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Die Hyperion-Gesänge 02 - Der Sturz von Hyperion

Die Hyperion-Gesänge 02 - Der Sturz von Hyperion

Titel: Die Hyperion-Gesänge 02 - Der Sturz von Hyperion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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hatte?
    Nein, ich hatte keinen Termin, wollte den Monsignore aber sprechen. Es sei dringend.
    In welcher Angelegenheit? fragte der Mann hinter dem Schreibtisch höflich, aber bestimmt. Meine Befugniskarte hatte ihn nicht beeindruckt. Ich vermutete, daß ich mich mit einem Bischof unterhielt.
    In der Angelegenheit Pater Paul Duré und Pater Lenar Hoyt, sagte ich ihm.
    Der Mann nickte, flüsterte in ein Kehlkopfmikrofon, das so winzig war, daß ich es gar nicht an seinem Kragen bemerkt hatte, und führte mich in den Wohnbereich.
    Verglichen mit dieser Unterkunft wirkte der alte Turm, wo M. Tynar lebte, wie ein prunkvoller Palast. Der Korridor war absolut schmucklos, abgesehen von rauhem Verputz und noch rauheren Holztüren. Eine Tür stand offen, und als wir vorbeigingen, sah ich in einen Raum, der mehr Gefängniszelle als Schlafgemach war: niedere Pritsche, grobe Decke, Kniehocker aus Holz, eine schmucklose Kommode mit einem Wasserkrug und einer Schüssel; keine Fenster, keine Medienwände, keine Holonische, kein Datenzugangsdeck. Ich vermutete, daß die Kammer nicht einmal interaktiv war.
    Irgendwo hallten Stimmen in einem so eindrucksvoll atavistischen Gesang, daß meine Nackenhärchen kribbelten. Gregorianisch. Wir kamen durch einen großen Speisesaal, der so schlicht war wie die Zellen, durch eine Küche, die Köchen zur Zeit von John Keats heimisch gewesen wäre, eine ausgetretene Treppe hinab, durch einen schlecht beleuchteten Flur und eine zweite, schmalere Treppe wieder hinauf. Der andere Mann verabschiedete sich, und ich betrat einen der schönsten Räume, den ich je gesehen hatte.
    Obwohl ein Teil von mir wußte, daß die Kirche die Basilika des Petersdoms versetzt und neu aufgebaut hatte – bis hin zu den Gebeinen, die man für die von St. Peter selbst hielt, die unter dem neuen Altar zur letzten Ruhe gebettet worden waren –, kam es einem anderen Teil von mir so vor, als wäre ich in das Rom zurückversetzt, das ich Mitte November 1820 zum erstenmal gesehen hatte: das Rom, das ich gesehen, wo ich mich aufgehalten, wo ich gelitten hatte und gestorben war.
    Dieser Raum war eleganter und schöner, als es jeder meilenhohe Büroturm auf Tau Ceti Center jemals sein konnte; die Basilika von St. Peter erstreckte sich mehr als hundertachtzig Meter in die Schatten, war hundertdreißig Meter breit, wo das ›Kreuz‹ der Seitenflügel sich mit dem Kirchenschiff vereinte, und wurde von der perfekten Kuppel des Michelangelo gekrönt, die sich fast hundertzwanzig Meter über den Altar erhob. Berninis Bronzebaldachin, das reich verzierte Dach, welches von gewundenen byzantinischen Säulen getragen wurde, bedeckte den Hauptaltar und verlieh dem riesigen Raum die menschliche Dimension, die für die Perspektive der intimen Feierlichkeiten notwendig war, die auch hier abgehalten wurden. Weiches Lampen- und Kerzenlicht erhellte abgeschiedene Teile der Basilika, glänzte auf glattem Marmor, hob Goldmosaiken als kühne Reliefs hervor und betonte den unendlichen Detailreichtum von Gemälden und Bildhauereien und Schnitzereien an Wänden, Säulen, Erkern und der großen Kuppel selbst. Hoch droben sah man das anhaltende Zucken der Blitze des Gewitters verschwommen durch gelbe Buntglasfenster, von wo es Berninis ›Thron von St. Peter‹ in grelles, brutales Licht tauchte.
    Ich verweilte hier, dicht hinter der Altarnische, weil ich fürchtete, meine Schritte könnten in dieser heiligen Halle ein Sakrileg sein, und selbst mein Atem würde Echos in der Basilika hervorrufen. Nach einem Augenblick hatten sich meine Augen an das trübe Licht gewöhnt, kompensierten die Kontraste zwischen Blitzschlag oben und Kerzenlicht hier unten, und dann erst stellte ich fest, daß keine Bänke die Altarnische oder das lange Kirchenschiff füllten, hier unter der Kuppel keine Säulen aufragten, und lediglich zwei Stühle vor dem fünfzig Schritte entfernten Altar standen. Zwei Männer saßen auf diesen Stühlen dicht nebeneinander, unterhielten sich und hatten sich einander dabei eifrig zugeneigt. Lampenlicht und Kerzenlicht und das Leuchten eines großen Mosaik Christi vor dem dunklen Altar erhellten die Gesichter der Männer teilweise. Beide waren älter. Beide waren Priester, die weißen Streifen ihrer Kragen leuchteten im Halbdunkel. Ich stellte fest, daß einer Monsignore Edouard war.
    Der andere war Pater Paul Duré.
    Im ersten Moment mußten sie erschrocken sein – sie blickten von ihrer geflüsterten Unterhaltung auf und sahen diese

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