Die Insel der Roboter
seinen Mißerfolg als eine mögliche Variante einkalkuliert hat. Und seinen Mann an der Uni haben wir ja schon geschnappt – den Brasilianer.«
Wir saßen immer noch am Rand des Tales auf ein paar Steinen. In diesem Augenblick trat die Kollegin aus der Telefonzentrale ins Freie, sah sich um und winkte uns zu. In der Hand trug sie einige Blätter, die anscheinend für uns bestimmt waren.
Werner Frettien sprang auf, lief ihr entgegen und nahm ihr das Fernschreiben ab. Lesend kam er zurück.
»Wirklich sehr seltsam!« sagte er. »Die Genossen haben bei der weiteren Vernehmung festgestellt, daß der Attentäter den unmittelbaren Einsatzbefehl in einer Mittagssendung eines amerikanischen Senders bekam, getarnt als Ansage. Sie haben sich nun den Mitschnitt besorgt und festgestellt, daß die Ansage konkrete Tatsachen enthielt, nämlich, daß der Wagen des Professors abgefahren sei und der Professor auf der hinteren Bank sitze. Das wurde – Moment mal – ungefähr zehn Minuten nach unserer Abfahrt gesendet.«
»Da hat der Gegner«, meinte Horst Heilig bedächtig, »in dem Bestreben, seine hiesigen Verbindungen nicht zu gefährden, doch einen Fehler gemacht.« Er sah uns nachdenklich an. »Nein, gleich zwei Fehler!« korrigierte er sich.
Werner Frettien nickte.
»Ich finde es unfair, daß ihr mich immer raten laßt«, sagte ich. »Wo ich doch nicht aus der Branche bin!«
»Erstens heißt das«, erklärte Horst Heilig, »daß der Chef der Gruppe noch drüben ist, denn eine untergeordnete Figur kann solche Geschichte nicht koordinieren, dazu sind große Vollmachten nötig. Und zweitens –«
»Zweitens«, fiel Werner Frettien ein, »werden wir mit der Nase darauf gestoßen, über die Informationskanäle des Gegners nachzudenken. Kuriere scheiden aus, sogar das Telefon scheidet aus, nicht nur aus Sicherheitsgründen, sondern auch rein zeitlich. Bleibt der Funk. Aber der Funkverkehr wird kontrolliert, einen illegalen Sender gibt es hier nicht. Selbst wenn heute zum erstenmal gesendet worden wäre, hätte uns die Funküberwachung schon informiert. Ich meine, wenn der Sender in diesem Gebiet gestanden hätte. Trotzdem frage ich mal nach.«
Um das vorwegzunehmen: Die Nachfrage blieb ergebnislos.
»Gehen wir mal von der anderen Seite heran«, schlug Horst Heilig vor. »Wenn der Chef noch drüben ist – wer hat dann hier die Informationsübermittlung geleitet?«
»Wahrscheinlich doch der stellvertretende Platzwart. Er dürfte zur Zeit der hiesige Kopf sein.« Werner Frettien erhob sich. »Ich werde mich mal erkundigen, was er um die Zeit getrieben hat.«
»Warte noch«, sagte Horst Heilig, »laß uns noch ein bißchen nachdenken.«
Ich hatte schon nachgedacht und war zu dem Schluß gekommen, daß jede Informationsübermittlung, die nicht auf dem üblichen, also postalischen Weg erfolgte, einen gewissen apparativen Aufwand nötig machte, und der mußte ja irgendwie getarnt sein.
»Was hat denn der Mann für Hobbys?« fragte ich.
»Er fotografiert«, antwortete Werner, »Blumen und kleine Viecher und so was.«
»Na, die Fotoapparate möcht’ ich sehen!« sagte ich.
Horst Heilig starrte mich an, als hätte ich eine große Weisheit von mir gegeben.
»Das Vergnügen sollst du haben!« sagte er schließlich. »Du wirst mit Werner bei ihm einbrechen!«
Der Professor hatte darauf bestanden, daß ich dabei war: Anton sollte der Strom gesperrt werden. Er hatte tatsächlich, wie wir schon im voraus befürchtet hatten, den Auftrag ignoriert, die Arbeit einzustellen, und die Strecke weiter vorgetrieben.
Alle warteten gespannt, was beim Schichtwechsel passieren würde. Eigentlich war diese Spannung sinnlos, denn was konnte der Storo tun, wenn er keinen Strom bekam? Doch nur am Kontakt bleiben! Er hatte dann nur noch für eine Viertelstunde Antriebsenergie! Aber anscheinend ging es den anderen wie mir – jeder erwartete oder befürchtete irgendwelche Überraschungen.
Anton kam pünktlich zum Kontaktstern. Als er bemerkte, daß kein Strom floß, löste er den Kontakt, untersuchte ihn und stellte ihn wieder her. Dann hielt er ungefähr eine Minute still.
Die Spannung wich. Die ersten Bemerkungen wurden ausgetauscht, und da – da löste Anton den Kontakt wieder, ging zielsicher zu verschiedenen Geräten, baute daran herum, entnahm ihnen dieses und jenes Teil…
»Was macht er denn da?« fragte der Professor versunken, als sei er allein. Niemand konnte ihm antworten.
Die Zeit verstrich, und der Storo manipulierte immer
Weitere Kostenlose Bücher