Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Insel der roten Mangroven

Die Insel der roten Mangroven

Titel: Die Insel der roten Mangroven Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
Vom Netzwerk:
Tänze rauben, und …«
    Victor zog mit gespieltem Erstaunen die Augenbrauen hoch. »Fühlen Sie sich von mir beraubt, Miss Fortnam?«, fragte er gelassen.
    Deirdre kicherte champagnerselig. »Nicht wirklich, Monsieur Victor. Im Gegenteil, ich … fühle mich eher beschenkt …« Sie zwinkerte ihm zu und deutete einen Knicks an.
    »Da hören Sie es«, sagte Victor. »Und nun lassen Sie uns doch bitte tanzen – Sie sehen, man wartet auf uns.«
    Victor und Deirdre hatten an einem komplizierten Schritttanz teilnehmen wollen, den ein Tanzmeister ansagte und zu dem sich die Paare im Vorfeld formieren mussten. Solange Quentin die Tanzfläche blockierte, konnte man nicht beginnen – und natürlich hatten die drei auch längst die Aufmerksamkeit sämtlicher anderer Paare, des Tanzmeisters und der Musikanten.
    »Danach steht es Ihnen natürlich frei, Miss Deirdre Ihrerseits um einen Tanz zu bitten«, fügte Victor höflich hinzu.
    Er wollte Deirdres Hand ergreifen und sich abwenden, aber Quentin fasste seine Schulter und riss ihn grob zu sich herum.
    »Einen Dreck werde ich!«, zischte er. »Ich tanze jetzt mit ihr. Und du verziehst dich … du …«
    Victor riss sich los und erkannte jetzt erst, wie gefährlich es in Quentins Augen funkelte. Bisher hatte er die Sache noch von der komischen Seite gesehen. Quentin hatte sicher etwas zu viel getrunken und pöbelte nun ein wenig herum. Aber jetzt schien es, als wollte der Sohn des Gastgebers einen ernsthaften Streit anfangen. Victor taxierte den jungen Mann kurz und kam zu dem Ergebnis, dass er ihm gewachsen wäre, sollte es zu einem Schlagabtausch kommen. Quentin war nicht größer und stärker als Victor und zudem nicht mehr nüchtern. Doch alles in dem jungen Arzt wehrte sich dagegen, sich wie ein Bauernbengel auf einem Tanzboden zu prügeln. Und wer wusste, wohin das noch führen konnte? Quentin war nicht der Einzige, den Deirdre in dieser Ballnacht abgewiesen hatte.
    Victor warf einen Blick auf die junge Frau, die das Gerangel fasziniert beobachtete. Ob es ihr gefallen würde, wenn er sich um sie schlug? Aber nein, sie waren unter Gentlemen – man musste versuchen, das anderweitig zu bereinigen.
    Victor fuhr mit der Hand über sein Revers, das Quentin eben berührt hatte, und tat, als müsse er den Staub davon entfernen. »Nun werden Sie nicht gleich laut … Mylord.« Er betonte den Titel so provozierend, dass einige der um sie her stehenden Tänzer lachten. »Wir können uns da sicher gütlich einigen. Gefragt ist hier allerdings einzig und allein Miss Deirdre. Vielleicht appellieren Sie einfach mal an ihr … hm … Mitgefühl. Wenn sich denn nun wirklich keine andere Dame findet, die mit Ihnen tanzen mag, Mylord … Ich verstehe schon, dass Sie das kränkt, obwohl der Grund dafür möglicherweise in Ihrem eigenen Verhalten zu suchen ist. Aber wie gesagt … falls Miss Deirdre Erbarmen zeigen und sich ein paar Schritte mit Ihnen auf dem Parkett bewegen würde … also von meiner Seite her bestünden da keine Einwände …« Victor lächelte Deirdre zu, die zuerst mit einem unwilligen Verziehen des Gesichts, dann mit einem immer breiter werdenden spöttischen Lächeln auf seine Ansprache reagierte. Gelassen fuhr er mit seiner Rede fort. »Ich bin sicher, dass ich keinen Grund zur Eifersucht habe, Miss Deirdre. Sofern Sie diesem armen Tropf entgegenkommen möchten. Was mich angeht, so bitte ich Sie nur förmlich um den letzten Tanz dieses Abends … ich möchte mit der Erinnerung an Ihren Duft und den sanften Druck Ihrer Hände einschlafen …« Der junge Arzt schenkte Deirdre einen zärtlichen Blick. »Aber natürlich ist es Ihre Entscheidung, ich sagte ja schon …«
    Victor hob leicht die offenen Hände. Eine Geste, die man als Angebot verstehen konnte oder als Verzicht. Deirdre hätte seine Hand ergreifen und auf dem Tanz bestehen können, oder sie könnte sich auch einfach leicht verbeugen und sich Quentin zuwenden. Doch was immer sie tat – Quentin hätte sich noch weiter blamiert, hätte er Victor in dieser Situation tätlich angegriffen.
    Inzwischen hörte man weitere Lacher aus den Reihen der umstehenden Paare. Die Gesellschaft blickte unverhohlen amüsiert auf Quentin, der Victor mit geballten Fäusten, aber hilflos gegenüberstand.
    Deirdre dachte kurz nach. Sie wollte nicht mit Quentin tanzen, aber sie sah ein, dass es die beste Lösung war. Ein Teil von ihr bewunderte Victor für sein elegantes Manöver zu beschwichtigen, ohne selbst

Weitere Kostenlose Bücher