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Die Hyperion-Gesänge 02 - Der Sturz von Hyperion

Die Hyperion-Gesänge 02 - Der Sturz von Hyperion

Titel: Die Hyperion-Gesänge 02 - Der Sturz von Hyperion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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Fortschritte erzielt, dachte Gladstone, obwohl der Core uns zur Untätigkeit verdammt hat. Obwohl die Wissenschaften beinahe ausgestorben wären. Trotz unserer fatalen Abhängigkeit von den Spielzeugen, die uns unsere eigene Schöpfung gewährt hat.
    Sie war unzufrieden. Bis zum Ende dieses Spaziergangs hatte sie die Heimat eines jeden Pilgers auf Hyperion besuchen wollen, so vergeblich diese Geste auch sein mochte. Auf Heaven's Gate hatte Silenus gelernt, wahre Poesie zu schreiben, obwohl sein vorübergehend krankes Hirn keiner Sprache mehr mächtig gewesen war, aber dies war auch nicht seine Heimat.
    Gladstone achtete nicht auf die angenehme Musik, die vom Konzert auf der Promenade emporstieg, achtete nicht auf die Pendler-EMVs, die wie ein Schwarm Zugvögel über ihr dahinflogen, achtete nicht auf die angenehme Atmosphäre und das behagliche Licht, sondern ließ ihr Portal erscheinen und befahl ihm, sie zum Erdmond zu farcasten. Dem Mond.
    Anstatt den Sprung auszuführen, warnte ihr Komlog sie vor der Gefahr, dorthin zu gehen. Sie setzte es außer Kraft.
    Die Mikrofernsonde kam summend näher, und deren leise Stimme in Gladstones Implantat deutete an, es könnte unklug sein, wenn die Regierungschefin an einen so instabilen Ort reiste. Sie brachte sie zum Schweigen.
    Das Farcasterportal selbst erhob Einwände gegen ihre Entscheidung, bis sie ihre Universalkarte benützte und es manuell programmierte.
    Das Farcasterportal erschien wabernd, und Gladstone schritt hindurch.
     
    Der einzige noch bewohnbare Ort auf dem Mond der Alten Erde waren die Gebirgs- und Mare-Regionen, die für die Masadazeremonie von FORCE erhalten wurden, und hier kam Gladstone heraus. Aussichtsplätze und Exerzierplatz waren verlassen. Sperrfelder der Klasse zehn ließen die Sterne verschwimmen, ebenso die fernen Kraterwände, aber Gladstone konnte erkennen, wo die innere Hitze schrecklicher Gravitationsgezeiten die fernen Berge geschmolzen und zu neuen Steinmeeren hatten gerinnen lassen.
    Sie schritt über eine Ebene grauen Sands und spürte die geringe Schwerkraft wie eine Aufforderung zu fliegen. Sie stellte sich vor, sie wäre ein Ballon der Tempelritter, leicht festgezurrt, der darauf brannte, sich zu erheben. Sie widerstand dem Impuls zu springen, mit Riesensprüngen dahinzuhüpfen, aber ihr Schritt war beschwingt, Staub bildete unregelmäßige Muster hinter ihr.
    Die Luft unter der Sperrfeldkuppel war sehr dünn, und Gladstone zitterte trotz der Heizelemente in ihrem Cape. Sie blieb eine ganze Weile im Zentrum der konturlosen Ebene stehen und versuchte nur, sich den Mond vorzustellen, den ersten Schritt der Menschheit auf ihrem langen Weg aus der Krippe. Aber die Aussichtstribünen und Geräteschuppen von FORCE lenkten sie ab und machten das Vorstellen vergeblich, daher blickte sie schließlich auf, um zu schauen, weswegen sie eigentlich gekommen war.
    Die Alte Erde hing am schwarzen Himmel. Aber selbstverständlich nicht die Alte Erde, lediglich die pulsierende Wachstumsscheibe und die kugelförmige Trümmerwolke, die die Alte Erde gewesen waren. Diese waren sehr hell, heller als alle Sterne, die man selbst in seltenen klaren Nächten auf Patawpha sehen konnte, aber die Helligkeit war seltsam ominös und warf ein abstoßendes Licht auf die schlammgraue Ebene.
    Gladstone stand da und sah hin. Sie war noch nie hier gewesen, hatte sich bisher nie hierher gewagt, und da sie nun hier war, wollte sie mit aller Verzweiflung etwas spüren, etwas hören, als würde hier eine Stimme der Vorsicht oder Inspiration oder auch lediglich des Mitleids zu ihr sprechen.
    Sie hörte nichts.
    Sie blieb noch ein paar Minuten stehen, dachte wenig, und spürte, wie ihre Ohren und Nase kalt wurden, bis sie beschloß, wieder zu gehen. Auf TV1f würde die Dämmerung bald einsetzen.
    Gladstone hatte das Portal aktiviert und sah sich ein letztes Mal um, als keine zehn Meter entfernt ein anderes Farcasterportal zu wabern anfing. Sie hielt inne. Keine fünf Menschen im Netz hatten individuellen Zugang zum Erdmond.
    Die Mikrofernsonde stieß summend herab und schwebte zwischen ihr und dem Fremden, der aus dem Portal kommen würde.
    Leigh Hunt kam heraus, sah sich um, zitterte in der Kälte und kam rasch auf sie zu. In der dünnen Luft klang seine Stimme piepsig, fast amüsant kindlich.
    »M. Regierungschefin, Sie müssen unverzüglich zurückkehren. Den Ousters ist es gelungen, bei einem unerwarteten Gegenangriff durchzubrechen.«
    Gladstone seufzte. Sie hatte

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