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Die Hurenkönigin und der Venusorden

Die Hurenkönigin und der Venusorden

Titel: Die Hurenkönigin und der Venusorden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Neeb
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die Köchin gerade in einem großen Topf das Badewasser erhitzte, und trank eine heiße Milch mit Honig. Gleich darauf gesellte sich der Frauenhausknecht zu ihr, der ebenfalls noch müde aussah.
    »Morgen, Meistersen«, grüßte er die Hurenkönigin mit belegter Stimme und ließ sich neben ihr auf einem Schemel nieder.
    »Morgen, Franz«, erwiderte Ursel und lächelte den Hausknecht wohlwollend an. »Auch schon so früh auf?«
    »Ich muss doch. Gleich kommen die Weinhändler und die anderen Lieferanten, um die Sachen für das Festmahl zu bringen«, sagte er mürrisch.
    Die Köchin reichte ihm einen Becher Milch. »Mit dem Essen hab ich ja heute nicht viel Arbeit«, bemerkte sie. »Alles wird schon fix und fertig von der Metzgerinnung angeliefert – Schinken, Würste, Hirschragout, gebratener Schwan und Fasan –, Herz, was begehrst du noch! Und dann noch Kuchen, Torten, Mandelpudding, kandierte Früchte, die von den Zuckerbäckern und Konditoren gebracht werden. Für die feinen Herren scheint es ja keine Fastenzeit zu geben!«
    »Für die gilt manches nicht, was für andere gilt«, erwiderte die Hurenkönigin mit trockenem Auflachen. »Aber wir wollen auch nicht zu ungnädig sein, denn immerhin hat der Kaiser ja die Fastenvorschriften während der Frühjahrsmesse gelockert. Und da kann man doch ruhig mal in ’ne Wurst beißen, nicht wahr?« Sie wandte sich an den Frauenhausknecht: »Franz, du hängst nachher einen Zettel an die Haustür, dass das Frauenhaus heute geschlossen hat, und sorgst dafür, dass die Tür heute zubleibt, damit uns keiner hereinplatzt. Denn ihr wisst ja: Wenn sich Standespersonen im Frauenhaus aufhalten, müssen die kleinen Gautzer draußen bleiben. So sind nun mal die Vorschriften.«
    »Oha, das wird Zoff geben«, mokierte sich Franz. »Die Kerle stehen doch regelrecht Schlange bei der jungen Ulmerin, weil sie alle bei ihr ran wollen. Die ist aber auch niedlich!« Der Hausknecht leckte sich lasziv die Lippen. »Könnte man fast selber schwach werden bei der …«
    »Lass die Finger von den Mädchen, Franz!«, ermahnte ihn die Hurenkönigin streng. »Denk an deinen Bruder. Wenn er es nicht so toll getrieben hätte, wär er heute noch bei uns!« Sie seufzte beim Gedanken an den früheren Hausknecht Josef Ott, den Bruder von Franz, der sich mit Syphilis infiziert hatte und deswegen das Frauenhaus verlassen musste. Nun arbeitete er als Holzknecht im Sachsenhäuser Forst. Er hatte ihr damals, als sie wegen der Aufklärung der Hurenmorde in großer Gefahr schwebte, das Leben gerettet, und sie war ihm immer noch freundschaftlich verbunden.
    »Guten Morgen«, tönte es plötzlich von der Tür her, und Irene trat in die Küche.
    »Wenn man vom Teufel spricht …«, entfuhr es Franz, und er errötete wie ein Chorknabe, als ihn Irene daraufhin anfunkelte.
    Ursel betrachtete die junge Ulmerin. Selbst in dem langen weißen Flanellnachthemd sah sie verführerisch aus, und die ungebändigte wilde Haarpracht ließ sie noch eine Spur verruchter erscheinen. Ihre seidigen Wangen glänzten rosig, und obgleich sie noch ungeschminkt war, war sie von fast überirdischer Schönheit.
    Schön wie die Göttin der Liebe, dachte die Hurenkönigin grimmig und warf einen Blick auf Irenes kokett geschürzte Rosenlippen. Und das weiß sie auch genau!
    Barsch erklärte sie: »Irene, ich muss mit dir reden« und bedeutete der jungen Hübscherin, ihr auf den Flur zu folgen.
    Sobald sie sich im Halbdunkel Auge in Auge gegenüberstanden, legte die Hurenkönigin los. »Hast du nicht schon genug Kerle im Bett, dass du jetzt auch noch meinen umgarnen musst?«, fauchte sie.
    Irene war ganz blass geworden. »Ich habe ihn nicht umgarnt!«
    »Ach was! Ich habe doch Augen im Kopf, oder für wie blöd hältst du mich?«
    Irene stieß mit bebender Stimme hervor: »Er war am Boden zerstört, als er aus Eurem Zimmer kam, und da habe ich mich ein wenig um ihn gekümmert.«
    »Das habe ich gesehen«, schnaubte die Hurenkönigin höhnisch.
    »Es war nicht so, wie Ihr denkt! Lasst mich Euch doch bitte erklären …«, sagte Irene eindringlich.
    Doch Ursel unterbrach sie wütend: »Deine Erklärungen kannst du dir sonst wo hinstecken! Dafür habe ich jetzt keine Zeit. Ich kann dir nur dringend raten: Lass in Zukunft die Finger von ihm!« Mit hocherhobenem Haupt rauschte sie davon.
    Ursel und die drei Hübscherinnen hatten gute anderthalb Stunden gebraucht, um sich gebührend herzurichten. Sie warfen gerade letzte Blicke in den Spiegel, als das

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