Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Insel der roten Mangroven

Die Insel der roten Mangroven

Titel: Die Insel der roten Mangroven Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
Vom Netzwerk:
den Mangrovenwald. Sie hatte nicht gewusst, dass es in dem Dickicht aus Farnen und Palmen Wege gab, aber Jefe fand einen schmalen Pfad, gerade breit genug, damit der Leiterwagen passieren konnte. Das Eselchen mühte sich allerdings sehr ab, der Weg war nicht eben, sondern von Wurzeln durchzogen, auch schlammig nach dem fast täglich fallenden Tropenregen. Unter freiem Himmel trockneten Strand und Straßen stets schnell ab, sobald sich die Sonne wieder zeigte, doch durch das Gesträuch drang kaum Licht. Ohne die Laterne, die Jefe mitgebracht und entzündet hatte, hätten sich die beiden Abenteurer sicher verirrt oder den Weg gar nicht erst gefunden.
    »Wo gehen wir denn hin?«, fragte Bonnie, nachdem sie sich fast eine Stunde lang durch die Wildnis geschlagen hatten. Es war unheimlich, Bonnie fuhr jedes Mal zusammen, wenn ein Nachtvogel schrie oder irgendein Tier vor dem Licht ins Dickicht floh. »Und wie lange dauert das noch?«
    »Wir sind gleich da, keine Angst«, beruhigte Jefe sie. »Wir hätten auch am Strand entlanggehen können, aber dann wäre der Weg viel weiter gewesen. Das Schiff ankert in der nächsten Bucht, verstehst du?«
    »Das Schiff?«, fragte Bonnie. »Welches Schiff? Du …«
    »Bonnie! Was glaubst denn du, was für ein Schiff?« Jefe griff sich an den Kopf. »Also, dass wir zu einem Schiff wollen, mussdir doch wohl klar sein. Oder meinst du, wir versorgen hier die Waldgeister?«
    Bonnie biss sich auf die Lippen. Sie mochte es nicht, wenn Jefe sie behandelte, als wäre sie dumm. Natürlich hatte sie an ein Schiff gedacht, schon die Auswahl der Waren legte das ja nahe. Sie hatte jedoch wirklich nicht die leiseste Ahnung, warum ein Kapitän nicht den Hafen, sondern eine versteckte Bucht anlaufen sollte, um seine Vorräte aufzustocken.
    »Es sind natürlich Piraten«, verriet Jefe, als sich das Dickicht lichtete. Der Weg durch den Wald endete an einer Steilküste.
    »Piraten?«, fragte Bonnie völlig verblüfft. »Aber … aber die gibt’s doch gar nicht mehr! Haben sie Blackbeard und all die anderen nicht gehenkt? Ich dachte, ich dachte, das wäre vorbei …«
    »Nicht ganz.«
    Jefe zerrte das müde Eselchen auf einen Uferweg. Er führte entlang der Steilküste bergab und endete in einer Bucht. Bonnie erkannte nun auch einen vor Anker liegenden Dreimaster. Das Schiff war so tief in die Bucht hineingefahren, dass es vom offenen Meer aus nicht zu entdecken war.
    »Da … da ist es! Da ist es tatsächlich!«
    Bonnie konnte es immer noch kaum glauben. Im Schein des Mondlichts lag ein nicht sehr großer, jedoch stolzer Segler. Seine Besatzung hatte zumindest teilweise zum Strand übergesetzt, dort lagen Ruderboote, und es glommen Feuer. Angst vor Entdeckung schienen die Piraten nicht zu haben. Wahrscheinlich benutzten sie dieses Versteck öfter.
    »Natürlich ist es da«, bestätigte Jefe diese Annahme. »Es ist immer da. Wir beliefern den Captain schon ewig. Ein- oder zweimal im Jahr ankert er hier. Und er hätte auch …«, Jefe biss sich auf die Lippen und gab eine Art Schniefen von sich, bevor er weitersprach, »… er hätte meinen Daddy mitgenommen. Meine Mom hatte Daddy von der Mermaid erzählt – und vom Captain.Deshalb wollte er es noch mal probieren mit der Flucht. Aber dann haben ihn die Schweine ja erschossen …« Jefe wischte sich kurz über die Augen. »Wie auch immer … Captain Seegall hätte auf ihn gewartet. Der ist ein guter Kerl.«
    Bonnie konnte kaum glauben, dass Jefe von einem Schiffseigner sprach. Keiner der Kapitäne, die sie auf Grand Cayman erlebt hatte, hätte auch nur daran gedacht, einem Sklaven zur Flucht zu verhelfen. »Ist er … schwarz?«, fragte sie.
    Jefe schüttelte den Kopf. »Captain Seegall? Nein. Auf einem Piratenschiff ist das allerdings egal. Da kann jeder Captain werden. Sie schauen nicht nach Schwarz oder Weiß. Nur danach, ob man was kann und was leistet bei einem Angriff. Und Captain Seegall … sie sagen, er sei schon mit Blackbeard gesegelt.«
    Bonnie schaute hinunter zum Strand. Sie konnte im Licht der Feuer nicht viel erkennen, aber dass die Männer dort unterschiedlichen Rassen angehörten, schien zu stimmen. Viele von Captain Seegalls Männern waren zumindest Mulatten.
    »Und weißt du was?«, sagte Jefe jetzt, und seine eben noch betrübte Stimme klang mit einem Mal aufgeregt. »Diesmal lasse ich sie nicht einfach absegeln. Diesmal fahre ich mit!«
    Bonnie erschrak. »Du … du fährst mit?«, wiederholte sie tonlos. »Du … willst

Weitere Kostenlose Bücher