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Die im Dunkeln

Die im Dunkeln

Titel: Die im Dunkeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ross Thomas
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drehte sich um und verließ das Zimmer, die Geldtüte noch immer an die Brust gedrückt; der Saum des langen grünen Samtrocks schleifte hinterher.
    Colonel Millwed stand auf und wanderte durch den Raum, der das halbe Erdgeschoß einnahm und vollgestopft war mit Möbeln, Fotos, Gemälden und Souvenirs aus der Zeit zwischen 1900 und Mitte der 30er. Kein Stück davon stammte von Kite, der Haus und Inhalt von der Ururgroßnichte der Frau gekauft hatte, die 1903 als 21jährige Braut hier eingezogen war. Nachdem ihr Mann 1937 gestorben war, lebte sie bis zu ihrem Tod anno 1980 allein im Haus. Ein Jahr später verkaufte die einzige Erbin, die Ururgroßnichte, die in Oregon wohnte, alles an Kite.
    Millwed hatte Kite irgendwann gefragt, ob in dem alten Kasten zu hausen nicht so ähnlich sei, wie in einem Museum zu leben. »Vielleicht«, hatte Kite gesagt. »Aber es ist mein Museum.«
     
    Der Colonel wandte sich von der Inspektion einer Eck-Etagere ab, als Kite wieder ins Zimmer kam, in einem Raiders-Sweatshirt, ausgeblichenen Jeans, abgenutzten weißen Reeboks und mit einer blauen Dodgers-Baseballkappe auf dem großen Kopf.
    »Das müßte Sie unsichtbar machen«, sagte Millwed.
    »Finden Sie?« sagte Kite. »Ich hab grad ins Wetter reingehört; drüben soll es sonnig sein, mit fünfundzwanzig Grad. Vielleicht geh ich heut nachmittag an den Strand.«
    »Und Twodees?«
    Kite schien über Millweds Frage nachzudenken. »Na ja, vielleicht erledige ich Twodees zuerst und geh dann an den Strand.«

18. Kapitel
    General Vernon Winfield bestieg als letzter den in Deutschland hergestellten Pendelbus, der Passagiere auf dem Internationalen Flughafen Dulles zwischen Abfertigung und Maschinen beförderte. Der Bus fuhr durchaus sanft an, aber einer der stehenden Passagiere war nicht ganz darauf gefaßt und taumelte gegen den General, der einen Schritt zurücktreten mußte, auf den Fuß eines sitzenden Passagiers.
    Winfield wollte sich entschuldigen und wandte sich um; zu seiner Überraschung schaute er hinab ins ebenfalls überraschte, aufblickende Gesicht von Emory Kite. Der General faßte sich als erster. »Na so was, Mr. Kite. Tut mir wirklich leid.«
    »Macht nichts, General. Auch nach L.A., wie?«
    »Kleiner Ferientrip. Und Sie?«
    »Geschäftlich. Fliegen Sie Erster?«
    Der General schüttelte den Kopf. »Leider nicht.«
    »Pech«, sagte Kite. »Ich meine, sonst hätten wir mit jemand die Plätze tauschen und zusammen fliegen können.«
    »Das wäre nett gewesen«, log der General, als der Bus eben nach links bog und ihm einen Vorwand lieferte, sich abzuwenden, eine Haltestange zu packen und Kite den Rest des Flugs zu meiden.
    Alle Passagiere der Ersten Klasse außer Emory Kite waren fort, als General Winfield endlich vom Heck des überfüllten Economy-Teils der 747 ins Abfertigungsgebäude des Flughafens L.A. gelangt war. Er sah, daß Kite immer noch dort herumstand oder vielleicht sogar vorsätzlich lungerte. Winfield wußte nicht genau, was »vorsätzlich lungern« bedeutete; es klang aber so, als ob Kite darin gut sein müßte.
    Dann sah der General das weiße Hemdbrust-Plakat mit sauberen schwarzen Marker-Buchstaben: WINFIELD. Ohne jedes Zeichenvon Verlegenheit wurde die Pappe hochgehalten von einem Mann Anfang Vierzig, der einen blauen Anzug, ein weißes Hemd und eine Krawatte trug.
    Winfield nahm seine Reisetasche in die linke Hand, ging zu ihm und sagte: »Major Partain?«
    »›Partain‹ reicht, General.«
    Der General lächelte und reichte ihm die Hand. »Hätten Sie was gegen ›Twodees‹?«
    »›Twodees‹ ist in Ordnung«, sagte Partain und beendete den Händedruck, als eben Emory Kite, immer noch mit DodgersKappe und Raiders-Sweatshirt, sich an Winfield heranmachte und sagte: »Soll ich Sie mit in die Stadt nehmen?«
    »Danke, Mr. Kite, aber ich bin schon versorgt.«
    Kite musterte Partain. »Sind Sie Fahrer? Limousine?« Partain schüttelte den Kopf.
    »Mr. Partain ist der Freund eines Freundes«, sagte der General.
    Kite streckte seine Hand hin. »Emory Kite. Ich mach Ermittlungen, von Washington aus.«
    Nach knappem Händedruck sagte Partain: »FBI?«
    »Privat«, sagte Kite. »Sie wohnen in L.A.?«
    »Ich bin in Kalifornien aufgewachsen.«
    »Ja? Dann können Sie vielleicht ein gutes Hotel empfehlen.«
    »Angeblich soll das Peninsula ganz gut sein.«
    »Was nehmen die für n Zimmer?«
    »Ich schätze um die zwei achtzig, dreihundert. So etwa.« Kite nickte, neutral. »Klingt ganz ordentlich. Wo ist

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