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Die Hyperion-Gesänge 01 - Hyperion

Die Hyperion-Gesänge 01 - Hyperion

Titel: Die Hyperion-Gesänge 01 - Hyperion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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empathisch, und es waren unsere Angst und Gier, die sie getötet haben – das und unsere unüberbrückbare Fremdheit. Aber auf Hebron verwandelte nicht das Aussterben der Aluit mein Herz in Stein, sondern mein Anteil daran, die Kolonisten selbst zum Untergang zu verurteilen.
    Auf der Alten Erde hatten sie ein Wort für das, was ich war – Kollaborateur. Hebron war zwar nicht meine Welt, aber die Siedler, die dorthin geflohen waren, hatten das aus Gründen getan, die ebenso eindeutig waren wie die meiner Vorfahren, die die Covenant of Life – die Abmachung des Lebens – auf der Insel Maui der Alten Erde unterzeichnet hatten. Aber ich wartete. Und wartend handelte ich, und schauspielerte.
    Sie vertrauten mir. Sie glaubten meinen verlockenden Offenbarungen, wie wunderbar es sein würde, wieder der Gemeinschaft der Menschen anzugehören ... dem Netz beizutreten. Sie bestanden darauf, daß nur eine Stadt für Fremde geöffnet werden dürfte. Ich lächelte und stimmte zu. Und jetzt leben sechzig Millionen Menschen in Neu Jerusalem, aber auf dem ganzen restlichen Kontinent nur zehn Millionen jüdische Eingeborene, die in fast jeder Hinsicht von der Netz-Stadt abhängig sind. Noch ein Jahrzehnt. Vielleicht weniger.
    Nachdem Hebron dem Netz geöffnet worden war, hatte ich einen kleineren Zusammenbruch. Ich entdeckte Alkohol und die gesegnete Antithese von Flashback und Verkabelung. Gresha blieb bei mir im Krankenhaus, bis ich wieder trocken war. Seltsamerweise war die Klinik auf der jüdischen Welt katholisch. Ich kann mich erinnern, wie nachts Talare auf den Gängen raschelten.
    Mein Zusammenbruch war sehr leise und sehr weit entfernt gewesen. Meine Karriere litt nicht darunter. Als Konsul führte ich meine Frau und meinen Sohn nach Bressia.
    Wie heikel unsere Rolle dort war! Wie byzantinisch die feine Linie, auf der wir gingen. Seit Jahrzehnten, Oberst Kassad, überfielen Einheiten des TechnoCore die Ousterschwärme, wohin sie auch flohen. Nun hatten die Kräfte, die im Senat das Sagen hatten, und der KI-Rat beschlossen, daß die Macht der Ousters im Outback auf die Probe gestellt werden mußte. Die Wahl fiel auf Bressia. Ich muß gestehen, die Bressianer waren schon Jahrzehnte vor meiner Ankunft unsere Surrogate. Ihre Gesellschaftsform war archaisch und auf entzückende Weise preußisch, säbelrasselnd militaristisch, arrogant in ihrer wirtschaftlichen Prätention und xenophobisch bis zu dem Punkt, daß sie sich freudig bereit erklärten, die ›Ouster-Bedrohung‹ mit ›Stumpf und Stiel‹ auszulöschen. Zuerst ein paar geliehene Schlachtschiffe, damit sie die Schwärme erreichen konnten. Plasmabomben. Aufschlagsonden mit gezüchteten Viren.
    Nur einer kleinen Fehlkalkulation zufolge war ich noch auf Bressia, als die Horden der Ousters eintrafen. Ein paar Monate Unterschied. An meiner Stelle hätte ein Team militärischer Berater dort sein sollen.
    Es spielte keine Rolle. Das Ziel der Hegemonie wurde erreicht. Entschlossenheit und Einsatzfreude von FORCE wurden hinreichend in einem Gebiet getestet, wo den Interessen der Hegemonie kein Schaden entstehen konnte. Gresha kam natürlich ums Leben. Bei der ersten Bombardierung. Und Alón, mein zehn Jahre alter Sohn. Er war bei mir gewesen ... hatte den Krieg selbst überlebt ... und starb erst, als ein Idiot von FORCE zu nahe bei den Flüchtlingsunterkünften in der Hauptstadt Buckminster eine Falle mit Sprengladung auslöste.
    Ich war nicht bei ihm, als er starb.
    Nach Bressia wurde ich befördert. Ich bekam die herausforderndste und heikelste Aufgabe, die jemals jemandem im Rang eines Konsuls übertragen wurde: Diplomatisches Oberhaupt bei direkten Verhandlungen mit den Ousters selbst.
    Zuerst wurde ich nach Tau Ceti Center gecastet, wo ich lange Unterredungen mit Senatorin Gladstones Komitee und einigen der KI-Ratgeber selbst führte. Ich lernte Gladstone persönlich kennen. Der Plan war äußerst kompliziert. Es lief darauf hinaus, daß die Ousters zu einem Angriff provoziert werden sollten, und der Schlüssel dieser Provokation war die Welt Hyperion.
    Die Ousters beobachteten Hyperion schon vor der Schlacht um Bressia. Unsere Geheimdienstmeldungen ergaben, daß sie besessen vom Shrike und den Zeitgräbern waren. Der Angriff auf das Lazarettschiff der Hegemonie, auf dem sich Oberst Kassad befand, war, unter anderem, ein Fehler gewesen; ihr Schiffskapitän war in Panik geraten, als das Lazarettschiff irrtümlich als militärisches Spin-Schiff identifiziert worden war.

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