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Die Huren des Apothekers

Die Huren des Apothekers

Titel: Die Huren des Apothekers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Stöckler
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Beobachtung ist, vorzugsweise durch mein Teleskop, macht mir doch das Wetter dadurch nicht mehr so große Sorgen.«
    Weinzier setzte sich gerade, schob die Brille auf die Nasenspitze und machte ein empörtes Gesicht. »Aber Herr Kollege! Nichts geht über die direkte Beobachtung! Wie wollt Ihr rechtfertigen, eine so eminent wichtige Angelegenheit wie ein Horoskop von einer bloßen Berechnung abhängig zu machen?«
    Lukas zwinkerte zweimal mit den Augen und schüttelte dann ungläubig den Kopf. Das Büchlein rutschte aus seinen Händen auf die Tischdecke. »Herr Kollege …«
    Weiter kam er nicht, denn Weinzier fiel ihm ins Wort.
    »Stellt Euch vor, ein Heerführer vertraut für seine Truppenbewegungen auf den Stand der Planeten. Nehmt Ihr es auf Euer Gewissen, wenn er eine Schlacht verliert, all die armen Soldatenseelen in den Tod führt, Schande über seinen König bringt? Nein, nein, Herr Kollege, so arbeitet niemand. Verifiziert Eure Berechnungen durch den Augenschein, sonst unterscheidet Ihr Euch nicht viel von einem Scharlatan!«
    »Eine Berechnung ist doch viel …«
    Immer heftiger redete Weinzier sich in Rage, bis er aufsprang und sich weit über den Tisch lehnte, um Lukas mit dem ausgestreckten Zeigefinger zu drohen. »Ein Horoskop, nur auf Gutdünken liederlich aufs Papier geworfen, erfüllt den Straftatbestand! Kollege, wisst Ihr denn nicht, dass Königreiche von einer weisen Vorhersage abhängen? Pfui, welch ein Spitzbub! Komm, Hilde, wir gehen.«
    Obwohl der Mann vor Aufregung zitterte, kam seine Wut Luzia seltsam vor. Er führte sich auf, als ob er einen Streit herbeigesehnt habe und nun das erstbeste Thema dafür einsetzte.
    Weinzier zog seine Angetraute am Ellbogen hoch, wobei sie sich noch einen letzten Brocken Hirschkeule mit den Fingern in den Mund stopfte, und schob sie vor sich her Richtung Ausgang.
    Völlig perplex starrte Lukas ihnen hinterher. Trine, die gerade hereinkam, um die Mädchen beim Auftragen des Nachtischs zu dirigieren, hielt ihnen verblüfft die Tür auf und eilte dann hinaus, laut nach Ewalt rufend.
    Nachdem sie einen erstaunten Blick mit Magdalene gewechselt hatte, ging auch Luzia in die Eingangshalle. Der Theologe strebte noch immer mit seiner Frau im Schlepptau zur Tür, während Ewalt mit umgebundenem Mundtuch und dem kräftig mit Fleisch behängten Knochen der Hirschkeule in der Hand aus der Küche kam. Mit offenem Mund betrachtete er die Gesellschaft, bis er auf die Idee kam, dass seine Person gebraucht wurde. Der Knochen in seiner Hand schwenkte in seine Blickrichtung und wies schließlich zum Ausgang. Er folgte dem Rat des Knochens und rannte hinaus, während Trine die Herrschaften mit ihren Mänteln versorgte. Das Küchenmädchen Rosa stellte die Schüssel mit dem Nachtisch auf die Treppe und riss die Tür auf, bevor Ewalt mit seinen Fettfingern die Klinke beschmutzte.
    Nur wenige Minuten später hörte Luzia draußen die Kutschpferde über den Weg trappeln. Bei der Vorstellung, wie der neue Knecht sie mit einem abgefressenen Knochen lenkte, schüttelte sie unterdrücktes Gelächter.
    »Und was war das jetzt wieder?« Magdalene stand mit in die Hüften gestemmten Fäusten hinter Lukas.
    Schuldbewusst drehte ihr Bruder sich zu ihr herum und zog den Hals ein. »Bei der unendlichen Gnade des Erlösers, Magdalene, ich habe nicht die blasseste Ahnung. Wie kann ein Kollege sich so sehr darüber ereifern, wenn ich den Lauf der Gestirne berechne? Dabei geschieht ein Fehler doch viel einfacher, indem man die Winkel misst, als wenn man sie nach der Tabelle berechnet!«
    »Auch seine übermäßige Wertschätzung eines Horoskops erscheint mir seltsam«, pflichtete Luzia bei.
    Lukas ging nicht darauf ein, legte grübelnd den Finger ans Kinn und murmelte in sich hinein. Nach einer Weile hatte er genug innere Zwiesprache gehalten und erklärte es seiner Schwester. »Ein Windstoß auf dem Turm reißt mir das Papier aus der Hand und jede Notiz verwischt im Regen. So fällt es mir schwer, später bei der Erstellung des Horoskops meine Buchstaben und Zahlen zu entziffern. Das, Magdalene, sind die Fehlerquellen, das und die Dunkelheit, in der ich das Winkelmaß ablesen muss. Wie viel genauer geraten da die Berechnungen aus der Tabelle, die ich im Warmen bei guter Beleuchtung in meiner Studierstube konsultiere!«
    »Hast du ihm denn gesagt, dass die Tabelle von Kepler aufgestellt wurde?«
    »Schwester, ich selbst habe letzte Veränderungen daran vorgenommen, um sie den hiesigen

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