Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Insel der roten Mangroven

Die Insel der roten Mangroven

Titel: Die Insel der roten Mangroven Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
Vom Netzwerk:
schöne Stadt, sagen die Kaufleute. Und bislang gibt es dort lediglich einen weiteren niedergelassenen Arzt. Die Praxis wird also sicher florieren.«
    »Es ist nur so weit!«, brach es aus Nora heraus. »Ich mochte ja schon gar nicht daran denken, Deirdre vielleicht an die Nordwestküste zu verheiraten. Doch gleich nach Hispaniola! Fast zweihundert Meilen übers Meer …«
    Doug nahm sie in den Arm. »Wenn man überlegt, dass du dich einst bedenkenlos nach Jamaika verheiratet hast …« Er lächelte. »Dagegen ist Hispaniola ein Katzensprung. Ein paar Tage auf See, nicht mehr. Wir könnten sie jedes Jahr besuchen. Und … die Sache hätte auch ihr Gutes …« Letzteres klang etwas zögernd und genügte sofort, um Nora zu alarmieren. Sie reagierte sehr empfindlich auf alles, was mit Deirdre zusammenhing.
    »Du findest es wünschenswert, Deirdre fortzuschicken?«, fragte sie scharf.
    Doug schüttelte den Kopf und verdrehte die Augen. »Unsinn, Liebste! Du weißt, sie ist mein Augenstern, ich könnte keine leibliche Tochter mehr lieben, und ich würde Deirdre genauso schmerzlich vermissen wie du. Aber es ist … Komm, wir sollten einen Spaziergang machen, während wir darüber reden. DasWetter ist wunderschön, und ich habe in den letzten Tagen lange genug in Kontors und Schreibstuben herumgehockt.«
    Doug war von Natur aus kein Geistesarbeiter, er bevorzugte die Leitung der Plantage vor der Beratung seiner Klienten in Kingston. Das Studium der Rechte hatte er nur auf Befehl seines Vaters absolviert und nicht einmal ganz abgeschlossen. Wahrscheinlich hätte er den Beruf des Advokaten nie ausgeübt, hätte Elias Fortnam ihn nach seiner Rückkehr aus England nicht von allen Belangen der Plantagenführung ausgeschlossen. Doug hatte sich damals zwangsläufig eine andere Beschäftigung suchen müssen und sich einen so guten Namen als Experte für internationales See- und Handelsrecht gemacht, dass er kaum aufhören konnte. Zumindest nicht, ohne einflussreiche Leute vor den Kopf zu stoßen. Und das empfahl sich nicht, wenn man eine Tochter hatte wie Deirdre …
    Doug überlegte, wie er Nora seine Überlegungen schonend beibringen konnte, während die beiden die Treppen hinabstiegen und schließlich hinaus in den Garten traten. Wie immer empfand er die Anlagen als paradiesisch. Der letzte Regen war am frühen Morgen gefallen, jetzt öffneten die Orchideen ihre Blüten der Sonne. Die Blätter des Blauholzbaumes leuchteten um diese Jahreszeit hellgelb, Cascarilla- und Akkarabüsche überboten einander mit einer Pracht weißer Rispen.
    »Schau, Nora«, begann Doug, während Nora eine Orchideenblüte abpflückte und zwischen den Fingern zwirbelte. »Du sagst selbst, die Gesellschaft auf Jamaika neige dazu, Deirdre auszugrenzen …«
    »Auf einmal?«, spottete Nora. »Bis jetzt hast du das geleugnet …«
    Doug biss sich auf die Lippen. »Ich habe es geleugnet, weil ich wusste, dass es kein übergroßes Problem werden würde. Solange wir sie schützen, solange auch der Gouverneur es tut, kann ihr nichts geschehen. Ob wir es jetzt mit dem Ball forcierthätten oder nicht, auf Dauer hätte sich eine annehmbare Partie für Deirdre gefunden. Die jungen Männer sind ihr ja alle auf den ersten Blick verfallen, und die Eltern … sie hätten keinen Eklat riskiert.«
    »Und?«, fragte Nora, jetzt nicht mehr aufgebracht, sondern nur noch verwundert. »Warum willst du sie plötzlich lieber sonst wohin verheiraten?«
    »Weil ihre Geschichte natürlich bekannt ist!«, brach es aus Doug heraus. »Wir haben Deirdre als unsere Tochter aufgezogen, vor dem Gesetz auf Jamaika ist sie jedoch nichts anderes als eine freigelassene Sklavin. Wenn sie nun einen Weißen heiratet, und er will sie irgendwann loswerden …«
    »Aber warum sollte er sie loswerden wollen, warum …?« Nora rieb sich die Schläfe.
    »Warum, warum … Da gibt es doch tausend mögliche Gründe!«, ereiferte sich Doug und begann auch gleich, sie aufzuzählen. »Ihre selbstständige Art passt ihm nicht, nachdem die erste Verliebtheit abgeflaut ist. Er verliebt sich nach ein paar Jahren Ehe in eine Jüngere. Er verspielt sein Geld und spekuliert auf eine reiche Erbin. Deirdre schenkt ihm keine Kinder – oder schlimmer noch, seine Kinder werden mit tiefschwarzer Haut geboren …«
    »Deirdre ist hellhäutig, fast wie eine Weiße!«, wandte Nora ein.
    Doug verdrehte die Augen. »Das muss nicht auf ihre Kinder zutreffen. Schau, Nora, ich habe es dir nie gesagt, ich wollte

Weitere Kostenlose Bücher