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Die Hyperion-Gesänge

Die Hyperion-Gesänge

Titel: Die Hyperion-Gesänge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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seine Worte zu unterstreichen, erklang ein gewaltiger,
sanfter Laut, als hätten eine Million versteckter Menschen geseufzt und anschließend leise gestöhnt.
    »Großer Gott«, flüsterte Duré und sah nach Westen, wo es schien, als würde die Sonne aufgehen, wo sie vor nicht einmal einer Stunde untergegangen war. Heißer Wind brachte die Blätter zum Rascheln und strich ihm übers Gesicht.
    Fünf erblühende, nach innen gekrümmte Pilzwolken stiegen am westlichen Horizont empor und verwandelten kochend und verblassend die Nacht in Tag. Duré hatte instinktiv die Augen bedeckt, bis ihm klar wurde, diese Explosionen waren, obschon gleißend wie die hiesige Sonne, so weit entfernt, dass sie ihn nicht blenden konnten.
    Sek Hardeen zog die Kapuze zurück, sodass der heiße Wind sein langes, seltsam grünliches Haar zerzauste. Duré studierte die langen, hageren, vage asiatischen Züge und stellte fest, dass er Betroffenheit darin entdeckte. Betroffenheit und Fassungslosigkeit. Entsetzte Komrufe und das Mikromurmeln aufgeregter Stimmen flüsterten in Hardeens Kapuze. »Explosionen auf Sierra und Hokkaido«, sagte der Tempelritter zu sich selbst. »Nuklearexplosionen. Von den Schiffen im Orbit.«
    Duré erinnerte sich, Sierra war ein für Fremdweltler verbotener Kontinent, keine achthundert Kilometer vom Weltbaum entfernt, auf dem sie standen. Und er glaubte sich zu erinnern, dass Hokkaido die heilige Insel war, wo die potenziellen Baumschiffe gezüchtet und vorbereitet wurden. »Opfer?« , fragte er, aber bevor Hardeen antworten konnte, wurde der Himmel von gleißendem Licht erfüllt, als zwanzig oder mehr taktische Laser, CPBs und Fusionslanzen eine Schneise von Horizont zu Horizont schnitten und wie Suchscheinwerfer über die Wipfel des Weltwaldes von God’s Grove zuckten. Wo die Lanzen hineinschnitten, loderten Flammen in ihrem Kielwasser auf.
    Duré taumelte, als ein hundert Meter breiter Strahl keinen
Kilometer vom Weltbaum entfernt wie ein Wirbelsturm durch den Wald fegte. Der uralte Wald explodierte in Flammen, ein Korridor aus Feuer, das zehn Kilometer in die Nacht hinaufloderte, entstand. Wind brauste an Duré und Sek Hardeen vorbei, als Luft angesaugt wurde, die dem Feuersturm weitere Nahrung verschaffte. Ein weiterer Strahl zuckte von Nord nach Süd, dicht am Weltbaum vorbei, ehe er hinter dem Horizont verschwand. Eine weitere Wand aus Flammen und Rauch stieg zu den verräterischen Sternen empor.
    »Sie haben es versprochen«, keuchte Sek Hardeen. »Die Ousterbrüder haben es versprochen !«
    »Sie brauchen Hilfe«, rief Duré. »Bitten Sie das Netz um Notfallunterstützung.«
    Hardeen packte Duré am Ärmel und zog ihn zum Rand der Plattform. Die Treppe war wieder da. Auf der Plattform unten flimmerte ein Farcasterportal.
    »Es sind erst die Vorboten der Ousterflotte eingetroffen«, rief der Tempelritter über das Prasseln des Waldbrands hinweg. Asche und Rauch erfüllten die Luft und schwebten zwischen heißer Schlacke dahin. »Aber die Singularitätssphäre wird jeden Moment vernichtet werden. Gehen Sie !«
    »Ich gehe nicht ohne Sie«, sagte der Jesuit, war aber überzeugt, dass seine Stimme über das Tosen des Windes und das schreckliche Prasseln hinweg nicht zu verstehen sein würde. Plötzlich dehnte sich nur Kilometer entfernt im Osten der perfekte blaue Ring einer Plasmaexplosion aus, implodierte und breitete sich dann in sichtbaren Kreisen als Schockwelle aus. Kilometerhohe Bäume bogen sich und brachen in der ersten Woge der Explosion, die Blätter der Ostseite fingen Feuer; glühendes Laub flog millionenfach davon und gesellte sich zu der fast soliden Wand aus Trümmern, die auf den Weltbaum zuraste. Hinter dem Feuerkreis wurde eine zweite Plasmabombe gezündet. Dann eine dritte.

    Duré und der Tempelritter fielen die Stufen hinunter und wurden über die tiefergelegene Plattform geweht wie Herbstlaub über einen Gehweg. Der Tempelritter ergriff eine brennende Muirholzbalustrade, packte Durés Arm mit eisernem Griff, rappelte sich auf die Füße und ging auf den noch flimmernden Farcaster zu wie ein Mann, der sich gegen einen Sturm stemmt.
    Halb ohnmächtig und nur am Rande bewusst, dass er gezogen wurde, gelang es Duré, ebenfalls aufzustehen, als die Stimme des Weltbaums Sek Hardeen ihn gerade zum Rand des Portals geschleppt hatte. Duré klammerte sich am Rahmen des Portals fest, war aber zu schwach, sich selbst den letzten Meter durchzuziehen, und sah hinter dem Farcaster etwas, das er nie

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