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Die im Dunkeln

Die im Dunkeln

Titel: Die im Dunkeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ross Thomas
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Herrenhemd aufzuknöpfen.
    »Soll ich die Stiefel anlassen?« fragte sie.
    Er blickte hinab auf ihre schweren schwarzen Lederstiefel mit den ausgebeulten Spitzen. »Klar doch«, sagte er. »Vielleicht machen sie das, was wir vorhaben, ein bißchen schräger.«
     
    Als 36 Minuten später der Sex beendet war, lag Shawnee Viar auf dem Bett, nackt bis auf die Stiefel. Colonel Millwed war auchnackt, abgesehen von einem Lakenzipfel, der seine Leistengegend bedeckte, nicht aus Schamhaftigkeit, sondern weil nach der letzten Variation das Gewirr von Laken, Decke und Tagesdecke so liegengeblieben war.
    Als er wieder normal atmete, sagte der Colonel: »Du mußt ein paar Regale mit Sexhandbüchern auswendig gelernt haben.«
    »Irgendwelche Beschwerden?«
    »Keine. Du bist genau das, was du gesagt hast – eine erstklassige Wahnsinnige.«
    »Ich hatte so ein komisches Gefühl«, sagte sie.
    »Wann?«
    »Dabei. Beim Ficken. Ich hatte das Gefühl, jemand beobachtet uns.«
    »Manche Leute haben es gern, wenn man sie beobachtet – oder tun gern so, als ob sie beobachtet würden. Wie ist das bei dir?«
    Sie schien darüber nachzudenken. »Ich glaube, es hat alles irgendwie schärfer gemacht.«
    »Wenn jemand ein Band von uns gemacht hätte«, sagte der Colonel, »würdest du es gern sehen wollen?«
    »Klar. Wer denn nicht?«
    Millwed stand auf, ging zum Fernseher, drückte den EJECT-Knopf am eingebauten Recorder, ohne diesen anzuschalten, und ein Videoband glitt heraus. Shawnee Viar setzte sich auf. Er machte kehrt, gab ihr das Band und sagte: »Denk nur dran, es zuerst zurückzuspulen.«
    Sie blickte hinunter auf das Band, dann hoch zu ihm. »Das ist aber nicht das Original, oder?«
    »Nein, das ist nebenan«, sagte er; mit dem Daumen wies er über die Schulter zum Zimmer jenseits des Fernsehers. Dann hob er seine Jockeyshorts hoch, zog sie an, setzte sich auf einen Stuhl und langte nach seinen schwarzen Kaschmirsocken.
    »Was willst du damit kaufen?« sagte sie; sie schwenkte die Kassette ein wenig.
    »Eine lebende hausinterne Kamera auf deinen Vater, Hank Viar«, sagte er; er steckte die Füße in die Slipper. »Wir müssen wissen, wohin er geht, wann er geht, mit wem er redet – entweder persönlich oder per Telefon oder Fax.« Nun hatte der Colonel die Hose angezogen und knöpfte sein Hemd zu. »Wir hätten gern zwei Berichte täglich«, fuhr er fort, »einen mittags, einen um Mitternacht.«
    »Sonst?« sagte sie. »Schickt ihr ihm sonst das Band?«
    »Nicht ihm«, sagte er; dabei zog er den ärmellosen Pullover über den Kopf. »Es geht dann an seine Freunde und Feinde.«
    »Damit man dein Gesicht und deinen Zwergenschwanz deutlich sehen kann?«
    Der Colonel lächelte. »Elektronische Zauberei wird mein Gesicht weiß machen. Was meinen Schwanz angeht, der ist ganz normal. Keine Muttermale. Keine Tätowierungen. Einfach der gewöhnliche beschnittene Schwanz, wie von der Stange.«
    »Wo soll ich anrufen?«
    »Netter Versuch. Jemand ruft dich an.«
    Sie musterte wieder die nicht gekennzeichnete Videokassette. Dabei sagte sie: »Ein vollständiger Bericht wird ungefähr so lauten: ›Der liebe alte Dad wachte um neun Uhr auf, traf keinen, sprach mit keinem und kippte sturzbesoffen um zwanzig vor zwölf abends um, nach den Nachrichten.‹ Bloß wird es keine Berichte geben.«
    »Schön«, sagte der Colonel. »Dann gehen Kopien an seine drei Freunde und die Heerschar seiner Feinde – von denen sind noch immer eine Menge bei der Agency. Die werden sich einen kichern. Das Ding herumreichen. Die Tochter vom ollen Hank Viar, werden sie sagen, fickt und bläst den geheimnisvollen Fremden.«
    »Das ist ihm egal.«
    »Aber dir nicht.«
    »Eigentlich doch«, sagte sie, legte die Kassette weg, zog das Laken aus dem Knäuel und drapierte es sich um die Schultern. Als es so saß, wie sie es haben wollte, blickte sie ihn wieder an und sagte: »Sie haben mich nicht viel über meinen Mann gefragt, oder, Colonel Millwed?«
    Es gab jähe absolute Stille, von der Art, die nicht nur Geräusche, sondern auch Zeit und Bewegung beendet. Als er seinen Namen hörte, erstarrte Colonel Millwed – der rechte Arm war fast ganz im Ärmel der Tweedjacke. Dann setzten Zeit, Bewegung und Geräusche wieder ein, der Colonel steckte den linken Arm in den anderen Ärmel, zupfte am Revers seiner Jacke, knöpfte sie in der Mitte zu und widerstand der Versuchung, sich im Spiegel zu betrachten.
    »Hank hat mit Ihnen über mich gesprochen«, sagte er. »Wahrscheinlich,

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