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Die Insel der besonderen Kinder

Die Insel der besonderen Kinder

Titel: Die Insel der besonderen Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ransom Riggs
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ähm … Geschichte wegen Großvater.«
    Niemand wusste, wie man es nennen sollte. Meine Krankheit.
    »Akute Stressreaktion«, sagte ich.
    »Was?«
    »So nennt sich das, was ich hatte.
Habe.
Wie auch immer.«
    Onkel Bobby winkte ab, als könne er damit alles Unangenehme verschwinden lassen. »Deine Mom und ich haben uns etwas überlegt. Wie wäre es, wenn du diesen Sommer hoch nach Tampa kommst, um dir die Arbeit im Familienbetrieb anzusehen? Wir beide werden uns im Hauptquartier ein bisschen den wichtigen Themen widmen. Es sei denn, du räumst lieber Regale ein!« Er lachte so laut, dass ich unwillkürlich einen Schritt zurückwich. »Du kannst bei uns wohnen und am Wochenende mit mir und deinen Cousins zum Angeln rausfahren.« Danach beschrieb er fünf Minuten lang seine neue Yacht, verstieg sich in ausführlichen, beinahe schon obszönen Details, als wäre dies ausschlaggebend, um den Deal perfekt zu machen. Als er fertig war, grinste er und hielt mir die Hand hin, damit ich einschlug. »Also, was denkst du, J-dogg?«
    Das Angebot war so geplant worden, dass ich nicht ablehnen konnte, dabei hätte ich den Sommer lieber in einem sibirischen Arbeitslager verbracht, als bei meinem Onkel und seinen verwöhnten Bälgern zu wohnen. Im Hauptquartier von Smart Aid zu arbeiten, ließ sich auf Dauer nicht vermeiden, aber ich hatte gehofft, dass mir noch ein paar Sommer der Freiheit und vier Jahre am College bleiben würden, bevor ich in den goldenen Käfig klettern musste. Ich zögerte und dachte angestrengt darüber nach, wie ich mich würdevoll aus der Affäre ziehen konnte. Da mir nichts anderes einfiel, sagte ich: »Ich bin nicht sicher, ob mein Psychiater das momentan für eine gute Idee hält.«
    Onkel Bob zog die buschigen Augenbrauen zusammen, nickte nachdenklich und sagte: »Oh, sicher, natürlich, wir entscheiden es einfach spontan, Kumpel, in Ordnung?« Ohne die Antwort abzuwarten, marschierte er davon und tat so, als hätte er am anderen Ende des Zimmers den Nächsten entdeckt, den er am Ellbogen in eine Ecke ziehen musste.
    Meine Mutter verkündete, dass es an der Zeit sei, die Geschenke auszupacken. Sie bestand stets darauf, dass ich das vor den Augen aller tat. Für mich ist das ein Riesenproblem, weil ich, wie gesagt, ein miserabler Lügner bin. Folglich bin ich auch nicht sonderlich gut darin, Dankbarkeit zu heucheln für die weiterverschenkten CDs mit Country-Weihnachtsmusik oder für Abonnements des Outdoor-Magazins
Field and Stream
 – Onkel Les unterlag seit Jahren dem rätselhaften Irrtum, ich sei ein »Naturbursche«. Aus Höflichkeit zwang ich mich zu lächeln und hielt jedes ausgepackte Geschenk hoch, damit es alle sehen konnten. Schließlich war der Stapel auf die letzten drei Geschenke zusammengeschrumpft.
    Ich öffnete das kleinste zuerst. Darin befand sich der Schlüssel zu dem vier Jahre alten Wagen meiner Eltern, einem schicken Sedan. Mom erklärte mir, dass sie ein neues Auto bekämen und mir deshalb das alte vermachten. Mein erstes Auto! Viele Ohs und Ahs wurden laut, und ich spürte, wie mir das Blut in die Wangen schoss. Ich kam mir vor wie ein Angeber, weil ich vor Rickys Augen ein so großzügiges Geschenk annahm. Sein Wagen hatte weniger gekostet, als mein monatliches Taschengeld als Zwölfjähriger betrug. Meine Eltern wollten, dass mir Geld etwas bedeutete. Aber das tat es nicht. Andererseits ist das leicht gesagt, wenn man immer genug zur Verfügung hat.
    Das nächste Geschenk war die Digitalkamera, um die ich meine Eltern den ganzen Sommer über gebeten hatte. »Wow«, sagte ich und wog sie in der Hand. »Die ist spitze.«
    »Ich plane ein neues Vogelbuch«, sagte Dad. »Und ich dachte, du könntest vielleicht die Fotos dafür schießen.«
    »Ein neues Buch!«, rief Mom. »Das ist eine wunderbare Idee, Frank. Hey, was ist eigentlich aus dem letzten Buch geworden, an dem du gearbeitet hast?« Sie hatte schon ein paar Gläser Wein getrunken.
    »Ein paar Stellen muss ich noch überarbeiten«, sagte er leise.
    »Verstehe«,
antwortete sie. Irgendwo hörte ich Onkel Bob kichern.
    »Okay!«, sagte ich laut und schnappte mir das letzte Paket. »Das hier ist von Tante Suzie.«
    »Eigentlich«, sagte sie, während ich das Geschenkpapier aufriss, »ist es von deinem Großvater.«
    Ich erstarrte mitten in der Bewegung. Plötzlich war es totenstill im Raum. Alle sahen Tante Suzie an, als hätte sie den Namen eines bösen Geistes beschworen. Mein Dad bekam schmale Lippen, und Mom stürzte

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