Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Hyperion-Gesänge 02 - Der Sturz von Hyperion

Die Hyperion-Gesänge 02 - Der Sturz von Hyperion

Titel: Die Hyperion-Gesänge 02 - Der Sturz von Hyperion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
Vom Netzwerk:
Unfallnetzschnallen auf der Brust des Konsuls einrasten. »Tut mir leid, daß ich dich zusammen mit den beiden anderen schocken mußte.« Theo lehnt sich zurück, läßt sein eigenes Netz einrasten und betätigt die Omnikontrolle. Der Konsul spürt, wie der Gleiter erbebt, abhebt und eine Sekunde lang schwebt, ehe er wie auf Kugellagern ohne Reibung nach links kippt.
    »Ich hatte keine andere Wahl«, sagt Theo über die leisen internen Geräusche des Gleiters hinweg. »Diese Dinger hier dürfen als einziges Aufruhrschocker tragen, daher war es am einfachsten, euch alle drei zu schocken und dich so schnell wie möglich rauszuholen.« Theo schiebt die archaische Brille mit einem sattsam bekannten Fingerschnalzen die Nase hinauf, dreht sich um und grinst den Konsul an. »Altes Söldnersprichwort: Töte alle und laß Gott sie aussortieren.«
    Der Konsul schafft es, sich soviel zu bewegen, daß er einen Laut von sich geben und ein wenig auf seine Wange und das Leder des Sitzes sabbern kann.
    »Bleib noch für einen Moment ruhig«, sagt Theo, der seine Aufmerksamkeit den Instrumenten und der Szenerie draußen zuwendet. »Zwei oder drei Minuten, und du solltest wieder sprechen können. Ich bleibe unten und fliege langsam, darum dürften wir etwa zehn Minuten bis nach Keats brauchen.« Theo blickt seinen Passagier an. »Du hast Glück gehabt, Sir. Du mußt völlig ausgetrocknet sein. Die beiden anderen haben sich die Hosen naß gemacht, als sie gestürzt sind. Humane Waffen, diese Schocker, aber peinlich, wenn man keine Unterwäsche zum Wechseln dabei hat.«
    Der Konsul versucht, seiner Meinung über diese ›humane Waffe‹ Ausdruck zu verleihen.
    »Noch ein paar Minuten, Sir«, sagt Theo Lane, Generalgouverneur, und tupft die Wange des Konsuls mit einem Taschentuch ab. »Ich sollte dir aber sagen, es kann etwas unangenehm werden, wenn die Schockwirkung nachläßt.«
    In diesem Augenblick bohrt jemand mehrere tausend Nadeln und Nägel in den Körper des Konsuls.
     
    »Wie hast du mich nur gefunden?« fragt der Konsul. Sie befinden sich ein paar Kilometer über der Stadt, immer noch über dem Hoolie. Er kann aufsitzen, seine Worte sind mehr oder weniger zusammenhängend, aber der Konsul ist froh, daß er noch ein paar Minuten Zeit hat, bis er aufstehen und gehen muß.
    »Was, Sir?«
    »Ich habe gesagt, wie hast du mich nur gefunden? Woher konntest du wissen, daß ich den Hoolie entlang zurückgeflogen war?«
    »Präsidentin Gladstone hat mich via Fatline informiert. Streng geheim über den alten Einwegempfänger des Konsulats.«
    »Gladstone?« Der Konsul schüttelt die Hände und versucht wieder Gefühl in die Finger zu bekommen, die so nützlich wie Gummi wurste sind. »Und wie, um alles in der Welt, konnte Gladstone wissen, daß ich auf dem Hoolie in Schwierigkeiten bin? Ich habe den Komlogempfänger von Großmutter Siri im Tal zurückgelassen, damit ich die anderen Pilger informieren könnte, wenn ich das Schiff erreicht hatte. Wie konnte Gladstone das wissen?«
    »Ich weiß nicht, aber sie hat deine ungefähre Position durchgegeben, und daß du in Schwierigkeiten bist. Sie hat sogar gesagt, daß du mit einer Schwebematte unterwegs warst, die abgestürzt ist.«
    Der Konsul schüttelt den Kopf. »Diese Dame verfügt über Mittel, von denen wir nicht zu träumen wagen, Theo.«
    »Ja, Sir.«
    Der Konsul sieht seinen Freund an. Theo Lane war jetzt seit über einem Jahr Generalgouverneur der frischgebackenen Protektoratswelt Hyperion, aber alte Gewohnheiten schüttelt man nur schwer ab, und das ›Sir‹ stammt noch aus den sieben Jahren, die Theo als Vizekonsul und Chefattaché für den Konsul gearbeitet hat. Als er den jungen Mann zum letztenmal gesehen hat – der gar nicht mehr so jung ist, erkennt der Konsul jetzt, die Verantwortung hat diesem jugendlichen Gesicht Linien und Falten aufgedrückt –, war Theo Lane wütend gewesen, weil der Konsul nicht das Amt des Generalgouverneurs übernehmen wollte. Das war vor etwas mehr als einer Woche gewesen. Vor Zeitspannen und Äonen.
    »Übrigens«, sagt der Konsul, der jedes Wort deutlich betont, »danke, Theo.«
    Der Generalgouverneur nickt in Gedanken. Er fragt nicht, was der Konsul nördlich der Berge gesehen hat, auch nicht nach dem Schicksal der anderen Pilger. Unter ihnen wird der Hoolie breiter und windet sich der Hauptstadt Keats entgegen. Weiter hinten ragen auf beiden Seiten niedere Klippen empor, deren Granithänge schwach im Abendlicht schimmern.

Weitere Kostenlose Bücher