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Die Insel des Mondes

Die Insel des Mondes

Titel: Die Insel des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beatrix Mannel
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an einem langen Lederband unter ihrem Leibchen, und sie wäre lieber gestorben, als sie herzugeben.
    »Was zum Teufel befindet sich dann in diesen Truhen, die Sie mit sich führen?«
    »Das geht Sie nichts an!«
    »Richtig«, parierte Villeneuve, »aber wir können doch nicht mit leeren Händen aufkreuzen.«
    »Aber was ist denn mit Ihnen? Sie tragen ein silbernes Kruzifix an einer schweren Kette aus puren Gold, oder Sie, Morten, haben eine antik aussehende Bibel und Sie, Lázló, Sie …« Ihr fiel nichts ein, denn er hatte genauso wenig Gepäck dabei wie Noria. Villeneuve war grünbleich im Gesicht geworden wie die Orchideen, die hier überall blühten, Morten hingegen rot wie die Erde, auf der sie standen.
    »Wir beide haben der Königin etwas zu geben«, Villeneuve musterte Paula kalt, »und brauchen dafür ihre Unterstützung, Sie hingegen wollen nur etwas für sich selbst, da wäre es nur angebracht, wenn Sie etwas mehr Einsatz zeigten.« Mit keinem Wort erwähnte Villeneuve das Kreuz um seinen Hals, das er niemals auszog.
    Paula war sicher, dass die Männer logen, jeder wollte hier etwas für sich. Doch sie wusste nicht, was sie erwidern sollte, und schon vor langer Zeit hatte sie gelernt, dass es besser wäre, dann den Mund zu halten. Aber natürlich schaffte sie es nicht.
    »Dann vergessen wir das mit dem Papier und der Tinte. Dann reisen wir eben wieder ab.«
    »Da spricht die Prinzessin auf der Erbse – beim kleinsten Hindernis aufgeben.« Villeneuve klang belustigt, was Paula nur noch mehr aufbrachte. »Ich schätze mal, Ihr Herr Vater hat Sie aus jeder Misere herausgeholt, in die Sie sich gebracht haben.«
    Empörung wallte durch Paulas Körper, ihre Hände ballten sich zu Fäusten, und gleichzeitig schossen Tränen in ihre Augen, was sie verzweifelt zu unterdrücken versuchte. Dieser elende Mistkerl, er wusste gar nichts von ihr und maßte sich solche Urteile an. Aber sein Kreuz wollte er nicht hergeben.
    Noria kam zu ihnen zurück, und nun lag ein Lächeln auf ihrem Gesicht.
    »Morgen früh dürfen wir durch das Tor des Königs und werden dann direkt zum Premierminister gebracht.«
    Paula schluckte ihre Tränen und ihren Zorn hinunter. »Noria, das ist wundervoll, dann haben uns die Jungfrauen doch wirklich Glück gebracht!«
    Noria brachte sie mit einem bösen Blick zum Schweigen, und Paula überlegte, ob es Fady war, zu erzählen, was sie nachts gesehen hatte.
    »Nun, der Premierminister Rainilaiarivony wird sich zunächst mit Ihren Referenzen beschäftigen. Wenn er sie für echt hält, dann dürfen Sie mit der Königin an der Festtafel speisen.«
    »Und wenn nicht?«, fragte Lázló.
    »Dann werden Sie sterben.«
    Morten räusperte sich ein paar Mal. »Ist das ein Witz?«
    Nein, dachte Paula, nein, und sie spürte, wie sich ein eisernes Band um ihre Stirn legte. Nie im Leben wäre sie darauf gekommen, dass so eine kleine List mit dem Tode bestraft werden könnte. Sie mussten diese Scharade sofort beenden, und das war ihre Aufgabe, denn sie hatte damit angefangen.
    »Nein, Herr Wahlström, das ist kein Witz«, meinte Noria, und Paula hatte den Eindruck, dass es eine Genugtuung für sie war, ihnen das zu erzählen. »So eine schwere Täuschung gilt als Staatsverrat, als ein Verbrechen gegen die Königin, und zählt zu den dreizehn Gründen, für die nach unseren Gesetzen die Todesstrafe verhängt wird. Und dank Raini laiarivony gibt es anstatt achtzehn nur noch dreizehn Gründe für die Todesstrafe. Er hat übrigens auch die Sippenhaft abgeschafft und sogar die Sklaverei. Er ist gut für unser Land.«
    Paula, Morten, Lázló und Villeneuve tauschten schockierte Blicke – Staatsverrat? Todesstrafe war Todesstrafe und gar nicht gut.
    »Was sehen Sie mich so merkwürdig an, Sie haben doch nichts zu befürchten, oder?«
    »Und welcher weit gereiste Mann hier an diesem gottver lassenen Ort entscheidet, ob unsere Unterlagen echt genug für den Premierminister sind?«, fragte Lázló in einem beleidigend spöttischen Ton.
    »Rainilaiarivony hat viele Berater, unter anderem seinen Sohn, der die Ehre hatte, dem deutschen Kaiser in Berlin begegnen zu dürfen.«
    Das eiserne Band um Paulas Kopf zog sich fester zusammen. Sie sollte das sofort aufklären. »Nun, Noria, es ist so, als ich …« begann sie, wurde aber von Villeneuve rüde unterbrochen.
    »Natürlich haben wir nichts zu befürchten, alles hat seine Ordnung.« Morten klatschte ungewohnt herrisch in die Hände, winkte den Trägern und bedeutete

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