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Die Hyperion-Gesänge 02 - Der Sturz von Hyperion

Die Hyperion-Gesänge 02 - Der Sturz von Hyperion

Titel: Die Hyperion-Gesänge 02 - Der Sturz von Hyperion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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absurde vertikale Hänge, schmale Simse, breite Felsbalustraden und ein schneebedeckter Kamm, der so schmal war, daß nur eine Person dort stehen konnte – und das auch nur, wenn er oder sie die Füße fest zusammenpreßte.
    Der Fluß krümmte sich vom Weltraum herein, passierte das vielschichtige Sperrfeld einen halben Klick vom Berg entfernt, kreuzte eine Wiese auf dem breitesten der Felsbalkone und fiel dann als Zeitlupenwasserfall hundert Meter oder mehr zur nächsten Terrasse hinab, wo er in kunstvoll geleiteten Strömen aus Gischt zu einem halben Dutzend kleinerer Bäche und Wasserfälle wurde, die sich ihre Wege am Antlitz des Berges hinab suchten.
    Das Tribunal hatte sich auf der höchsten Terrasse versammelt. Siebzehn Ousters – sechs Männer, sechs Frauen und fünf unbestimmten Geschlechts – saßen innerhalb eines Kreises aus Stein im größeren Kreis der felsgesäumten Wiese. Der Konsul bildete den Mittelpunkt beider Kreise.
    »Sie wissen«, sagte Freeman Ghenga, die Sprecherin der Berechtigten Bürger des Freeman-Klans im Transtaurischen Schwarm, »daß wir von Ihrem Verrat wissen.«
    »Ja«, sagte der Konsul. Er hatte den besten dunkelblauen Anzug, kastanienfarbenes Cape und den Dreispitz des Diplomaten angelegt.
    »Wissen, daß Sie Freeman Andil, Freeman Iliam, Coredwell Betz und Mizenspesh Torrence ermordet haben.«
    »Ich kannte Andils Namen«, sagte der Konsul leise. »Den Technikern wurde ich nicht vorgestellt.«
    »Aber Sie haben sie ermordet?«
    »Ja.«
    »Ohne Provokation oder Warnung?«
    »Ja.«
    »Sie ermordet, um in den Besitz des Mechanismus zu gelangen, den sie nach Hyperion beförderten. Die Maschine, die, wie wir Sie informiert hatten, die sogenannten Gezeiten der Zeit zusammenbrechen lassen, die Zeitgräber öffnen und das Shrike aus seinen Fesseln befreien würde.«
    »Ja.« Der Blick des Konsuls schien auf etwas gerichtet zu sein, das sich über der Schulter von Freeman Ghenga befand, aber weit, weit entfernt.
    »Wir haben ausdrücklich erklärt«, sagte Ghenga, »daß dieser Mechanismus benutzt werden sollte, nachdem wir die Schiffe der Hegemonie erfolgreich vertrieben hatten. Wenn unsere Invasion und Besetzung unmittelbar bevorstehen würden. Wenn das Shrike ... kontrolliert werden konnte.«
    »Ja.«
    »Und dennoch haben Sie unsere Leute ermordet, uns belogen und den Mechanismus selbst Jahre zu früh aktiviert.«
    »Ja.« Melio Arundez und Theo Lane standen mit grimmigen Gesichtern neben und einen Schritt hinter dem Konsul.
    Freeman Ghenga verschränkte die Arme. Sie war eine große Frau vom klassischen Ouster-Zuschnitt – kahl, dünn, in einen königsblauen Schwebeanzug gekleidet, der das Licht zu absorbieren schien. Ihr Gesicht war alt, aber fast frei von Falten. Ihre Augen waren dunkel.
    »Haben Sie geglaubt, wir hätten es vergessen, nur weil vier Standardjahre vergangen sind?« fragte Ghenga.
    »Nein.« Der Konsul sah ihr in die Augen. Es schien, als lächelte er fast. »Wenige Kulturen vergessen Verräter, Freeman Ghenga.«
    »Und doch sind Sie zurückgekehrt.«
    Der Konsul antwortete nicht. Theo Lane, der neben ihm stand, spürte, wie eine leichte Brise an seinem Dreispitz zupfte. Theo war zumute, als würde er immer noch träumen. Die Fahrt hierher war surrealistisch gewesen.
    Drei Ousters hatten sie in einer langen, flachen Gondel empfangen, die anmutig im ruhigen Gewässer unter dem Schiff des Konsuls trieb. Nachdem die drei Besucher der Hegemonie mittschiffs Platz genommen hatten, stieß der Ouster im Heck mit einem langen Stab ab, worauf das Schiff den Weg zurückschwebte, den es gekommen war, als hätte sich der Lauf des unmöglichen Flusses ins Gegenteil verkehrt. Theo hatte tatsächlich die Augen zugemacht, als sie sich dem Wasserfall näherten, wo der Fluß lotrecht zur Oberfläche des Asteroiden emporstieg, aber als er die Augen eine Sekunde später wieder aufschlug, war unten immer noch unten und der Fluß schien ganz normal zu fließen, obwohl die grasbewachsene Kugel der kleinen Welt nun wie eine große, gekrümmte Wand auf einer Seite hing und man die Sterne durch das zwei Meter dicke Band aus Wasser unter ihnen erkennen konnte.
    Dann hatten sie das Sperrfeld hinter sich gelassen, waren außerhalb der Atmosphäre, und folgten dem gewundenen Streifen Wasser mit wachsender Geschwindigkeit. Die Röhre eines Sperrfelds war um sie herum – Logik und die Tatsache, daß sie nicht sofort und unter dramatischen Umständen gestorben waren, geboten, daß eines da sein

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