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Die Insel der Roboter

Die Insel der Roboter

Titel: Die Insel der Roboter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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das Band gesteuert wird, ist dann kein Kunststück mehr.«
    Ich war eigentlich fertig mit meinem Vortrag, aber da ich sah, daß Werner Frettien sich anschickte, Einwände zu erheben, fügte ich noch schnell einen Gedanken hinzu, der mir im gleichen Moment kam: »Und natürlich muß die Anlage sich voll einschalten, sobald eine Schranke gestört wird. Dann kann man auch den weiteren Weg des Eindringlings verfolgen.«
    »Aber null Komma acht Prozent Wahrscheinlichkeit besteht, daß er durchkommt«, sagte Werner Frettien. »In acht von tausend Fällen also. Und dann noch was.« Er lächelte ironisch. »Soviel ich aus meiner Schulzeit behalten habe, realisiert sich die Wahrscheinlichkeit nach dem Gesetz der großen Zahl in einer Million oder einer Milliarde Fälle, also werden diese null Komma acht Prozent annähernd erreicht. Aber kein Mensch kann sagen, ob nicht schon der erste, zweite oder dritte Versuch gelingt. Gelingen aber darf der Versuch auf keinen Fall!«
    Horst Heilig, der während dieses Einwands den Wachleiter angeblickt hatte, sah mich an. Ich nahm das als Aufforderung zum Sprechen.
    »Es kommt nie etwas dabei heraus, wenn sich der Mensch zum Sklaven der Technik macht«, sagte ich. »Wenn ich Sie überzeuge, natürlich zunächst theoretisch, in einem Gedankenexperiment, daß ich beim jetzigen Zustand des Sperrwerks mit ziemlich hoher Wahrscheinlichkeit unentdeckt ins Tal komme – würden Sie dann meinem Vorschlag zustimmen?«
    Werner Frettien lächelte. »Einverstanden. Da bin ich aber gespannt, wie Sie das anstellen wollen.«
    »Ich mache folgende Voraussetzungen. Erstens: Wir haben festgestellt, daß es beim jetzigen Zustand des Sperrwerks außer im hohen Winter ziemlich häufig Alarm geben wird, wahrscheinlich sogar mehrmals am Tage. Da wir das mit unseren Kräften nicht durchhalten, werden wir gezwungen sein, Alarmstufen einzuführen, etwa so, daß wir bei einmaliger Unterbrechung einer Schranke nur eine gewisse Bereitschaft anordnen, die wieder aufgehoben wird, wenn weiter nichts erfolgt. Irgend etwas in der Art werden wir jedenfalls tun müssen.
    Zweitens: Ich kann auch als Außenstehender, als Gegner, diesen Umstand schlußfolgern, sobald ich zwei Dinge weiß – daß hier ein System von Lichtschranken existiert und wie stark ungefähr die Wachmannschaft ist. Sie haben mehr Erfahrung als ich und müssen besser wissen, ob der Gegner das herausbekommen kann oder nicht. Sie nicken? Gut. Oder vielmehr schlecht für uns. Denn nun mache ich als Gegner folgendes: Ich klettere etwa mittags über den Zaun, laufe ein paar Schritte und lege mich dann hin. Vielleicht habe ich eine Lichtschranke gestört, aber das ist mir gleich, denn nach einer halben oder vollen Stunde wird die Alarmbereitschaft wieder aufgehoben. Nach zwei Stunden laufe ich wieder ein Stück und lege mich hin. Und so bin ich gegen Abend am Rande des Tals. Ich brauche dazu nichts als Geduld und, zugegeben, ein klein bißchen Glück, daß ich mich nicht gerade direkt in eine Lichtschranke lege.«
    Werner Frettien kaute an seinen Lippen.
    »Geben Sie sich geschlagen«, riet Horst Heilig ihm. »Das ist alles völlig logisch aufgebaut, man merkt, daß Genosse Doktor Tischner von Berufs wegen Strategien ausknobelt. Aber am wichtigsten scheint mir doch die Bemerkung über Sklaverei und Technik. Wenn man Technik einsetzt, muß man sie immer für den gegebenen Zweck und die konkreten Bedingungen modifizieren. Sie wissen ja, daß allgemein die Bedeutung des Rationalisierungs- und Neuererwesens steigt, je komplizierter die Technik wird, und daß alle primitiven Auffassungen, das Gegenteil sei der Fall, längst widerlegt sind. Ich spreche jetzt sozusagen in den Kategorien, die mir beruflich näherliegen. Wir wollen also jetzt nicht mehr streiten, sondern versuchen, noch mehr Vorschläge zusammenzutragen, wie wir die Technik den Aufgaben anpassen können. Doktor Tischner ist doch sicherlich nicht der Meinung, daß sein Vorschlag die einzige Möglichkeit ist und schon alle Probleme löst?«
    »Natürlich nicht!« beteuerte ich, aber ich fühlte mich dabei ertappt – bisher war ich so von meinem Gedanken in Anspruch genommen gewesen, daß ich an die Möglichkeit anderer Ideen noch gar nicht gedacht hatte.
    Aber ich überwand diese kleine Verlegenheit schnell. Die Unterstützung, die in Horst Heiligs Bemerkung lag, bewirkte, daß ich mich nicht mehr so klein und winzig fühlte wie anfangs. Der Erfolg beflügelte mich, mir fiel gleich noch etwas ein.
    »Man

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