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Die Hyperion-Gesänge 02 - Der Sturz von Hyperion

Die Hyperion-Gesänge 02 - Der Sturz von Hyperion

Titel: Die Hyperion-Gesänge 02 - Der Sturz von Hyperion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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einen Meter abgesunken. Silenus schreit mit den anderen, als der Ast erbebt und der pfählende Dorn in seinem Innern reißt und das Fleisch erneut peinigt.
    Silenus schlägt die Augen auf und sieht, daß der Himmel echt ist, daß die Wüste echt ist, daß die Zeitgräber leuchten, der Wind weht und die Zeit wieder eingesetzt hat. Die Qual läßt nicht nach, aber die Klarheit hat sich wieder eingestellt.
    Martin Silenus lacht unter Tränen. »Sieh mal, Mom!« ruft er kichernd, während der Speer aus Stahl einen Meter aus seiner Brust herausragt. »Ich kann von hier oben die ganze Stadt überblicken!«
     
    »M. Severn? Alles in Ordnung?«
    Keuchend und auf Händen und Knien drehte ich mich zu der Stimme um. Es war schmerzhaft, die Augen zu öffnen, aber kein Schmerz war mit dem vergleichbar, den ich gerade erlebt hatte.
    »Alles in Ordnung, Sir?«
    Niemand war in dem Garten in meiner Nähe. Die Stimme kam aus einer Mikrofernsonde, die einen Meter von meinem Gesicht entfernt summte – wahrscheinlich eine der Wachen irgendwo im Regierungsgebäude.
    »Ja«, brachte ich heraus, stand auf und klopfte Schmutz von den Knien. »Mir geht es gut. Plötzliche Schmerzen.«
    »Medizinische Hilfe kann in zwei Minuten dort sein, Sir. Ihr Biomonitor zeigt keine organischen Störungen, aber wir können ...«
    »Nein, nein«, sagte ich. »Mir geht es gut. Lassen Sie. Und lassen Sie mich in Ruhe.«
    Die Sonde flatterte wie ein nervöser Kolibri. »Ja, Sir. Rufen Sie nur, wenn Sie etwas brauchen. Garten- und Bodenmonitore werden reagieren.«
    »Hauen Sie ab!« sagte ich.
    Ich verließ den Garten, ging durch den Hauptflur des Regierungsgebäudes – wo es inzwischen vor Kontrollpunkten und Wachen geradezu wimmelte – und in die landschaftsgärtnerisch gestalteten Hektar des Deer Park.
    Das Dockareal war ruhig, der Fluß Tethys stiller, als ich ihn je gesehen hatte. »Was ist los?« fragte ich einen der Wachmänner am Pier.
    Der Wachmann überprüfte mein Komlog, bestätigte meinen Befugnischip und die Vollmachten der Präsidentin, beeilte sich aber dennoch nicht mit seiner Antwort. »Die Portale für TC 2 sind geschlossen worden«, rief er. »Eine Umgehung.«
    »Umgehung? Sie meinen, der Fluß fließt nicht mehr durch Tau Ceti Center?«
    »Richtig.« Er klappte das Visier herunter, als ein kleines Boot näher kam, und klappte es wieder hoch, als er die beiden Wachen darin erkannte.
    »Kann ich dort raus?« Ich deutete flußaufwärts, wo die hohen Portale einen milchigen grauen Vorhang erkennen ließen.
    Der Wachmann zuckte die Achseln. »Klar. Aber Sie dürfen dort nicht mehr rein.«
    »Macht nichts. Kann ich das kleine Boot nehmen?«
    Der Wachmann flüsterte etwas in sein Mikro und nickte. »Nur zu!«
    Ich stieg zaghaft in das kleine Boot, setzte mich auf die hintere Bank und hielt mich an der Ruderpinne fest, bis das Schaukeln nachgelassen hatte, berührte den Energiediskey und sagte: »Start.«
    Die elektrischen Schubdüsen summten, das kleine Transportmittel legte ab und drehte den Bug in den Fluß, und ich deutete stromaufwärts.
    Ich hatte noch nie gehört, daß ein Teil des Flusses Tethys abgeriegelt worden wäre, aber der Farcastervorhang war jetzt definitiv nur für eine Richtung durchlässig, eine semipermeable Membran. Das Boot summte durch, ich schüttelte das kribbelnde Gefühl ab und sah mich um.
    Ich befand mich in einer der großen Kanalstädte – Ardmen oder Pamolo – auf Renaissance Vector. Hier war der Tethys eine Hauptstraße, von der viele Nebenflüsse abzweigten. Normalerweise hätte der einzige Verkehr hier aus den Touristengondeln auf den Außenspuren und den Yachten und Überallhins der sehr Reichen auf den mittleren Durchfahrtsbahnen bestehen dürfen. Jetzt ging es hier zu wie in einem Tollhaus.
    Boote jeder Größe und Form verstopften die Mittelkanäle, Boote fuhren in beide Richtungen. Hausboote waren vollgestopft bis unter den Rand mit Habseligkeiten, kleinere Barken so schwer beladen, daß es aussah, als würde die kleinste Welle sie zum Kentern bringen. Hunderte verwegener Schrottkähne von Tsingtao-Hsishuang Parma und Millionen Mark teure Flußkondobarken von Fuji kämpften um ihren Anteil vom Fluß; ich vermutete, daß die wenigsten dieser Wohnboote je schon einmal die Anlegestellen verlassen gehabt hatten. Zwischen diesem Durcheinander von Holz und Piastahl und Perspex sausten Überallhins, deren Sperrfelder auf Vollreflektion geschaltet waren, wie silberne Eier dahin.
    Ich befragte die Datensphäre:

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