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Die Insel der besonderen Kinder

Die Insel der besonderen Kinder

Titel: Die Insel der besonderen Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ransom Riggs
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in mir auf.

    Als ich den Anblick der Fotos nicht länger ertragen konnte, klappte ich das Album zu.
    »Ich erzähle dir all das, weil es dein Geburtsrecht ist, es zu erfahren«, sagte Miss Peregrine. »Aber auch, weil ich deine Hilfe brauche. Du bist der Einzige von uns, der sich außerhalb der Zeitschleife bewegen kann, ohne Misstrauen zu erregen. Solange du bei uns bist und zwischen den Welten wechselst, brauche ich dich, um nach Neuankömmlingen auf der Insel Ausschau zu halten und mir davon zu berichten.«
    »Gerade gestern ist jemand aufgetaucht«, sagte ich und dachte an den Vogelbeobachter, über den sich Dad so aufgeregt hatte.
    »Hast du seine Augen gesehen?«, fragte sie.
    »Nicht richtig. Es war dunkel, und er trug einen breitkrempigen Hut, der den Großteil seines Gesichts verdeckte.«
    Miss Peregrine kaute nachdenklich auf ihrem Fingerknöchel herum und zog die Augenbrauen hoch.
    »Glauben Sie, er könnte einer von denen sein?«
    »Man kann nie sicher sein, solange man nicht die Augen gesehen hat«, antwortete sie. »Aber dass dir womöglich jemand zu dieser Insel gefolgt ist, beunruhigt mich sehr.«
    »Wie meinen Sie das? Dass mir ein Wight gefolgt ist?«
    »Vielleicht genau der, den du in der Todesnacht deines Großvaters gesehen hast. Das würde erklären, warum sie dein Leben verschont haben – damit du sie zu einem ergiebigeren Ort führst: hierher.«
    »Aber woher konnten die wissen, dass ich so bin wie ihr? Das wusste
ich
ja nicht einmal!«
    »Wenn sie von deinem Großvater wussten, kannst du sicher sein, dass sie auch über dich Bescheid wussten.«
    Ich dachte an die vielen Gelegenheiten, bei denen sie mich hätten töten können. In all den Wochen nach Grandpa Portmans Tod hatte ich gespürt, dass sie da waren. Hatten sie mich beobachtet? Darauf gewartet, dass ich genau das tun würde, was ich schließlich auch tat – hierherkommen?
    Ich fühlte mich überfordert und stützte den Kopf in die Hände. »Ich nehme nicht an, dass Sie mich einen Schluck von dem Wein trinken lassen?«, fragte ich.
    »Auf keinen Fall.«
    Plötzlich spürte ich einen Kloß im Hals. »Werde ich je irgendwo sicher sein?«, fragte ich.
    Miss Peregrine berührte mich an der Schulter. »Hier bist du sicher«, sagte sie. »Und du kannst bei uns bleiben, solange du willst.«
    Ich versuchte etwas zu sagen, brachte jedoch nur ein mühsames Stottern zustande. »Aber ich … ich kann nicht … meine Eltern …«
    »Sie mögen dich lieben«, flüsterte sie, »aber sie werden dich nie verstehen.«
    * * *
    Als ich ins Dorf zurückkehrte, warf die Sonne bereits die ersten langen Schatten über die Straßen, und die allnächtlichen Betrunkenen torkelten auf dem Heimweg an den Laternenmasten vorbei. Fischer in ihren schweren schwarzen Gummistiefeln trotteten zum Hafen, und mein Vater erwachte gerade aus seinem tiefen Schlaf. Als er hörbar aus dem Bett stieg, kroch ich in meins und zog die Decke über die sandigen Klamotten. Nur Sekunden später öffnete Dad die Tür, um nach mir zu sehen.
    »Alles in Ordnung?«
    Ich stöhnte und drehte mich zur Seite. Er ging hinaus. Als ich am späten Nachmittag erwachte, fand ich eine mitfühlende Nachricht und eine Packung Magentabletten auf dem Tisch. Ich lächelte und hatte einen Moment lang ein schlechtes Gewissen, weil ich am Abend zuvor den Kranken gemimt hatte. Und dann begann ich mir Sorgen zu machen, weil er mit seinem Notizbuch und dem Fernglas auf der Insel herumspazierte, womöglich in Gesellschaft des schafemordenden Verrückten.
    Ich rieb mir den Schlaf aus den Augen, zog eine Regenjacke an, ging erst eine Runde durchs Dorf und dann längs der umliegenden Klippen und Strände. Ich hoffte, entweder meinen Vater oder diesen sonderbaren Ornithologen zu entdecken – und einen Blick in seine Augen werfen zu können. Aber ich fand keinen der beiden. Es dämmerte schon fast, als ich schließlich aufgab und zum Priest Hole zurückkehrte. Dort fand ich meinen Vater an der Theke, wo er mit den Stammgästen Bier trank. Seinem glasigen Blick nach zu urteilen, musste er schon eine Weile hier sein. Ich setzte mich neben ihn und fragte, ob er den bärtigen Vogelfreund gesehen habe. Er verneinte.
    »Falls er dir begegnet«, sagte ich, »tu mir den Gefallen und halte dich von ihm fern. Okay?«
    Dad warf mir einen sonderbaren Blick zu. »Warum?«
    »Ich trau ihm nicht. Vielleicht ist er verrückt. Wenn
er
nun die Schafe getötet hat?«
    »Was bringt dich auf so absurde Ideen?«
    Ich wollte es

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