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Die Huren des Apothekers

Die Huren des Apothekers

Titel: Die Huren des Apothekers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Stöckler
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ohne Ansehen der Person zum Schrubben der Tische angestellt habe und sie nur selten schlug. Die Maid habe deutlich gemacht, bei jeder unschicklichen Annäherung gleich die Stadtwache und auch den Pfarrer zur Hilfe zu rufen, was sich der Wirt nicht antun wollte. Deshalb schickte er die Undankbare diese Nacht zum Schweinestall, damit sie die Abfälle der Schankgäste forttrug, wo dieses Mal die Henkersknechte auf sie warteten. Mit ihren Masken würde das Mädchen sie unmöglich wiedererkennen und Wendelin habe ihr auch den Mund zugehalten, damit ihre Schreie nicht zufällige Passanten herbeiriefen. Nachdem ein jeder von ihnen einen Teil der Jungfernschaft von ihr genommen habe, sei der Wirt mit einem gezückten Knüppel gekommen, um sie zu vertreiben. Vereinbarungsgemäß habe das Fass Dünnbier am Ufer der Lahn gestanden, worüber sich die Halunken sofort hergemacht hatten. Am meisten empörte sich Wendelin, dass die anderen ihm das meiste von seinem Anteil weggetrunken hatten.
    Mochte auch das Mädchen die Gäste vom Henkerstisch erkannt haben, so würde sie sich doch hüten, diese der Obrigkeit anzuzeigen. Wenn bekannt wurde, dass ein Ehrloser sie geschändet hatte, würde niemand ihr jemals wieder Brot und Obdach gewähren, sie müsste sich zu den Ausgestoßenen gesellen, höchstens noch für Heller ihren Körper verkaufen. Das würde der Wirt ihr schnell klarmachen und für sein Schweigen etliches Entgegenkommen erwarten.
    Frank als Außenstehender erfuhr von dieser Widerlichkeit nur deshalb, weil Wendelin in seiner Trunkenheit selbst das bisschen Selbstbeherrschung, über das er verfügte, verloren hatte. Undenkbar, dass der Scharfrichter nicht von derlei Machenschaften seiner Knechte wusste, also musste er damit einverstanden sein. Das wunderte Frank nicht, denn ein so grausamer Mensch machte vor keiner Schandtat Halt.
    Innerlich noch völlig aufgelöst lehnte Frank sich gegen den Galgenbaum und wartete, bis sein Herz langsamer schlug. Er konnte seine Empörung nicht niederringen und ballte die Fäuste. Solcherlei verdankte die Henkerszunft die miserable Behandlung durch die Bürger. Der Henker sollte Verbrechen an der Gemeinschaft und vor Gott rächen, nicht sie selbst begehen! Wer eine Jungfer schändete, gehörte bestraft, auch wenn das Opfer selten die Schuld seiner Peiniger nachweisen konnte. Oft genug drehte es der Angreifer so, dass sie Geld genommen habe, es sich also um Hurerei handelte, weshalb die Missbrauchte zu allem auch noch eine Anklage fürchten musste und nicht selten sogar an den Pranger gestellt wurde. Nur ein einwandfreier Leumund und ein betuchter Vater garantierten einen fairen Prozess.
    Allerdings hatte Frank auch schon eine Kastration durchgeführt bei einem, der in einem kleinen Schwarzwaldörtchen bei Jungfrauen und ihren Müttern als Geißel Gottes bekannt war. Erst als er sich an der durchreisenden Tochter eines Adligen vergriffen hatte, wurde ihm der Prozess gemacht. Obwohl mit der Verstümmelung die Strafe als abgeschlossen galt, hatten sich dennoch die Frauen des Ortes zusammengetan und ihn, sobald er wieder laufen konnte, mit Steinen aus dem Dorf getrieben.
    Frank war vom Gericht bezahlt worden, bis zur Genesung des Delinquenten zu warten. Zusätzlich zu den guten Talern des Gerichtes hatte er in seiner Trage eine Seite Speck, zwei Dutzend Eier, ein Fässchen mit zwei Pfund guter Butter und einen randvoll gefüllten Honigtopf gefunden, als er sich auf den Weg heim machte, und aus jedem Haus winkte ihm verstohlen eine schmale Hand hinterher.
    So oft besaß das niedere Volk einen höheren Sinn für Gerechtigkeit als die hochnäsige Obrigkeit. Wenn der Ankläger wohlhabend war und das Gericht gut bewirtete, wenn der Angeklagte viele Güter besaß, die im Falle einer Verurteilung unter den Vorsitzenden aufgeteilt wurden, dann befand man ihn mit hoher Wahrscheinlichkeit für schuldig. Um einen armen Teufel scherte sich die Gerechtigkeit nur, wenn es an der Zeit war, dem Volk ein aufsehenerregendes Schauspiel zu bieten und die Hinrichtung möglichst grausam zu vollziehen.
    Schluss mit der Schicksalshaderei! Frank hatte Besseres zu tun. Allein würde er die Welt nicht ändern. Wenn er etwas tun konnte, eine Ungerechtigkeit zu verhindern, zu beseitigen oder zu rächen, wollte er gerne seinen Beitrag leisten. Manchmal bestand seine gute Tat nur darin, einen unschuldig Verurteilten schnell sterben zu lassen. Doch auch Kleinigkeiten zählten vor dem Herrn. Wenn er schon zu den

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