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Die Huren des Apothekers

Die Huren des Apothekers

Titel: Die Huren des Apothekers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Stöckler
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Nein, was auch immer sich dort befand, würde ihr Furcht bereiten. Luzia pflegte ständigen Kontakt zu einer freundlichen Hebamme, wusste sogar den Leibarzt des Landgrafen rufbereit, da musste sie sich nicht mit den barbarischen Verhältnissen hier in Angst und Schrecken versetzen lassen.
    Sie lenkte sich besser mit der Frage ab, die sie hergetrieben hatte: Was stellte der Apotheker mit den Mumien an? Wenn seine Frau im Obergeschoss solche Dinge einfädelte, würde sein Handwerk wohl nicht weniger skandalös ausgeübt. Mit dem Unterschied, dass jeder einem Apotheker Geldgier unterstellte, während man in einer mildtätigen Bleibe nicht diese Art von Handel erwartete.
    Wieder auf der Treppe bekam Luzia erneut das Gefühl, gleich davongeblasen zu werden. Der Zug blieb gleichmäßig, auch als sie die Tür erreichte, die in die Kellerräume führte. Hier heulte und pfiff der Wind durch ein vergittertes Oberlicht. Warum dichtete man das nicht ab? An dieser Stelle würde es das Problem auf einfache Weise lösen.
    Diese Tür fand Luzia verschlossen, was allerdings ihrem Dietrich nicht mehr als eine Sekunde Arbeit gab. Die Vorsicht der Bewohner vor Entdeckung schien wahnhafte Züge anzunehmen, wenn innerhalb eines verschlossenen Gebäudes noch weitere Türen verriegelt wurden.
    Die Räumlichkeiten hier unten erinnerten Luzia stark an das Laboratorium, das Lukas sich in Amorbach eingerichtet hatte. In Marburg fand er zu alchimistischen Forschungen noch nicht die Muße, da der Landgraf ihn mit einer Vielzahl an Aufträgen für Horoskope eindeckte, er seine Reputation an der Universität erneut beweisen musste und auch ganz allgemein der Umzug seine Zeit forderte. Aber eines Tages würde er wieder mit Salzen, Säuren und Sublimaten forschen, ganz gewiss.
    Auch hier duftete es nach den diversen Substanzen, was Luzia in einer Apotheke auch so vermutete. Den Luftzug schlossen die abgedichteten Türen ab und eine Unmenge an Behältnissen zeugte von der umfangreichen Tätigkeit des Apothekers. Die Laboratorien waren miteinander verbunden, besaßen aber jeweils eine Tür auf den zugigen Flur. Hier schlich Luzia ganz besonders vorsichtig, da sie jederzeit auf Henslin Nungässer stoßen konnte. Doch abgesehen von einem sanft flackernden Holzkohlebecken gab es nicht einmal Beleuchtung. In einem der hinteren Räume wies sie der durchdringende Geruch auf eine mit Pferdemist mild erwärmte Reaktion hin, deren stechende Gase nur ungenügend in einer Retorte aufgefangen wurden. Solche Schlamperei hätte sie bei Lukas nie gefunden.
    In den hintersten Raum drang nicht einmal mehr ein Schimmer der Kohlen, sodass Luzia sich entschloss, das Geschenk ihres Paten zu benutzen. Wie genau es funktionierte, konnte sie nie herausfinden, aber es hatte ihr schon oft gute Dienste geleistet. Eine schmale Glasphiole, geschützt durch eine Messinghülse, aus der sie herausgezogen wurde, enthielt ein zähes Öl und einen weißlichen Kern. Luzia schüttelte das Fläschchen und ein grünlicher Schimmer entstand, der nur wenige Schritt weit die Dunkelheit vertrieb. Nein, keine Hexerei, auf gar keinen Fall, hatte ihr Pate erklärt, da es sich ganz ohne Beschwörungen und Gebete herstellen ließ. Also nur etwas, das die Wissenschaft sich noch nicht erklären konnte. Eines Tages, so dozierte Lukas immer wieder, würde die Wissenschaft jede Frage lösen und der Mensch sich mit ihrer Hilfe auf das konzentrieren, was Gott wirklich ausmachte.
    Langsam mit erhobenem Röhrchen drehte Luzia sich um ihre Achse. Auf fein gehobelten Tischen und daneben auf dem Boden stapelten sich Kisten, wie sie Henslin dem Fuhrmann mitgegeben hatte, Holzkisten, von innen mit dicht gewebtem Leinen ausgekleidet, die feines Pulver enthielten. Es duftete angenehm nach Weihrauch, Myrrhe und orientalischen Ölen, die Lukas von seinen Reisen mitgebracht hatte, aber auch trocken wie Salze und … Schinken? Seltsam.
    Luzia wandte sich dem Tisch in der Mitte des Raums zu. Eine Klaue griff nach ihr. Beinahe ließ Luzia das kostbare Röhrchen fallen, fasste sich erst nach einem quietschenden Schrei. Schmerzhaft biss sie sich in die Hand, um nicht laut zu werden. Nein, da griff nichts nach ihr, die Klaue lag auf dem Tisch. Eine dürre Hand, die Finger wie Krallen gekrümmt, ragte aus einer massiven Steinschüssel heraus. Beim unvorsichtigen Drehen hatte sich ihr Rock in den Fingern verhakt. Als der erste Schreck vergangen war, beugte Luzia sich näher herunter. Tatsächlich, es handelte sich um eine

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