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Die Hurenkönigin und der Venusorden

Die Hurenkönigin und der Venusorden

Titel: Die Hurenkönigin und der Venusorden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Neeb
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Schönheit. »Sollten wir darauf nicht mal anstoßen?«, fragte er spontan, und lächelnd hielt ihm Irene ihren Becher hin.
    Ihm kam eine kühne Idee. »Ich weiß nicht, ob ich Euch das vorschlagen darf, denn ich bin heute gewiss nicht in bester Stimmung. Aber mir steht der Sinn nach frischer Luft, und unten steht mein Pferdeschlitten. Darf ich Euch vielleicht zu einem kleinen Ausflug in den Sachsenhäuser Forst einladen? Dort gibt es auch eine nette, kleine Gastwirtschaft, wo wir einkehren könnten …«
    Bernhard blickte Irene fragend an. »Das klingt verlockend«, stimmte sie nach einiger Überlegung zu. Sie nahm ihren pelzgefütterten Kapuzenumhang vom Kleiderhaken, den ihr der Gelehrte galant über die Schultern legte, ergriff den dargebotenen Arm und verließ gemeinsam mit Bernhard das Zimmer.

    Nachdem Bernhard überstürzt das Zimmer verlassen hatte, richtete sich Ursel verstört im Bett auf. Sie war noch ganz benommen. Alles war so schnell gegangen, und sie hatte Bernhard noch niemals so wütend erlebt. Seine Worte und der Ton, in dem er sie ausgestoßen hatte, lasteten schwer auf ihr. Aber sie hatte zugleich das deutliche Gefühl, dass auch sie zu weit gegangen war.
    Alma legte tröstend den Arm um sie. »Lass ihn ziehen«, flüsterte sie ihr zu. »Die wahre Liebe gibt es sowieso nur unter Frauen …«
    Brüsk entzog sich die Hurenkönigin der Umarmung. »Das mag ja sein«, erwiderte sie missmutig. »Aber dennoch ist meine wahre Liebe gerade durch diese Tür verschwunden. Und ich wäre eine Närrin, wenn ich ihn einfach so gehen ließe.«
    Schnell stand sie aus dem Bett auf. Obgleich sie heftiger Schwindel überkam und ihr schwarz vor Augen wurde – die Nachwirkung des schweren süßen Würzweins, den sie in der Nacht reichlich genossen hatte –, streifte sich Ursel mit bebenden Händen ihr Gewand über und stakste zur Tür.
    Alma hatte sich im Bett aufgerichtet und versuchte, die Freundin von ihrem Vorhaben abzubringen. »Ursel, bleib hier!«, befahl sie herrisch. »Eine stolze Frau wie du läuft einem Kerl nicht hinterher!«
    Die Hurenkönigin drehte sich jählings zu Alma um, ihre schwarzen Augen sprühten Funken. »Sag du mir nicht, was ich zu tun und zu lassen habe. Das entscheide ich immer noch selbst!«
    »Dann renn halt in dein Unglück, du Törin!«, schrie Alma ihr nach, als die Tür schon ins Schloss fiel.
    Als Ursel in den Schankraum stürzte und sich hektisch nach Bernhard umblickte, gewahrte sie zu ihrer Enttäuschung nur die alte Irmelin und eine Handvoll Huren, die sie betreten ansahen.
    »Der Bernhard ist gerade rausgegangen«, murmelte Irmelin zerknirscht.
    Ursel eilte zur Tür und wollte sie gerade aufreißen, da rief Irmelin ihr zu: »Das würde ich an Eurer Stelle nicht machen, Meistersen!«
    Etwas im Tonfall ihrer Stellvertreterin ließ Ursel innehalten. Sie musterte sie erstaunt. »Warum denn nicht?«
    Irmelin stieß vernehmlich die Luft aus und deutete zum Fenster. »Darum«, sagte sie mit düsterer Miene.
    Die Hurenkönigin spähte hinaus. Sie sah Bernhard, der gerade Irene in den Schlitten half. Dann ließ er sich an ihrer Seite nieder, ergriff die Zügel und trieb die Pferde an. Das Gefährt setzte sich in Bewegung und fuhr davon.
    Ursel war wie vom Donner gerührt. Sie barg ihr Gesicht in den Händen und brach in haltloses Schluchzen aus.
    Irmelin ging auf die Hurenkönigin zu und legte ihr den Arm um die Schultern.
    »So ein treuloser Kerl!«, stammelte Ursel.
    Am Boden zerstört kehrte Ursel in ihr Zimmer zurück. Sie wollte sich vor der Welt verkriechen – und am liebsten hätte sie ein ordentliches Quantum Theriak zu sich genommen, um den nagenden Schmerz über Bernhards Treulosigkeit zu betäuben.
    Ohne ein Wort kam sie ins Bett gekrochen. Sie drehte Alma den Rücken zu, zog sich die Decke über den Kopf und ließ ihren Tränen freien Lauf. Alma ließ sie zunächst gewähren. Erst als Ursels Schluchzen langsam abebbte, richtete sie das Wort an die Freundin: »Ich habe dich doch gewarnt. Es lohnt sich nicht, den Kerlen hinterherzulaufen.« Begütigend tätschelte sie Ursel den Rücken.
    Ursel fuhr auf und zischte wütend: »Lass mich bloß in Ruhe mit deiner Besserwisserei! Deine Tochter ist gerade dabei, mir den Mann auszuspannen – und ich hätte nicht übel Lust, euch beide vor die Tür zu setzen!«
    Alma musterte sie betroffen und erkundigte sich, was vorgefallen war. Nachdem Ursel ihr in drastischen Worten den Sachverhalt geschildert hatte, verzichtete sie auf

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