Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Insel der Verlorenen - Roman

Die Insel der Verlorenen - Roman

Titel: Die Insel der Verlorenen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luchterhand
Vom Netzwerk:
mitnehmen?«, fragte Alicia sie, halb auf Englisch, halb auf Spanisch, während sie ihnen zur Begrüßung die Hand hinhielt. »Willkommen, ich bin Alicia Rovira de Arnaud. Nach Acapulco oder nach Salina Cruz, können Sie uns bitte mitnehmen? Dies sind meine Kinder und das hier sind meine Freundinnen und deren Kinder. Wir sind fünf Frauen und neun Kinder. Seit acht Jahren sind wir hier und wollen wieder nach Hause.«
    Sergeant Kerr starrte sie entgeistert an wie Außerirdische, nickte dann und gab ihnen zu verstehen, dass sie ins Boot steigen könnten.
    »Geben Sie uns eine Stunde Zeit«, bat Alicia, » just one hour, please, damit wir unsere Sachen packen können.«
    Sie trennten sich, und Alicia ging nach Hause, die Truhe ausgraben. Sie brachte das Stück Ivory-Seife zum Vorschein, setzte ihre vier Kinder in eine Schüssel mit Regenwasser und wusch ihnen die Haare, das Gesicht, den Körper. Olga zog sie den Matrosenanzug an, der früher Ramoncito gehört hatte, während sie diesem und ihrer Ältesten je eine Organzabluse mit Stickereien überstreifte, auch wenn sie ihnen nur bis zu den Knien reichte. Sie kämmte die Kinder, brachte sie an eine Stelle, wo sie sich nicht schmutzig machen konnten, hieß sie stillsitzen, bis sie sich selbst fertig gemacht hatte.
    Sie rief Tirsa, die Jagd auf die beiden letzten Schweine machte, um sie mitzunehmen, und teilte ihr mit, dass sie genügend Kleidung für sie beide aufgehoben hatte.
    »Nein, Alicia, danke, ich habe mich nie so angezogen, darin würde ich mir nur komisch vorkommen.«
    »Und in diesem Segeltuchponcho, der so grob ist, dass er von alleine steht kommst du dir wohl nicht komisch vor?«
    »Wenigstens komme ich mir darin vor wie ich selbst.«
    AlicianahmsichalleZeitderWeltfüreinBad.SiebedecktejedenZentimeterihresKörpersmitdemweißenSchaumderIvory-SeifeundspülteihnanschließendmiteinemSchöpfbecherab,dabeispürtesiewiedaseisigeWasserihreineganzeKrusteausaltenÄngstenundtotenErinnerungenvonderHautwusch,dazudieeingetrocknetenBlutspritzervonVictorianoÁlvarez.Sietrocknetesichsorgfältigab,daraufbedacht,inkeinerHautfalteFeuchtigkeitzuhinterlassen.DannnahmsieausihremManiküreseteinStäbchenausOrangenholz,dassiejahrelangvorÜberschwemmungenundOrkanenbewahrthatte,undentferntedamitdieNagelhautanjedemeinzelnenFinger.AlssieihreHändefürakzeptabelhielt,stecktesiedenEheringunddenDiamantringandenlinkenRingfinger.SiebetrachtetelangeihrGesichtinderSpiegelscherbe,durchsuchtejedenWinkelnachdenZügenderFrau,diesiegewesenwar.SiezogdieOhrringeanundverweilteeinenMomentbeimviolettenFunkelnderBrillanteninderSonne.DannlegtesieeinKorsettmitKupferösenundeinerSatinlitzean,dochalssieesamOberkörperzuschnürenwollte,sahsie,dassesihrvielzuweitwarundihrwurdeklar,wievielGewichtsieverlorenhatte.Daentschiedsiesichfüreinerosmarinfarbene,vornplissierteSeidenblusemitStehkragenundPuffärmeln,diemiteinerlangenLeistewinzigerKnöpfegeschlossenwurde.SieerschauertebeiderkühlenBerührungderSeidemitderHautundließdieKnöpfeganzlangsam,einennachdemanderen,miteinemfreudigenGefühlindiezugehörigenLöchergleiten.SielegtediegrauePerlenketteumdenHalsundachtetedarauf,dassderVerschlussvornlag,aufderBrust,woerschimmerte.SieholteeinenglattenschwarzenTaftrockausderTruhe,derbiszumBodenreichte.DannbedecktesieihrkurzesHaarmiteinemgeflochtenenStrohhut,verziertmitblassrosaMusselinrosen,schobihnnachvorn,nachhinten,erstzureinen,dannzuranderenSeite,biserdierichtigePositionhatteundihrGesichtamvorteilhaftestenrahmte.
    Zum Schluss steckte sie das Geldbündel in die Rocktasche, nahm Ángel auf den Arm und ihre drei anderen Kinder an die Hand. So gekleidet gingen die fünf barfuß zum Boot. Alicia bat Sergeant Kerr um die Hilfe seiner Matrosen, damit ihre Truhe an Bord geschafft wurde.
    »Meinetwegen«, sagte der Sergeant, »wenn es nur die eine ist.«
    Tirsa und Altagracia waren mit den anderen Kindern, einem Fass voller Gepäck und den beiden Schweinen schon im Boot. Da kamen als Letzte Rosalía und Francisca und blieben, die Augen zu Boden gesenkt, vor Alicia stehen.
    »Na los, steigt ein, wir sind schon abfahrbereit«, mahnte sie die beiden zur Eile.
    »Nein, Señora. Wir wollen nicht mit. Wir wollen hierbleiben.«
    »Wieso denn das?«
    »Hier sind unsere Toten begraben, wir können sie nicht alleinlassen.«
    »Unsere Toten«, erwiderte Alicia, »hat längst der Wind mitgenommen und das Meer verschlungen, inzwischen fliegen sie wahrscheinlich schon über Afrika oder segeln durch Europa. Also los jetzt, einsteigen.«
    Die

Weitere Kostenlose Bücher