Die Insel der Roboter
war Horst Heiligs Stimme, er mußte wohl auf einen Sprung zu Werner Frettien gegangen sein, der vom Haus aus die Szene filmte. »Nichts Auffälliges«, sagte ich.
»Macht nichts. Filme weiter. Ich gehe jetzt wieder unter die Leute. Ende.«
Die Monteure beeilten sich wirklich, sie wollten mittags wieder zurück sein, so war es wenigstens vereinbart.
Als der letzte Lastwagen aus meinem Blickfeld verschwunden war, ging Sepp Könnecke zum Stolleneingang. Die Tür öffnete sich, heraus kamen unsere Leute und begannen die Maschinen in den Stollen zu schieben.
Ich blickte zum Himmel – gleich würde es wieder Regen geben, aber das sollte mich nicht mehr interessieren, ich hatte ja meinen Film im Kasten. Ob er uns mehr verraten würde als das bloße Auge?
Wir hatten uns die beiden Filme wohl drei- oder viermal angesehen – und nichts entdeckt. Keiner benahm sich auffällig, versuchte in allen Ecken herumzuschnüffeln oder hantierte mit irgendwelchen Geräten, die eine Miniaturkamera enthalten konnten.
»So kommen wir nicht weiter«, stöhnte Horst Heilig. »Ruhen wir die Augen ein bißchen aus, und denken wir flach.«
Stumm und mit gesenkten Köpfen saßen wir da. Für mich war das ein schreckliches Gefühl. Wir hatten dem Gegner eine Chance gegeben, scheinbar, um sie selbst besser zu nutzen als er, und nun war uns das nicht gelungen!
Oder war der Gegner gar nicht erschienen? Das würde aber bedeuten, daß er begonnen hatte, dem Kontakt Nora zu mißtrauen, und das wäre fast noch schlimmer!
»Es hilft nichts«, sagte Horst Heilig nach einer Weile, »wir müssen die Bewegungen jeder einzelnen Person von Anfang bis Ende gesondert aufzeichnen. Das heißt, nicht jeder Person, wir beschränken uns zunächst auf die Leute, die nach der Nora-Information für diese Aufgabe benannt wurden, das heißt also, deren Teilnahme nicht schon vorher feststand.«
»Das sind fünf Mann«, sagte Werner Frettien.
»Na, das wird ja wohl ohne Computer zu schaffen sein!«
Ich will nun hier nicht schildern, wie wir viele Stunden lang mühsam und mit äußerster Genauigkeit das Verhalten der fraglichen Personen auf Grundrißblättern der INSEL rekonstruierten. Ich muß sagen – als wir das geschafft hatten, war ich so erschöpft wie selten. Aber Horst Heilig duldete keine Pause.
»Wir diskutieren jetzt jede einzelne Bewegung jedes dieser fünf vom Standpunkt der Motivierung!« ordnete er an.
Es war tief in der Nacht, als wir endlich auf ein Verhalten stießen, für das sich aus der Anschauung allein keine Begründung finden ließ. Einer der Kraftfahrer hatte sich für kurze Zeit von den anderen getrennt, war ein paar Schritte in die Mitte des Tals gegangen, hatte sich dort umgedreht, als habe er etwas vergessen – und war zur Gruppe der Kraftfahrer zurückgekehrt. Ein harmloser Vorgang; nur, was wollte der Mann? Er wiederholte diesen Gang später nicht und trennte sich auch nicht wieder von den anderen.
»Das sehen wir uns jetzt noch mal an!« schlug Horst Heilig vor. Wir ließen den betreffenden Ausschnitt aus beiden Filmen laufen, sowohl aus dem von mir von oben aufgenommenen als auch aus dem von der Seite. Keinerlei Gerät war erkennbar, aber etwas anderes fiel uns jetzt auf: ein sonderbarer Gang. Wir vergrößerten den Ausschnitt und entdeckten zu unserer Verblüffung: Der Mann ging mit geschlossenen Augen. Als er anhielt, riß er die Augen weit auf, drehte sich langsam, schloß sie wieder und ging zurück. Wann er die Augen wieder öffnete, konnten wir nicht sehen, da wir ihn mit dem Rücken im Bild hatten. Auch der Abgang mit geschlossenen Augen war eine Schlußfolgerung aus dem Gang, den wir mit früheren und späteren Bewegungen derselben Person verglichen.
»Als ob er seine Augen als Kamera benutzt hätte!« sagte Werner. »Aber das ist doch viel zu unpräzise, was soll der Gegner damit anfangen! Und ein Glasauge wird er ja wohl nicht haben – als Kraftfahrer!« warf ich ein.
»Noch mal den ganzen Film, und achtet genau auf den Mann, vor allem zu Anfang!« befahl Horst Heilig.
Der Film war erst wenige Minuten gelaufen, als er ihn anhielt. Der vergrößerte Ausschnitt zeigte: Unser Mann nahm irgendeine Tablette. »Das ist es – Psychopharmaka. Für kurze Zeit wird die Aufnahmefähigkeit des Gehirns potenziert. Alles klar.«
»Greifen wir uns den Mann?« fragte Werner.
»Wir können ja mal nachfragen, aber ich wette, der ist nicht mal in Jena angekommen!«
Wie lange war es eigentlich her, daß sich die Storos noch
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