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Die Insel der roten Mangroven

Die Insel der roten Mangroven

Titel: Die Insel der roten Mangroven Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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»Ich beneide sie!«
    Dann zog sie sich endgültig in den Dschungel seitlich des Höhenweges zurück. Die Vegetation auf den Inseln war überall üppig. Sie würde sich im Schatten der Nacht noch näher an die Bucht heranschleichen können, wenn sie das Risiko auf sich nehmen wollte. Doch erst musste sie weiter über diese Idee nachdenken. Diese ungeheuerliche Idee …
    Jefe führte sein Eselchen hinunter zur Bucht und wurde von den Piraten begrüßt wie ein alter Freund. Die Männer begannen gleich, die Waren von Jefes Karren auf die Beiboote umzuladen, die am Strand lagen. Alle arbeiteten schnell und zielstrebig, was Bonnie etwas wunderte. Wenn irgendjemand aus der Hafensiedlung Feuer am Strand machte, dann kreisten darum herum auch bald die Rum- und Schnapsflaschen. Die Männer von Captain Seegall schienen jedoch nicht betrunken zu sein. Erst als alles in den Booten verstaut war, wechselte der Kapitän noch ein paar Worte mit Jefe – jedenfalls nahm Bonnie an, dass es sich bei dem imponierend großen Mann um Captain Seegall handelte. Im Gegensatz zu den anderen Männern, die karierte Hemden und knöchellange Leinenhosen trugen, war er mit Kniehose, Rüschenhemd und Justaucorps förmlich gekleidet. Allerdings trübte sein gewaltiger Vollbart, der dem seines großen Vorbilds Blackbeard sicher kaum nachstand, das Bild des seriösen Händlers oder Plantagenbesitzers. Er trug auch weder Schuhe noch Seidenstrümpfe. Der Kapitän lief barfuß wie seine Männer.
    Letztere zeigten wenig Respekt vor Seegall. Zumindest schienen sie ihn nicht zu fürchten wie die Matrosen der Handelsschiffe ihren Kapitän und die anderen Schiffsoffiziere, denen sie stets eher aus dem Weg gingen. Bonnie hatte gehört, dass die Werber der Reedereien sie mitunter zum Dienst auf den Schiffen zwangen, indem sie die Männer betrunken machten und entführten. Auf den Piratenschiffen waren die Männer sicheralle freiwillig. Und wenn sie sich gar »einkaufen« mussten wie Jefe …
    Das Anheuern auf Piratenschiffen war die einzige Schwierigkeit, für die Bonnies kühner Plan noch keine Lösung vorsah. Sie musste einfach mehr darüber in Erfahrung bringen. Als Jefe zurückkam, hockten sie sich beide auf den Leiterwagen und ließen sich von dem Eselchen ziehen. Dabei überschüttete Bonnie ihren Freund mit Fragen.
    Jefe überlegte. »Die meisten von Seegalls Männern sind wohl Deserteure«, meinte er. »Oder Meuterer. Leute, die es auf den Handelsschiffen oder den Kriegsschiffen nicht aushielten. Besonders beim Militär soll es schrecklich sein, meint Sanchez. Die Offiziere sind nicht besser als die Backras auf den Plantagen. Manchmal nehmen die Piraten auch Gefangene. Wenn sie ein Schiff entern, und es findet sich ein Arzt oder Schiffszimmermann …«
    Bonnie revidierte ihre Annahme von der Freiwilligkeit.
    »Aber denen gefällt’s auch«, behauptete Jefe. »Sie bleiben alle gern.«
    »Muss man denn immer was … einbringen, wenn man bei den Piraten anheuern will?«, fragte Bonnie schließlich.
    Jefe zuckte die Schultern. »Na ja …«, murmelte er. »Sie … sie wollen schon wissen, ob man es ernst meint … So jemand wie ich …«
    Bonnie überlegte, ob der Piratenkapitän es Jefe womöglich besonders schwer machen wollte. Wundern würde es sie nicht, setzte er mit Jefes Mitnahme doch seine langjährige, offensichtlich gute Geschäftsbeziehung mit Máanu aufs Spiel. Seegall musste wissen, dass die Ladenbesitzerin andere Pläne mit ihrem Sohn hatte denn eine Karriere als Freibeuter. Wahrscheinlich würde sie schäumen, wenn sie feststellte, dass Jefe mit den Piraten auf und davon war, und wer weiß, ob sie beim nächsten Mal noch so bereitwillig Proviant lieferte.
    Ein anderer junger Mann jedoch … einer ohne Familie, ohne Freunde – Bonnie kam zu dem Schluss, dass die »Mitgift« so hoch gar nicht sein konnte.
    »Wieso willst du das eigentlich alles wissen?«, fragte Jefe schließlich, als der Strand der Hafensiedlung schon nicht mehr weit war. »Du … wirst mich doch nicht bei meiner Mom verpfeifen, oder? Ich hab’s nur dir erzählt, dass ich wegwill. Kein anderer ahnt etwas. Später kannst du es ihr natürlich sagen. Und ihr Grüße bestellen. Vielleicht schreib ich ihr auch noch einen Brief, den du ihr geben kannst …«
    Bonnie schüttelte den Kopf. »Ich werde dich nicht verraten«, sagte sie. »Natürlich nicht. Aber ich kann auch keinen Brief für dich abgeben. Weil ich nämlich mitkomme, Jefe. Und versuch jetzt nicht, mich

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