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Die Insel der Roboter

Die Insel der Roboter

Titel: Die Insel der Roboter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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Freude bereitet; mir war, ehrlich gesagt, ein wenig bange, ob ich dieser großen Verantwortung im Klassenkampf, die mir da auferlegt worden war, gerecht werden würde: ob sich der General und Horst Heilig nicht in mir geirrt hatten; denn hier, das war mir inzwischen klar, gab es keine Probezeit, kein mehr oder weniger gutes Abschneiden, sondern nur entweder Erfüllung oder Versagen.
    Dieser Gedanke versetzte mich in eine Art harte Erregung, und ich nahm fast gierig die erste Gelegenheit wahr, wo ich mein Wissen und meine Kenntnisse zum Nutzen der Sache anwenden konnte. Das war wenig später in unserem gemeinsamen Arbeitszimmer in dem einstöckigen Typenleichtbau, in den binnen kurzem auch die anderen Mitarbeiter der INSEL einziehen sollten.
    »Also, was war los?« fragte Horst Heilig.
    Werner Frettien breitete einen Plan der INSEL aus. Das eingezäunte Gebiet sah ungefähr aus wie ein Brot, dessen Kruste oben in Längsrichtung aufgebrochen ist. Der leicht gewundene Spalt bildete das Tal, in dem das Arbeits- und Wohngebäude lag und von dem aus der Stollen eines vor Jahrzehnten stillgelegten Bergwerks in den Felsen getrieben war. An einem Ende des Spalts befand sich das Doppeltor, durch das wir gekommen waren, das andere Ende mündete in einen alten Wanderpfad, der an der nächsten Kreuzung gesperrt und von da bis zum Zaun mehrfach verbarrikadiert war. Innerhalb des Zauns stieg das Gelände überall an bis zum Rand des Tals, das stellenweise mehr eine Schlucht war mit schroffen Wänden. Bis auf das Tal war das gesamte eingezäunte Gelände mit Hochwald bestanden. Das war ein Nachteil für die Sicherung des Objekts, den man hatte in Kauf nehmen müssen und den die Projektanten hatten ausgleichen wollen durch ein umfangreiches Sperrwerk – so jedenfalls lautete der Ausdruck, den Werner Frettien dafür gebrauchte. Dieses Sperrwerk bestand aus einer Unmenge von Lichtschranken. Jeder, der etwa den Zaun überstiegen hätte und sich auf das Tal zubewegen wollte, mußte mindestens sieben Lichtschranken durchbrechen. Jeder Durchbruch würde Alarm auslösen, und der Diensthabende konnte an Hand der unterbrochenen Lichtschranken ziemlich genau feststellen, wo sich der Eindringling befand und wohin er sich bewegte.
    Heute nachmittag hatte es Alarm gegeben, aber die Wachmannschaft, die sich vorsichtig der unterbrochenen Lichtschranke genähert hatte, fand niemanden – nur die frische Spur eines Eichhörnchens im Schnee, das den Baum hinaufgelaufen war und dabei wahrscheinlich die Infrarotquelle der Lichtschranke einen Moment abgedeckt hatte. Wenig später entdeckten sie dann auch den Übeltäter, der ganz unzeitgemäß den Wald durchstreifte, statt zu schlafen.
    »Das ist alles am grünen Tisch geplant und nicht zu Ende gedacht«, schloß Werner Frettien seinen Bericht, »und bei der ersten Gelegenheit stellt sich heraus, daß es nichts nützt. Ich denke mit Grauen an das Frühjahr, wenn alles kribbelt und krabbelt, da löst vielleicht jeder Maikäfer Alarm aus, und dann brauch’ ich genau so viele Leute, wie ich für einen regelmäßigen Posten- und Streifendienst gebraucht hätte, aber nein, da hieß es: keine Leute, und: Sie haben da ein zuverlässiges und bewährtes Sperrsystem! Entschuldigen Sie, aber – das ist doch ärgerlich!«
    »Das modernste ist das ja nun wohl nicht«, sagte Horst Heilig. »Lichtschranken gibt es doch seit mehr als einem halben Jahrhundert!«
    »Eben!« antwortete Werner Frettien noch im gleichen, verdrossenen Ton, aber dann besann er sich und sagte etwas ruhiger: »Die Ausführung ist wohl neu, sehr wetterbeständig, wurde mir versichert, und dann der ganze Schalt- und Anzeigeteil. Ich weiß ja nicht, vielleicht hab’ ich nur nicht genug Ahnung davon?«
    »Mit solcher Technik muß man sich immer erst einarbeiten«, bemerkte Horst Heilig. Dann wandte er sich zu mir: »Haben Sie eine Idee?«
    »Erst mal eine Frage«, sagte ich. »Was ist eigentlich genau die Aufgabe des Sperrwerks?«
    Werner Frettien betrachtete mich mit dem fassungslosen Staunen, mit dem vielleicht ein fanatischer Fußballanhänger einem Menschen gegenübersteht, der ihn fragt, warum die auf dem Spielfeld alle hinter einem einzigen Ball herlaufen.
    Horst Heilig dagegen lächelte, die Frage war offenbar nach seinem Geschmack. »Erklären Sie’s!« bat er Werner Frettien.
    Ich lenkte ein – es war ja nicht meine Absicht, den Wachleiter zu schockieren. »Ich könnte mir«, erläuterte ich, »folgende Varianten vorstellen. Erstens:

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