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Die im Dunkeln

Die im Dunkeln

Titel: Die im Dunkeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ross Thomas
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Idaho-Kartoffeln. Der Wagen desColonels enthielt viel gesündere Kost: entrahmte Milch, Broccoli, dreierlei Obst, Haferflocken und Brathuhn.
    Shawnee Viar las gerade die Aufschrift auf einer 30-cm-Peperonipizza, als der Colonel sagte: »Es geht mich zwar nichts an, aber wenn Sie schon so ein Zeug essen, sollten Sie wenigstens das beste nehmen. Hier.«
    Er reichte ihr eine Pizza, die mit dem Namen von Wolfgang Puck versehen war, einem Westküsten-Gastronomen, der sehr geschickt nicht nur seine Tiefkühlpizzas, sondern auch sich selbst vermarktete. Shawnee Viar legte die Peperonipizza zurück, nahm die vom Colonel gereichte an, musterte sie zweifelnd und sagte: »Was ist daran so toll?«
    »Die schmeckt fast wie echte Pizza.«
    »Na ja, näher komm ich sowieso nie an was Echtes ran«, sagte sie, ließ die Puck-Pizza in ihren Wagen fallen, warf einen schnellen Blick auf seinen, schaute auf und sagte: »Was machen Sie, wenn Sie einen Anfall von Freßlust kriegen?«
    »Trink ich ein bißchen Gin oder Whisky.«
    »Sie sind also kein Purist?«
    »Purismus ist ziemlich langweilig.«
    Sie lächelte knapp. »Sie versuchen mich aufzureißen, oder?«
    »Ich will Sie zu einem Drink einladen.«
    »Wo?«
    »Kennen Sie The Last Call draußen auf der Wisconsin?«
    »Fast in Bethesda?«
    Er nickte.
    »Haben Sie Angst, man könnte uns sehen?«
    Der Colonel hob die Schultern. »Ich weiß nicht, wie eng Ihr Mann so was sieht.«
    »Der ist tot. Was ist mit Ihrer Frau?«
    »Wie ich neulich hörte, wohnt sie noch immer in Tulsa.« Nach zwei Drinks im Last Call fuhren sie in ihrem Wagen zum SunriseMotel in Rockville, Maryland, wo der Colonel sie als Mr. und Mrs. F. Pierce eintrug und dem Mann am Empfang 200$ statt einer Kreditkarte gab. Er erfand auch ein Nummernschild für den Mustang, eine Adresse (741 N. Locust Street), eine Stadt (Mt. Morrison, Iowa) und nahm seinen Geburtstag als Postleitzahl: 71154. Der Angestellte warf kaum einen Blick darauf.
    Das Motelzimmer war weder größer noch kleiner, sauberer noch schmutziger als die meisten. Es gab ein Bad mit eingelassener Plastikwanne und Dusche. Das Bett war mittelgroß. Ein Schild auf dem großen neuen Sony-Fernseher bot freie Kabelauswahl an, mit der Warnung, daß der Kanal für scharfe Sachen 8 $ kostete.
    Shawnee Viar saß auf dem Stuhl, der zum kniefreien Schreibtisch gehörte, als der Colonel mit zwei Büchsen 7-Up light und einem Eisbehälter zurückkam. Er stellte alles auf den Tisch neben eine Flasche Absolut-Wodka. Er mixte zwei Drinks und gab ihr einen; sie kostete, blickte zu ihm hoch und sagte: »Das ist fast wie eine richtige Verabredung, oder?«
    »Warum fast?«
    »Na ja, Verabredungen gibt es normalerweise zwischen Leuten, die sich kennen.«
    »Du meinst ein Rendezvous.«
    »Ja? Ich dachte, das wäre dasselbe.« Sie trank mehr Wodka, inspizierte das Zimmer, blickte dann wieder hoch zum Colonel. »Was machen wir jetzt – ausziehen und in die Federn hüpfen?«
    »Wenn das das ist, was du willst. Ich dachte aber, du möchtest vielleicht zuerst ein bißchen reden und sichergehen, daß du es nicht mit einem Irren zu tun hast.«
    »Ich hab nichts gegen Irre.«
    »Kennst du viele?«
    »Also, ich bin wieder zu meinem Vater gezogen, und auf einer Irrenskala von eins bis zehn würde er eine Neun kriegen. Vielleichtsogar zehn. Mein Mann war bloß bei vier, manchmal auch nur drei, und ich, tja, ich bin vielleicht eine Zehn. An manchen Tagen sogar zehn plus.«
    »Was ist an dir so verdreht?«
    »Die Tatsache, daß ich hier sitze und deinen Schnaps trinke, dabei ist es noch nicht mal Mittag. Für mich ist das ziemlich verdreht. Und die Tatsache, daß ich in zehn oder fünfzehn Minuten wahrscheinlich meine Kleider runterreiße, ins Bett springe und mit ein bißchen Glück Dinge tue, die ich nie mit meinem Mann getan hab, der geglaubt hat, es gibt ein Gesetz, nach dem man nur samstag abends ficken darf – wenn überhaupt.«
    »Wann ist dein Mann gestorben?«
    Shawnee Viar schaute hinab in ihren Drink, überlegte einen Moment, blickte wieder zu ihm hoch und sagte: »Morgen ist es ein Jahr und drei Wochen her.«
    »Und jetzt wohnst du bei deinem Vater.«
    Sie nickte.
    »In Georgetown?«
    »Kann sein, aber ich geb dir weder Name noch Adresse noch meine Telefonnummer, bis ich weiß, ob du wahnsinnig bist oder nicht.«
    »Dann laß es uns rauskriegen«, sagte er, ging zu ihr, stellte seinen Drink auf den Schreibtisch, tat das gleiche mit ihrem, zog sie sanft hoch und begann, ihr weißes

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