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Die Hyperion-Gesänge 02 - Der Sturz von Hyperion

Die Hyperion-Gesänge 02 - Der Sturz von Hyperion

Titel: Die Hyperion-Gesänge 02 - Der Sturz von Hyperion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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»Admiral, wie lange werden die Kampfhandlungen Ihrer Meinung nach noch andauern, wenn Sie die Verstärkung bekommen?«
    »Eine Standardwoche, Präsidentin. Höchstens.«
    Gladstone zog die linke Augenbraue etwas hoch.
    »So wenig?«
    »Ja, Präsidentin.«
    »General Morpurgo? Die Meinung von FORCE:Bodentruppen?«
    »Wir stimmen zu, Präsidentin. Verstärkung ist erforderlich, und zwar umgehend. Transporter werden schätzungsweise hunderttausend Marines und Infanteristen befördern, um die Überreste des Schwarms einzusammeln.«
    »In sieben Standardtagen oder weniger?«
    »Ja, Präsidentin.«
    »Admiral Singh?«
    »Unbedingt notwendig, Präsidentin.«
    »General Van Zeidt?«
    Gladstone rief einen nach dem anderen sämtliche Oberbefehlshaber auf und fragte sogar den Kommandanten der Militärakademie Olymp, der vor Stolz darüber, daß er gefragt wurde, fast platzte. Einer nach dem anderen verliehen sie ihrem einhelligen Ruf nach Verstärkung Ausdruck.
    »Kommandant Lee?«
    Alle Blicke richteten sich auf den jungen Marineoffizier. Ich bemerkte die steifen Haltungen und finsteren Mienen der dienstälteren Militärs und wußte plötzlich, daß Lee auf Bitte der Präsidentin hier war, und nicht aufgrund der Güte seiner Vorgesetzten.
    Mir fiel ein, daß Gladstone einmal gesagt hatte, der junge Kommandant Lee würde die Initiative und Intelligenz unter Beweis stellen, die FORCE manchmal fehlten. Ich vermutete, daß die Laufbahn des Mannes wegen seiner Teilnahme an dieser Versammlung zu Ende war.
    Kommandant William Ajunta Lee räkelte sich unbehaglich auf seinem bequemen Stuhl. »Bei allem gebührenden Respekt, Präsidentin, ich bin nur ein junger Marineoffizier und nicht qualifiziert, eine Meinung über Fragen von solcher strategischer Tragweite zu äußern.«
    Gladstone lächelte nicht. Ihr Nicken war fast unmerklich. »Das weiß ich zu schätzen, Kommandant. Ich bin sicher, Ihre Vorgesetzten hier ebenfalls. Aber ich frage mich doch, ob Sie in diesem Fall nicht mir zu Gefallen eine Ausnahme machen und sich zum Thema äußern könnten.«
    Lee setzte sich aufrecht hin. Einen Moment lang drückten seine Augen Überzeugung und Verzweiflung eines kleinen gefangenen Tieres aus. »Nun denn, Präsidentin, wenn ich einen Kommentar abgeben muß, dann muß ich sagen, meine Instinkte – und es sind nur Instinkte; ich verstehe überhaupt nichts von interstellarer Taktik – würden mir raten, auf diese Verstärkung zu verzichten.« Lee holte tief Luft. »Dies ist eine rein militärische Einschätzung, Präsidentin. Ich weiß nichts von den politischen Hintergründen der Verteidigung des Hyperion-Systems.«
    Gladstone beugte sich vor. »Dann auf rein militärischer Basis, Kommandant, warum sind Sie gegen die Verstärkung?«
    Von meinem Platz, einen halben Tisch entfernt, konnte ich die Wucht der Blicke der FORCE-Befehlshaber spüren wie eine der Hundert-Millionen-Joule-Laserentladungen, mit denen in den uralten inertialgedämpften Fusionsreaktoren Deuterium-Tritium-Sphären gezündet wurden. Ich war erstaunt, daß Lee nicht vor unseren Augen implodierte, entflammte und verschmorte.
    »Nach militärischer Logik«, sagte Lee mit hoffnungslosen Augen, aber fester Stimme, »sind die beiden größten Sünden, die man überhaupt begehen kann, wenn man die eigenen Streitkräfte teilt oder – wie Sie es ausdrücken, Präsidentin – alle Eier in einen einzigen Korb legt. Und in diesem Fall haben wir den Korb nicht einmal selbst gemacht.«
    Gladstone nickte, lehnte sich zurück und bildete mit den Fingern einen Giebel an der Unterlippe.
    »Kommandant«, sagte General Morpurgo, und ich mußte feststellen, daß ein Wort tatsächlich ausgespuckt werden konnte, »da wir jetzt in den Genuß Ihrer ... äh ... Meinung gekommen sind, dürfte ich fragen, ob Sie jemals an einer Raumschlacht teilgenommen haben?«
    »Nein, Sir.«
    »Sind Sie je für eine Raumschlacht ausgebildet worden, Kommandant?«
    »Abgesehen vom Minimum, das MAO verlangt, was auf einige Geschichtsstunden hinausläuft, nein, Sir.«
    »Haben Sie überhaupt jemals an irgendwelchen strategischen Planungen teilgenommen, die über normales Maß hinausgingen? Wie viele Marineoberflächenschiffe haben Sie auf Maui-Covenant befehligt, Kommandant?«
    »Eins, Sir.«
    »Eins«, schnaufte Morpurgo. »Ein großes Schiff, Kommandant?«
    »Nein, Sir.«
    »Wurde Ihnen das Kommando über dieses Schiff anvertraut, Kommandant? Haben Sie es sich verdient? Oder ist es Ihnen durch eine Fügung des

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