Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Hyperion-Gesänge 02 - Der Sturz von Hyperion

Die Hyperion-Gesänge 02 - Der Sturz von Hyperion

Titel: Die Hyperion-Gesänge 02 - Der Sturz von Hyperion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
Vom Netzwerk:
Grautöne auf, geheimnisvolles Zwielicht mitten am Tag. Auf kleinen Steinstufen prangten Lichter und Waren. Mir fiel auf, daß die Straßen nicht so bevölkert waren wie sonst; Leute standen in Geschäften oder saßen auf Steintreppen oder Bänken, hielten den Kopf gesenkt und hörten mit geistesabwesenden Blicken zu.
    »... Sie fragen: Was ist unser Ziel? Ich antworte mit einem Wort: Sieg. Es ist der Sieg, Sieg um jeden Preis, Sieg trotz Terror, Sieg, so lang und hart der Weg auch sein mag; denn ohne Sieg gibt es kein Überleben ...«
    Die Schlangen am Hauptterminex von Edgartown waren kurz. Ich codierte Mare Infinitus und trat durch.
    Der Himmel war wie gewohnt wolkenlos grün, das Meer unter der schwebenden Stadt dunkler grün. Kelpfarmen schwebten am Horizont. So weit vom Concourse entfernt war die Menge noch dünner; die Gehwege waren fast verlassen, einige Geschäfte hatten geschlossen. Eine Gruppe Männer stand in der Nähe eines Schlafbootdocks und lauschte einem antiken Fatlineempfänger. In der Meeresluft klang Gladstones Stimme tonlos und metallisch.
    »... in diesem Augenblick beziehen Einheiten von FORCE ohne Unterlaß Stellung; ihre Entschlossenheit ist groß, und sie vertrauen darauf, daß sie nicht nur die bedrohten Welten, sondern die gesamte Hegemonie der Menschheit vor der übelsten und vernichtendsten Tyrannei retten können, die jemals die Annalen der Menschheit befleckt hat ...«
    Mare Infinitus blieben noch achtzehn Stunden bis zur Invasion. Ich sah zum Himmel auf und rechnete fast damit, ich könnte eine Spur des feindlichen Schwarms sehen, einen Hinweis auf Orbitalverteidigung, Truppenbewegungen im All. Aber da waren nur der Himmel, der schöne Tag und die Stadt, die sich sanft auf den Wellen wiegte.
    Heaven's Gate war die erste Welt auf der Invasionsliste. Ich trat durch das VIP-Portal in Mudflat und sah von den Rifkin Heights auf die wunderschöne Stadt hinab, die ihren Namen Lügen strafte. Es war mitten in der Nacht, schon so spät, daß die mechanischen Straßenreiniger, deren Bürsten und Besen auf dem Kopfsteinpflaster summten, unterwegs waren, aber hier war Bewegung auszumachen, lange Schlangen am öffentlichen Terminex von Rilkin Heights und noch längere Schlangen darunter vor den Portalen der Promenade. Die hiesige Polizei war allgegenwärtig, hochgewachsene Gestalten in braunen Schutzoveralls, aber falls schon Soldaten von FORCE zur Verstärkung herbeigeeilt waren, so waren diese nicht zu sehen.
    Bei den Leuten in der Schlange handelte es sich nicht um Einheimische – die Landbesitzer von Rilkin Heights und der Promenade besaßen mit Sicherheit Privatportale –, es waren mit ziemlicher Sicherheit Arbeiter von Urbarmachungsprojekten viele Klicks jenseits von Farnwäldern und Parks. Keine Panik und kaum Unterhaltungen. Die Schlangen rückten mit der stoischen Geduld von Familien weiter, die sich einer Attraktion im Freizeitpark nähern. Wenige hatten mehr als eine Reisetasche oder einen Rucksack bei sich.
    Haben wir einen solchen Gleichmut erlangt, fragte ich mich, daß wir uns selbst angesichts einer Invasion mit Würde verhalten können?
    Heaven's Gate blieben noch dreizehn Stunden bis zur Stunde Null. Ich stellte mein Komlog auf das All-Wesen ein.
    »...wenn wir dieser Bedrohung begegnen können, dann bewahren Welten, die wir lieben, vielleicht ihre Freiheit und das Leben im Netz kann einer sonnigen Zukunft entgegensehen. Aber wenn wir scheitern, werden das Netz, die Hegemonie, und alles, was wir achten und schätzen, in den Abgrund eines neuen Dunklen Zeitalters versinken, das viel finsterer wirken wird, da das Licht der Wissenschaft pervertiert und die Freiheit genommen werden wird.
    Wappnen wir uns darum für unsere Pflichten, und handeln wir, auf daß die Menschheit, sollte die Hegemonie der Menschen und das Protektorat zehntausend Jahre währen, immer noch sagen kann: ›Dies war ihre größte Stunde.‹«
    Irgendwo in der stillen, frisch riechenden Stadt unten begannen Schießereien. Zuerst das Rattern von Projektilwaffen, dann das tiefe Dröhnen von Anti-Aufstand-Schockern, dann Schreie und das Zischen von Laserwaffen. Die Menge auf der Promenade wogte vorwärts zum Terminex, aber Polizisten tauchten aus dem Park auf, schalteten starke Halogenscheinwerfer ein, die die Menge in taghelles Licht tauchten, und befahlen durch Megaphone, Ruhe zu bewahren oder weiterzugehen. Die Menge zögerte, wogte hin und her wie eine Quelle in tückischer Strömung und stürzte dann –

Weitere Kostenlose Bücher