Die Insel der Albträume und andere unbedingt geheim zu haltende Dinge
Erdbeerpampe! Wo steckt das Melonengesicht?“, fluchte der Typ.
Was jetzt? Wo sollte er sich hier nur verstecken? Unterm Bett? Nein, das war ja total einfallslos. Oder im Schrank? Noch viel blöder. Hastig schaute sich Rocky in seinem Zimmer um, bis sein Blick an der Fensterbank hängen blieb. Auf das Boot? Das war vielleicht nicht die beste, aber scheinbar die einzige Möglichkeit.
Vorsichtig setzte er einen Fuß auf die Planken. Das Luftschiff gab sanft nach und schwankte. Rocky blickte kurz zurück und genau in diesem Augenblick betrat der seltsame Typ das Zimmer. Ohne groß darüber nachzudenken, ließ er sich auf das Boot fallen.
Sicher denkt ihr jetzt: Wow, wie mutig ist der denn? Aber das war kein Mut, das war Dummheit. Jungs machen manchmal so dummes Zeug, wenn sie nicht weiterwissen – oder auch einfach so. Rocky ist da keine Ausnahme.
Hektisch schaute er sich auf dem Luftschiff nach einem Versteck um. Vergeblich. Es gab ein Steuerrad, einen Kompass und jede Menge Seile, aber keinen Ort, an dem man sich verstecken konnte. Nur eine Luke stand offen, von der aus eine steile Treppe unter Deck führte. Sollte er …? Rocky gab sich einen Ruck und stieg schnell in die Dunkelheit hinab. Unten erwartete ihn ein entsetzlicher Geruch: Es stank nach fauligem Fisch. Rockys Augen brauchten eine Weile, bis sie sich an das schwache Licht gewöhnt hatten, das eine kleine Öllampe verbreitete. Doch dann staunte er nicht schlecht. Denn hier unten war plötzlich riesig viel Platz. Auf einmal wirkte das Boot gar nicht mehr wie eine kleine Schaluppe, eine Jolle oder ein Dingi, sondern wie ein schweres großes Schiff.
Bald wusste Rocky auch, woher der furchtbare Gestank kam. Neben einem Käfig voller Stroh, der die Hälfte des Raumes einnahm, stand ein Fass, das bis zum Rand mit stinkendem Fisch gefüllt war. Rocky hielt die Luft an, um sich nicht übergeben zu müssen. Er hasste Fisch (mit Ausnahme von Fischstäbchen – aber auch die nur mit viel Ketchup). An der Wand der Kajüte befand sich ein großes Regal, vollgestopft mit Karten und merkwürdigen Messgeräten. Auf einem schweren Tisch aus Eichenholz lag ein dickes Logbuch.
Rocky schaute prüfend zur Treppe. Nichts. Offensichtlich suchte der Typ noch nach ihm. Also wagte er einen Blick in das Buch.
„14. August. Windstärke 2 aus Südsüdost. Zur Hundswache um 6 Glasen werfen wir Anker vor Rockys Schlafzimmer.“
Rocky erstarrte. Da stand tatsächlich sein Name! Wie konnte das sein? Er hatte sich diesem Typen doch noch gar nicht vorgestellt. Ungläubig blätterte er zurück.
„9. August. Starke Winde machen uns zu schaffen. Wir werfen erst zur Morgenwache um 1 Glasen Anker vor Rockys Schlafzimmer.“
Da, schon wieder sein Name! Die seltsamen Einträge gingen endlos weiter. Offensichtlich war das heute nicht der erste Besuch dieses Typen in seinem Zimmer.
„20. Juli. Der Junge schläft ruhig.
Später ein Albtraum 3. Grades.“
„9. Juli. Rocky schläft unruhig. Albtraum 5. Grades.“
„12. Juni. Bewegungsloser Schlaf. Albtraum 4. Grades.“
„1. Juni. Albtraum 6. Grades.“
„9. Mai. Albtraum 7. Grades.“
Rocky richtete sich auf. Jetzt war ihm wirklich übel. In seinem Kopf drehte sich alles.
Pock, pock. Das Schiff sackte plötzlich leicht nach unten durch. Der Typ war an Bord gesprungen! Jetzt musste es schnell gehen. Der Käfig! Vielleicht konnte er sich dort verstecken? Rocky sprintete los, doch das rechteckige Ding war leider schon besetzt. In der Dunkelheit hatte er gar nicht bemerkt, dass hier ein massiges, pelziges Etwas lag.
Es hob den Kopf und brummte bedrohlich: „Leschnikov? Bist du das?“
Rocky drehte sich blitzschnell um und sprang kopfüber in das Fass mit den stinkenden Fischen. Keine Sekunde zu früh, denn in dem Augenblick kam der Typ mit dem Arschknödel die Treppe herunter.
„Mopsen! Wir können Anker lichten!“
„Das ging schnell.“ Das pelzige Etwas richtete sich auf und Rocky erkannte, dass es sich um einen gigantischen Eisbären handelte. Aber das war kein gewöhnlicher Eisbär, wie man sie vom Nordpol kennt. Eine fürchterliche Narbe lief quer über sein Gesicht. Sein Fell war zerzaust und die Tätowierung einer seltsamen Frau zierte seinen kräftigen Oberarm. Nur die albern gepunktete Hose passte irgendwie so gar nicht zu seinem Furcht einflößenden Äußeren.
„Das wird der GaD nicht gefallen, Leschnikov“, brummte der Bär.
„Ich kann nichts machen. Er träumt, was er träumt“, entgegnete der Typ, der
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