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Die Hyperion-Gesänge 02 - Der Sturz von Hyperion

Die Hyperion-Gesänge 02 - Der Sturz von Hyperion

Titel: Die Hyperion-Gesänge 02 - Der Sturz von Hyperion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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mit der Kirche der Letzten Buße gemeinsame Sache gemacht ... mit dem Shrike-Kult.«
    Sol nickte, schob sein Komlog über Masteens Handgelenk und justierte den Monitor.
    »Der Baum der Schmerzen muß der sagenhafte Dornenbaum des Shrike sein«, überlegte Duré und sah zum freien Himmel, wohin Masteens Blick gewandert war. »Aber was meint er damit, daß er und der Erg auserkoren waren, ihn durch Raum und Zeit zu steuern? Glaubt er wirklich, daß er den Baum des Shrike steuern kann wie die Tempelritter ihre Baumschiffe? Warum?«
    »Das müssen Sie ihn im nächsten Leben fragen«, sagte Sol niedergeschlagen. »Er ist tot.«
    Duré überprüfte die Monitore und fügte noch Lenar Hoyts Komlog der Anordnung hinzu. Sie versuchten es mit Wiederbelebungsstimuli des Medpack, CPR und Mund-zu-Mund-Beatmung. Die Anzeigen der Monitore regten sich nicht. Het Masteen, Wahre Stimme des Baums der Tempelritter und Pilger zum Shrike, war wirklich und wahrhaftig tot.
    Sie warteten eine Stunde lang und rechneten in diesem perversen Tal des Shrike mit allem, aber als die Monitore zunehmende Verwesung des Leichnams anzeigten, begruben sie Masteen in einem flachen Grab fünfzig Meter entfernt neben dem Pfad zum Eingang des Tals. Kassad hatte einen Klappspaten hinterlassen – der im Sprachgebrauch von FORCE mit der Aufschrift ›Grabwerkzeug‹ versehen war –, die Männer gruben abwechselnd, während der andere auf Rachel und Brawne Lamia aufpaßte.
    Die beiden Männer, einer mit einem Kind auf den Armen, standen im Schatten eines Felsblocks, während Duré ein paar Worte sprach, bevor Erde auf das behelfsmäßige Leichentuch aus Fiberplastik geschüttet wurde.
    »Ich habe M. Masteen eigentlich nicht gekannt«, sagte der Priester. »Wir gehörten nicht demselben Glauben an. Aber wir hatten denselben Beruf; Stimme des Baums Masteen verrichtete den größten Teil seines Lebens etwas, das er als Gottes Werk betrachtete, suchte Gottes Willen in den Schriften des Muir und der Schönheit der Natur. Er besaß wahren Glauben – der von Problemen auf die Probe gestellt, durch Gehorsam gestärkt und am Ende durch ein Opfer besiegelt wurde.«
    Duré verstummte und sah blinzelnd zum Himmel, der grau wie ein Flintenlauf geworden war. »Bitte nimm Deinen Diener auf, o Herr. Heiße ihn in Deinen Armen willkommen, wie Du dereinst uns willkommen heißen wirst, Deine anderen Suchenden, die vom rechten Weg abgekommen sind. Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, Amen.«
    Rachel fing an zu weinen. Sol ging mit ihr auf und ab, während Duré Erde auf das menschenförmige Bündel in Fiberplastik schaufelte.
    Sie kehrten zur Veranda der Sphinx zurück und rückten Brawne behutsam in das letzte verbliebene Restchen Schatten. Vor der Nachmittagssonne konnten sie sie nicht schützen, es sei denn, sie hätten sie in das Grab selbst hineingetragen, und das wollten beide Männer nicht.
    »Der Konsul muß mittlerweile die halbe Strecke zum Schiff hinter sich haben«, sagte der Priester, nachdem er einen großen Schluck Wasser getrunken hatte. Der Mann hatte einen Sonnenbrand auf der schweißbedeckten Stirn.
    »Ja«, sagte Sol.
    »Morgen um diese Zeit müßte er wieder hier sein. Wir befreien Brawne mit Laserschneidern und bringen sie in die Krankenstation des Schiffs. Vielleicht können wir Rachels Rückwärtsaltern in kryonischem Kälteschlaf aufhalten, was die Ärzte auch immer sagen mögen.«
    »Ja.«
    Duré ließ die Wasserflasche sinken und sah Sol an. »Glauben Sie, daß es so kommen wird?«
    Sol erwiderte den Blick. »Nein.«
     
    Schatten erstreckten sich von den südwestlichen Felswänden. Die Hitze des Tages war zu etwas Festem geronnen, dann hatte sie ein wenig nachgelassen. Im Süden zogen sich Wolken zusammen.
    Rachel schlief im Schatten neben der Tür. Sol ging zu Paul Duré, der etwas abseits stand und durch das Tal sah, und legte dem Priester eine Hand auf die Schulter. »Worüber denken Sie nach, mein Freund?«
    Duré drehte sich nicht um. »Ich denke, wenn ich nicht zutiefst überzeugt wäre, daß Selbstmord eine Todsünde ist, würde ich meinem Leben ein Ende machen und dem jungen Hoyt damit eine Chance geben.« Er sah Sol mit der Andeutung eines Lächelns an. »Aber ist es Selbstmord, wenn dieser Parasit auf meiner Brust – auf seiner Brust – mich eines Tages strampelnd und schreiend zu meiner eigenen Wiederauferstehung schleppen würde?«
    »Wäre es eine gute Gabe für Hoyt«, fragte Sol leise, »ihn in diese Situation

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