Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Insel der Roboter

Die Insel der Roboter

Titel: Die Insel der Roboter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
Vom Netzwerk:
festumrissene Aufträge, für die der Raum, in dem sie sich befinden, nur den Rahmen bietet. Aber bei Anton entstehen gleich zwei Probleme.
    Das erste ist, daß er eine Arbeit ausführt, bei der die kontinuierliche Erweiterung des Raums, also der geometrischen Grenzen seines Umweltmodells, in eben dieses Modell eingeht. Mich quält der Gedanke, ob damit nicht das Prinzip der Eingrenzung verletzt wird. Dabei muß man noch gar nicht mal soweit denken – auch in der normalen Produktion dieser Art ist es doch notwendig, daß das Leitgerät das Tempo bestimmt. Vielleicht darf man den Storos solche Art Aufträge gar nicht stellen? Das wäre aber eine arge Einschränkung ihrer Verwendbarkeit! Darüber wollte ich Sie bitten nachzudenken.«
    »Und das zweite Problem?«
    »Hängt damit zusammen, ist aber komplizierter. Es wurde erwogen, den Tempovorsprung von Anton dadurch auszugleichen, daß man ihm in einigen Fächern weiteren Unterricht erteilt.«
    »Das ist doch ein guter Gedanke!« rief ich.
    »Ja, das dachten wir zuerst auch. Aber wächst dadurch nicht die Gefahr – wirklich, ich sage jetzt schon: Gefahr – einer parallelen Optimierung? Oder sogar mehrerer?«
    »Das ist allerdings möglich«, gab ich zu.
    »Und möglich ist auch das Gegenteil«, sagte der Professor. »Ich – ausgerechnet ich – muß Ihnen dazu jetzt mit einem menschlichen Vergleich kommen. Wenn man studiert, richtig intensiv, dann gibt es doch häufig folgenden Effekt: In dem Maße, wie das Wissen wächst, sinkt die Anwendbarkeit des Wissens. Natürlich nur bis zu einem gewissen Punkt, bis man eine neue Qualität erreicht. Das hängt damit zusammen, daß man den eigenen Schlußfolgerungen auf Grund des neuerworbenen Wissens viel kritischer gegenübersteht. Es fragt sich nun, ob man diesen Effekt beim Storo steuern kann oder ob man mit zusätzlichen Kenntnissen, etwa mit solchen, die ein langsameres Arbeiten begründen könnten und damit diesen Auftrag für das innere Umweltmodell annehmbar machen – ob man mit solchen zusätzlichen Kenntnissen unter allen Umständen Möglichkeiten für parallele Optimierung aufbaut. Oder noch anders ausgedrückt: Welche Möglichkeiten in der parallelen Optimierung überhaupt stecken. Das ist die zweite Denkaufgabe, die ich Ihnen stellen möchte. Und nun eilen Sie zum Genossen Heilig, damit er nicht ungeduldig wird!«
    Denkaufgabe! Meine Gehirnzellen arbeiteten sowieso schon auf Hochtouren, und nun noch dies: Prinzip der Eingrenzung – parallele Optimierung – schöpferische Krise beim Studium… Also ganz hatte ich nicht verstanden, was der Professor wollte. Ich nahm mir vor, wenn ich überhaupt dazu käme, wollte ich nicht allein an die Lösung dieser Denkaufgaben gehen – am besten, ich würde mich bei Gelegenheit mit Nora unterhalten, Arbeitsprozesse waren ja ihr Spezialgebiet. Aber war es überhaupt nötig, daß ich mir jetzt den Kopf darüber zerbrach? Der Professor mußte doch Grund haben, mich mit einzuspannen, er würde es sonst wohl nicht auf einen Streit mit Horst Heilig ankommen lassen! War die ganze Sache so gewichtig? Waren die Storos etwa tatsächlich im Begriff, sich unserer Kontrolle zu entziehen?
    Ach, Unsinn – auch ein Auto zu steuern muß man erst lernen, und um wieviel schwieriger ist die Steuerung einer so komplizierten Maschine, wie die Storos sie darstellen, noch dazu, wo es dafür keinen Fahrlehrer gibt!
    Ich trat aus dem Stollen heraus, und der helle Tag wischte den Kleinmut hinweg. Dafür war mir jetzt das Verhalten des falschen Ingenieurs neulich etwas verständlicher geworden. Wenn sogar bei mir plötzlich solche pessimistischen Gedanken auftauchen konnten…, aber nein, das war wohl doch ein unpassender Vergleich. Zweifel gehört zur Arbeit, das ist etwas anderes, als wenn der Zweifel zur Weltanschauung wird.
    Übrigens blieb mir keine Zeit, länger solchen Gedanken nachzuhängen. Die Genossen, die den Attentäter verhört hatten, hatten uns das Protokoll durchgegeben, und Horst Heilig gab es mir zu lesen.
    »Ziemlich nichtssagend«, brummte ich enttäuscht, als ich es überflogen hatte. »Er gibt keine Verbindung preis.«
    Werner Frettien grinste, und Horst Heilig erläuterte: »Da bin ich anderer Meinung!«
    Ich las mir das Protokoll noch einmal durch. Der Attentäter hatte zunächst auf alle Fragen geschwiegen. Als man ihm offiziell mitteilte, daß niemand verletzt worden sei und daß folglich für ihn die Chance bestehe, durch klare und richtige Aussagen seine Lage zu

Weitere Kostenlose Bücher