird er jetzt
nicht zurückstecken können, wenn ich ihn bitte, sie mir einmal zu
zeigen.«
    Energisch schüttelte Magdalene den Kopf. »Und
wenn du dich verguckst? Denke daran, dass eine Mumie grässlich
anzuschauen ist! Du wirst dem Tod ins Auge blicken. Das kann nicht
gut sein für das wachsende Leben in dir.«
    »Ja, Herrin«, stimmte Trine ihr zu. »So manches
Kind wurde schon mit Wolfsrachen und Hasenscharte geboren, weil die
Mütter sich zu sehr mit dem Viehzeug beschäftigt hatten.«
    Luzia lachte, auch wenn sie nicht ganz die
Bedenken der beiden zur Seite schieben konnte. »Und werden auch
Kinder mit Eutern oder Gänseschnäbeln geboren, weil sie von einer
Melkerin oder Gänsemagd kommen? Ich weiß von einem
Wolfsrachen-Kind, dessen Mutter nie in ihrem Leben einen Wolf zu
Gesicht bekam. Zwölf war ich, als in Köln eine Verbrecherbande
hingerichtet wurde, jeder von ihnen auf eine andere Art und mit
besonderer Grausamkeit. Da musste jeder Bürger der Stadt zuschauen
und es wurde keine Rücksicht auf Schwangere genommen. Nichts hörte
man, dass danach missgestaltete Kinder das Licht der Welt
erblickten.«
    »Aber …« sagten Magdalene und Trine wie

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