Die Huren des Apothekers
konnte. Das zumindest redete er sich ein. Insgeheim hoffte er, dass der viehische Apotheker ihm dabei in die Quere kam. Sollte Gott entscheiden! Wenn der Herr seine Hand über dieses Ungeheuer hielt, würde er ihn fernhalten. Aber vielleicht gefiel es auch dem Allmächtigen, dass Frank zu seinem Werkzeug wurde, schickte den Unhold zwischen seine Pranken, damit er ihn zerquetschte!
Unwillkürlich ballten sich Franks Fäuste und ein grimmiges Lächeln entstand auf seinem Gesicht. Herrgott , betete er, lass mich deinem Willen gehorchen.
Vor ihm lichtete sich der Wald und er trat auf den Weg, der von der Heerstraße zum Haupthaus führte. Ein Stück weit folgte er, dann bog er auf den Pfad zum Anbau ab.
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Anscheinend hatte der Mann vor ihr völlig vergessen, dass Elße folgte, denn er sah sich nicht ein einziges Mal nach ihr um. Völlig in Gedanken versunken murmelte er vor sich hin, die Fäuste öffneten und schlossen sich, als wolle er etwas zerquetschen. Wenn es nur der Hals des Apothekers wäre, dachte Elße bei sich.
Die Gelehrtengattin hatte Wort gehalten: Als Frank die Klinke herunterdrückte, schwang die Tür zum Anbau lautlos auf. Elße zögerte, seinen forschen Schritten zu folgen, aber dann fasste sie sich ein Herz und trat hinterher in das Dunkel, das sie wie ein offener Rachen empfing. Ein dumpfer Geruch überfiel sie mit dem ersten Schritt über die Schwelle. Was konnte das sein? Entfernt ähnelte es dem Weihrauch im Gottesdienst, aber sie roch noch anderes darin. Der beißende Gestank eines Brandes fehlte, sie nahm eher teures Lampenöl wahr. Auch roch es nicht nach den üblichen Unschlittkerzen, weder wie die wertvollen Lichter aus den Stuben der Apothekerin noch wie die billigen vom Abdecker, die sich die Armen leisten konnten. Elße bemerkte ein Schwindeln im Kopf, wenn sie den Geruch tief einatmete, weshalb sie einen Schritt zurückwich und im Freien Luft holte. Was mochte das sein?
Mit dem Ärmel vor der Nase trat sie wieder ein. Den Henker konnte sie nicht mehr sehen, er war die Treppe hinunter verschwunden. Aber da lag etwas Dunkles auf den Stufen nach oben. Unbeachtet wollte sie keine Gefahr im Rücken des Mannes belassen, weshalb sie sich vorsichtig dem Weg in den ersten Stock näherte. Schon nach wenigen Schritten erkannte sie eine Gestalt, gleich danach die Nachbarin. Erschrocken beugte Elße sich über sie. Hatte der Apotheker sie erwischt und niedergeschlagen? Wurde auch sie gleich von den Knechten überfallen?
Niemand sonst kam heran, also legte sie die Hand auf den Hals der gnädigen Frau. Sanft pochte eine Ader unter Elßes Fingern, sie spürte Atemzüge die feinen Haare auf ihrem Arm bewegen. Frau Luzia lebte also noch! Elße packte ihre bewegungslose Gestalt unter den Achseln und schleifte sie heraus auf die Stufen vor dem Anbau.
Wolken verdunkelten den Himmel, viel konnte Elße nicht erkennen, doch die Dame wirkte totenbleich. Sanft tätschelte sie die Wangen, schlug sogar etwas fester zu, so hart, wie sie es bei einer so vornehmen Frau getraute, aber sie rührte sich nicht. Hilfesuchend blickte Elße sich um, doch wie erwartet sah sie niemanden.
»Frau Luzia, komm doch zu dir! Was ist dir nur geschehen?«
Ein leises Seufzen löste sich aus der Kehle der Nachbarin, die Finger zuckten. Elße richtete ihren Oberkörper auf und klopfte auf den Rücken, bis der Arm sich bewegte und sie schließlich die Augen aufschlug. Erleichtert atmete Elße auf.
»Geht es wieder? Was ist geschehen, Frau Luzia?«
Fahrig wischte sie sich über die Augen und wäre wieder gefallen, wenn Elße ihr nicht den Rücken gestützt hätte. »… die Hand …«, murmelte sie.
Mit vereinten Anstrengungen kam Frau Luzia wieder auf die Beine und Elße hielt sie aufrecht, bis sie den Brunnen erreicht hatten, auf dessen Rand sie beide niedersanken. Als sich bei beiden der Atem wieder erholt hatte, betätigte Elße die Pumpe und Frau Luzia wusch sich mit dem Wasser das Gesicht und die Hände, anschließend trank sie aus der hohlen Hand.
»Danke, Elße«, sagte sie schließlich. »Damit hatte ich nicht gerechnet.«
Elße fragte nach.
»Die Diebe shand. Die Main de la gloire. Ich nahm eine und zündete sie an, damit der Apotheker und der Knecht den Henker nicht daran hinde rn würden, in den Keller einzudringen. Allerdings nahm ich mir zu viel Zeit, die oberen Räume zu untersuchen. Als ich merkte, wie mir schummerig wurde, eilte ich zum Ausgang, jedoch zu langsam. Auf der Treppe brach ich
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