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Die Huren des Apothekers

Die Huren des Apothekers

Titel: Die Huren des Apothekers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Stöckler
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zusammen.«
    »Aber jetzt geht es dir wieder gut, Herrin?«
    Sie nickte. »Nochmals Dank für deine Hilfe.«
    Elße knickste. Das war ja wohl das Mindeste, wie sie die Freundlichkeit der Dame vergelten konnte. Nur … »Frank! Er befindet sich dort drinnen!«
    Erschrocken fuhr Frau Luzia hoch. Betäubten etwa auch ihn jetzt die Ausdünstungen? Sie brauchte Elßes Hilfe, um mit ihr zum Anbau zu laufen. Den gesamten Weg überlegte Elße, wie sie den schweren Leib des Henkers die Treppen hinauftragen könne, wenn auch er zusammengebrochen wäre. Unweigerlich würde auch sie in den Dämpfen ohnmächtig werden!
    Eine unförmige Gestalt erschien unter dem Torbogen. Erst auf den zweiten Blick erkannte sie den Henker. Erleichterung überschwemmte ihr Herz. Über beide Schultern trug er schwere Lasten, die er neben sich niederließ, bevor er auf den Boden sank. Flüchtig prüfte Elße, dass die Frau des Gelehrten jetzt allein stehen konnte, dann eilte sie zu ihm. Auch Frank war bleich im Gesicht und atmete schwer, allerdings stemmte er sich schon aus eigner Kraft hoch, bis er saß. Vorsichtshalber unterstützte Elße ihn auch, allerdings kam ihr gleich der Gedanke, dass sie solch einen schweren Mann unmöglich halten konnte.
    Jetzt erst blickte sie auf das, was er mitgebracht hatte. Rechts und links neben ihm lagen die nackten, ausgeweideten Leiber von zwei Frauen. Die eine besaß Jonatas bronzenes Haar, der anderen hingen kupferrote Strähnen in die trüben Augen. Elße konnte das vorwurfsvolle Starren der Toten nicht ertragen, sie senkte den Blick auf den nackten Busen und die aufgerissene Leibeshöhle. Beim Betrachten der Armstümpfe schauerte sie zusammen. Das Fleisch sah grau und glasig aus, gar nicht wie das, was man bei einem Schlachter sah oder so wie eine frische Wunde. Schnell schaute sie zu Jonata, doch auch ihr bleiches Gesicht bot keinerlei Trost. Also stimmte es: Beide waren tot, ermordet, ihrer Kinder beraubt, geschändet und verstümmelt.
    Als ob bisher ein Glasfenster zwischen ihr und ihren Gefühlen gestanden hätte, das auf einmal zerbrach, überfiel sie plötzlich der Jammer mit der Vehemenz eines wilden Stiers. Elße schluchzte auf, konnte sich nicht mehr auf den Beinen halten und fiel schmerzhaft auf die Knie. Der Schrei eines todwunden Tieres löste sich aus ihrer Kehle, bevor sie die Hände vor den Mund riss, um sich selbst zum Schweigen zu bringen. Jonata war tot! Wie dicht war sie an ihrem Schicksal vorbeigehuscht, das ihr dasselbe bescheren wollte? Wäre sie die nächste gewesen? Ihre Schultern zuckten, sie sank zusammen und bettete ihre Stirn auf die Knie, bis sie kaum noch atmen konnte. Tröstend strichen Hände über ihre Schultern und richteten sie auf, nachdem ihr Schluchzen sie weniger krampfhaft überfiel.
    Der dunkle Rock der Nachbarin verhinderte, dass sie weiterhin die Leiche ihrer Freundin sehen musste. Ohne noch einmal hinzuschauen, richtete Elße sich auf und wandte sich ab. Noch immer liefen Tränen über ihre Wangen, schüttelte das Weinen ihre Schultern.
    »I hab die Kindle nit gefunde«, hörte sie die halb erstickte Stimme des Henkers. »Im Topf war Salbe gekocht. Ob … mein Sohn … Ich weiß es nicht.«
    Das Herz tat Elße weh, als sie seine zusammengesunkene Gestalt betrachtete. Wie musste er sich fühlen, die Geliebte so zu finden und zu wissen, dass sein eigen Fleisch und Blut zu Brei zerkocht und zerstampft in einem Topf köchelte? Gab es etwas, das ihn von der Raserei abhalten konnte? Voll Mitleid beugte sie sich über ihn, umarmte ihn und drückte ihn an sich. »Du armer Mann«, flüsterte sie.
    Frau Luzia war wieder völlig bei sich. Hochaufgerichtet schaute sie um sich, behielt den Anbau im Auge. »Wir müssen weg hier«, sagte sie. »Der Turmwächter hat einen Karren zum Gärtnern hinterlassen. Er steht in einem Unterstand beim Herrenhaus. Elße, hilfst du mir damit?«
    Noch einmal drückte sie den starken Mann an sich, dann stand Elße auf und lief hinter der Gelehrtenfrau her. Auf der Grundstücksgrenze fanden sie den Schuppen, in dem Schaufeln, Rechen, Körbe und Säcke gelagert wurden, daneben ein großer Handkarren für Heu und Mist. Sie hielt die Lattentür auf, während Luzia das Gefährt auf seinem einen Rad hinausbugsierte. Zu zweit fiel es ihnen dann leicht, zurück zum Anbau zu fahren. Noch immer hockte Frank zwischen den beiden Toten, aber er erhob sich mühselig, als er sie kommen sah. Er duldete nicht, dass sie ihm dabei halfen, die Frauenleichen auf die

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