Die im Dunkeln
anzubringen. Dann mußte ich aufgeben.«
»Warum?«
»Weil sie genau neunzehn Tage, bevor ich den Colonel zusammengeschlagen habe, verschwunden ist.«
»Meinen Sie, er ...«
Wieder ließ Partain sie nicht ausreden. »Nein, glaub ich nicht. Wenn ich das geglaubt hätte, wäre er nicht General geworden.«
Dasleise Geräusch weckte Partain. Es dauerte nur ein paar Sekunden, gerade lang genug, daß er es als Ledersohlen und -absätze auf dem schwarzweißen Marmorboden der Diele identifizieren konnte. Der General, dachte er und schaute auf seine Uhr – schielte, genauer, wegen etwas, was er als mittelgroßen Kater diagnostizierte. Es war 5.22 Uhr; er nahm an, daß der General um 5 Uhr die Klinik verlassen und es dank des geringen Verkehrs in weniger als zwanzig Minuten zum Eden geschafft hatte.
Noch ein Geräusch. Es war ein langer Seufzer; Partain drehte sich um und sah die schlafende Jessica Carver an. Nach ihrem zweiten Drink war sie um die Bar herumgekommen, um sich neben ihn auf einen Hocker zu setzen. Etwa einen Drink später hatte er sie geküßt, und sie hatte zurückgeküßt, und sie waren eine Weile dort geblieben und hatten alles getan, was ein paar allzu erfahrene Teenager getan haben könnten, bis sie in stiller Übereinkunft von den Barhockern glitten und ins nächste Schlafzimmer gingen, zufällig seines. Dort hatten sie einander aus den Kleidern geschält, über ein Kondom gekichert und waren ins Bett gefallen.
Sie war erfahren, einfallsreich und eifrig. Er war erfahren, einfallsreich und übereifrig. Das war beim ersten Mal. Beim zweiten Mal war es gewesen wie Sex zwischen vertrauten Partnern, die einander zu lange nicht gesehen hatten. Nichts war schiefgegangen. Jedenfalls nichts, an das er sich erinnern könnte.
Er hörte noch ein Geräusch, diesmal aus der Küche. Es war das eindeutige, wenn auch schwache Klirren einer Porzellantasse, die auf eine Untertasse gestellt wurde. Partain stand auf, zog die Hose und den alten karierten Bademantel an und ging barfuß in die Küche, wo er General Winfield vorfand, in Hose, Hemd und Socken. Der General hatte schon Wasser in die Braun-Kaffeemaschine gefüllt und eine Suchaktion nach dem Kaffee gestartet.
»Den hat sie hier unten«, sagte Partain; er kniete nieder und öffnete ein Schränkchen unter der Spüle.
»Welch wundersam unlogischer Platz«, sagte der General; er nahm die Kaffeebüchse entgegen. »Habe ich Sie geweckt?«
»Sie haben mich verlockt«, sagte Partain; er stand auf. »Der Klang von Tasse und Untertasse bedeutet Kaffee.«
Der General musterte ihn einen Moment. »Angenehme Nacht?«
»Ich kann nicht klagen. Und Sie?«
»Ich kann überhaupt nicht klagen«, sagte der General; dabei löffelte er Kaffee in die Maschine.
23. Kapitel
Es war der Safeway auf der Wisconsin Avenue in Georgetown, und nachdem er zweiundvierzig Minuten gewartet hatte, wurde Colonel Ralph Millwed belohnt durch den Anblick des grauen, sechs Jahre alten Volvo Kombi, der auf den Parkplatz fuhr und nur eine Reihe vor ihm und vier Wagen weiter links stehenblieb.
Die Fahrerin blieb etwa eine Minute im Volvo sitzen, bevor sie langsam ausstieg, als wäre sie steif oder müde, und zum Eingang des Safeway ging. Sie trug einen Jeansrock, ein weißes Herrenhemd und schwarze Stiefel mit Klettverschluß, die etwa die halbe Wade bedeckten. Der rechte Stiefel hatte sogar eine kleine Tasche mit Druckknopf für ein Messer. Gegen die Kälte trug sie einen offenbar alten, zweireihigen marineblauen Mantel, der sechs Elfenbeinknöpfe gehabt haben würde, wenn nicht einer gefehlt hätte. Sie trug den Mantel über den Schultern wie ein Cape.
Shawnee Viar Lewis, einziges Kind eines CIA-Pensionärs und Witwe eines Aids-Opfers, hatte den halben Weg zum Eingang des Supermarkts zurückgelegt, als sie sich umdrehte, wieder zum Volvo ging und ihn abschloß. Der Colonel wartete, bis sie wirklich im Safeway war; dann stieg er aus seinem gemieteten schwarzen Mustang Kabrio.
Millwed trug, was er immer als Standardfreizeitkleidung angesehen hatte: eine Tweedjacke, weißes Hemd ohne Krawatte, ärmellosen schwarzen Kaschmirpullover und Twillhose von jener eigenartigen Farbe, die man früher einmal officer’s pink genannt hatte. Die Füße steckten in schwarzen Kaschmirsocken und alten, aber gepflegten braunen Slippern.
Sie trafen sich bei den Tiefkühlpizzas. Ihr Einkaufswagen enthielt Milch, eine Stange Pall Mall, Brot, Butter, Eier, Bacon, Salatzutaten und ein Zwillingspaar
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