Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Hyperion-Gesänge 02 - Der Sturz von Hyperion

Die Hyperion-Gesänge 02 - Der Sturz von Hyperion

Titel: Die Hyperion-Gesänge 02 - Der Sturz von Hyperion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
Vom Netzwerk:
andere Präsenz im Traum, sondern auf einen anderen Träumer.
    Duré ging mit jemandem spazieren. Die Luft war kühl, der Himmel herzerweichend blau. Sie waren soeben um eine Kurve der Straße gekommen, und jetzt wurde ein See vor ihnen sichtbar, an dessen Ufer anmutige Bäume standen, den im Hintergrund Berge einrahmten; Wolken fügten der Szene Dramatik und einen Maßstab zu, und eine einzige Insel schien weit draußen auf dem spiegelglatten Wasser zu schwimmen.
    »Lake Windermere«, sagte Durés Gefährte.
    Der Jesuit drehte sich langsam um, und sein Herz klopfte vor besorgter Erwartung. Was immer er erwartet hatte, der Anblick seines Begleiters löste keinerlei Ehrfurcht aus.
    Ein junger Mann ging neben Duré. Er war klein und trug eine uralte Jacke mit Lederknöpfen und einem breiten Ledergürtel, klobige Schuhe, eine alte Pelzmütze, einen fadenscheinigen Rucksack, seltsam zugeschnittene und stellenweise geflickte Hosen, hatte ein großes kariertes Tuch über die Schulter geworfen und einen derben Wanderstock in der rechten Hand. Duré blieb stehen, worauf sein Begleiter ebenfalls innehielt, als wäre ihm eine Pause gerade recht.
    »Die Fells of Furness und die Cumbrian Mountains«, sagte der junge Mann, der mit dem Stock über den See deutete.
    Duré sah kastanienfarbene Locken, die sich unter der merkwürdigen Mütze kräuselten, bemerkte die großen Mandelaugen und kurze Statur des Mannes und wußte, er mußte träumen, noch während er dachte: Ich träume nicht!
    »Wer ...«, begann Duré und spürte Furcht in sich aufsteigen, während sein Herz schneller zu schlagen anfing.
    »John«, sagte sein Gefährte, und die Vernunft dieser Stimme verdrängte Durés Furcht. »Ich glaube, wir werden heute in Bowness übernachten können. Brown hat mir gesagt, daß es dort direkt am See ein vorzügliches Gasthaus gibt.«
    Duré nickte, hatte aber nicht die leiseste Ahnung, wovon sein Begleiter sprach.
    Der kleinwüchsige junge Mann beugte sich vor und ergriff Durés Unterarm sanft, aber beharrlich. »Einer wird nach mir kommen«, sagte John. »Weder Alpha noch das Omega, aber es ist unerläßlich für uns, daß wir den Weg finden.«
    Duré nickte dümmlich. Eine Brise rauhte den See auf und trug den Geruch frischer Vegetation von den Vorgebirgen herüber.
    »Derjenige wird weit entfernt geboren werden«, sagte John. »Weiter entfernt, als unsere Rasse seit Jahrhunderten gekommen ist. Ihr Aufgabe wird jetzt dieselbe wie meine sein – den Weg zu bereiten. Sie werden den Tag nicht mehr erleben, da diese Person lehrt, aber Ihr Nachfolger.«
    »Ja«, sagte Paul Duré und stellte fest, daß er überhaupt keinen Speichel mehr im Mund hatte.
    Der junge Mann zog die Mütze ab, steckte sie in den Gürtel, bückte sich und hob einen runden Stein auf. Diesen warf er auf den See hinaus. Wellen breiteten sich aus. »Verdammt«, sagte John, »ich habe versucht, ihn hüpfen zu lassen.« Er sah Duré an. »Sie müssen die Krankenstation unverzüglich verlassen und nach Pacem zurückkehren. Haben Sie verstanden?«
    Duré blinzelte. Diese Bemerkung schien nicht zu dem Traum zu gehören. »Weshalb?«
    »Unwichtig«, sagte John. »Machen Sie es nur. Warten Sie auf nichts. Wenn Sie nicht unverzüglich aufbrechen, werden Sie später keine Möglichkeit mehr dazu haben.«
    Duré drehte sich verwirrt um, als könnte er zu seinem Krankenhausbett zurückkehren. Er betrachtete über die Schulter hinweg den hageren jungen Mann, der am Kiesufer stand. »Was ist mit Ihnen?«
    John hob einen zweiten Stein auf, warf ihn und schüttelte den Kopf, da dieser nur einmal hüpfte, ehe er unter der spiegelnden Oberfläche verschwand. »Ich bin hier vorerst glücklich«, sagte er mehr zu sich selbst als zu Duré. »Auf dieser Reise war ich wirklich glücklich.« Er schien sich aus seinem Nachdenken zu reißen, hob den Kopf und lächelte Duré an. »Los doch! Setzen Sie Ihren Arsch in Bewegung, Eure Heiligkeit!«
    Schockiert, amüsiert und erbost machte Duré den Mund auf, um zu antworten, und stellte fest, daß er im Bett in der Krankenanstalt des Regierungshauses lag. Die Ärzte hatten das Licht gedämpft, damit er schlafen konnte. Monitorsensoren hafteten an seiner Haut.
    Duré blieb noch eine Minute liegen und litt unter dem Juckreiz und Unbehagen, das die heilenden Verbrennungen dritten Grades verursachten, dachte über den Traum nach und daß es nur ein Traum gewesen war, daß er noch ein paar Stunden schlafen konnte, bis Monsignore – Bischof Edouard

Weitere Kostenlose Bücher