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Die Insel des Mondes

Die Insel des Mondes

Titel: Die Insel des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beatrix Mannel
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mit dem blond gelockten Bart, Lázló, als einziger mit glatt rasiertem, engelsgleichen Jünglingsprofil und dem sphinxhaften Lächeln, und Villeneuves braungrüne Augen in dem unbarmherzig kantigen Gesicht mit dem struppigen Dreitagebart. Wer waren diese drei wirklich?
    Nein, Unsinn, versuchte sie sich zu beruhigen, deine Fantasie geht mit dir durch, du solltest sehr tief an einer Dosis Lavendelöl riechen, um wieder klar im Kopf zu werden.
    »Wer hätte gedacht, dass der Premierminister lesen kann«, flüsterte Lázló vor sich hin.
    »Schsch.« Morten schüttelte den Kopf und zischte für seine Verhältnisse direkt zornig. »Warum sind Sie andauernd so respektlos, Lázló, warum?«
    »Wenn Sie wirklich Abgesandte des deutschen Kaisers sind, warum hat mir das denn niemand gesagt?« Noria funkelte Morten wütend an.
    Morten wich ihrem Blick aus und sah mit einem nervösen Schulterzucken zu Paula, als hoffte er, dass sie ihm irgendwie helfen würde. Sie fand es merkwürdig, dass er gegenüber Noria nicht ebenso stark sein konnte wie gegenüber Lázló.
    Villeneuve griff ihm eilfertig unter die Arme. »Geheim bedeutet ja, niemand soll davon wissen«, erklärte Villeneuve so geschmeidig, dass sich Paula fragte, wie sie je herausfinden sollte, wann er log und wann er die Wahrheit sagte.
    Daraufhin wirkte Noria so bestürzt und durcheinander, dass sie Paula beinahe leidtat.
    Noria vergewisserte sich, ob sie das wirklich richtig verstanden hatte, und machte sich wieder auf zu den Wachen, wo sie diesmal in einem etwas schärferen Ton verhandelte.
    »Hat jemand von Ihnen eine Urkunde oder ein Schreiben, irgendetwas, das wir als Beglaubigungsschreiben des Kaisers ausgeben können?«, Villeneuve warf einen durchdringenden Blick in die Runde. »Oder ein Geschenk, das eines Kaisers würdig wäre? Madame Kellermann, Sie haben gesagt, wir hätten Geschenke zum Neujahrstag, also?«
    »Nichts, nicht einmal Schmuck.«
    Villeneuve stöhnte. »Dann müssen wir heute Nacht ein Schreiben verfassen. Hat jemand Papier, Tinte, Siegel?«
    »Ich dachte, Forscher hätten jede Menge davon. Müssen Sie denn nicht die Pflanzen, die Sie finden, katalogisieren und zeichnen?«
    »Selbstverständlich«, ließ sich Lázló vernehmen, »aber das brauchen wir ja noch.«
    »Ich brauche meines auch.«
    »Es war Ihre Idee!« Villeneuve klang, als wollte er sagen: und das ist die Konsequenz davon. Es weckte in Paula ein Gefühl des Versagens, als wäre sie zu dumm, um zu erkennen, was ihre Vorschläge bewirkten. Und das Gefühl setzte sie unter Zugzwang. »Papier und Tinte stelle ich zur Verfügung«, sagte sie deshalb, obwohl es ihr widerstrebte, etwas von ihren kostbaren Vorräten herzugeben, auf denen sie neue Rezepturen notieren wollte. »Aber Siegellack habe ich nicht«, behauptete Paula, denn davon hatte sie nur sehr wenig mitgenommen, und sie würde ihn brauchen, um ihre Duftkreationen luftdicht und sicher abzuschließen.
    Morten strich sich über seinen Bart. »Nehmen wir doch Kerzenwachs.«
    Villeneuve schüttelte den Kopf. »Nein, das ist viel zu weich. Außerdem brauchen wir ein Siegel.«
    »Wenn mir jemand eine Vorlage aufmalt, könnte ich das schnitzen«, ließ sich Lázló vernehmen.
    »Einer von uns muss Noria im Auge behalten.« Villeneuve sah zu Paula hin und zog fragend eine Augenbraue hoch.
    »Was ist, wenn etwas schiefgeht? Hat denn niemand von Ihnen Bedenken bei diesem Plan?«, vergewisserte sie sich noch einmal.
    Das Nein kam von allen dreien wie aus der Pistole geschossen.
    »Nicht einmal Sie, Morten?«
    » Du darfst nicht fragen: Was soll dies und wozu dies? Denn alles wird zu seiner Zeit sich finden, Sirach, 39, Vers 17. Oder wie meine Großmutter zu sagen pflegte: Gottes Wege sind unergründlich, und es steht außer Frage, dass es nur im Sinne des Herrn sein kann, wenn wir ein Land von Heiden auf den rechten Pfad führen wollen, oder?«
    »Amen!«, intonierte Lázló so laut, dass Noria und die Wärter aufhörten zu debattieren und sich zu ihnen umdrehten.
    »Gut, dann sollten wir die Zelte aufbauen und alles vorbereiten.«
    »Aber wir brauchen auch noch ein Geschenk«, insistierte Villeneuve und sah wieder zu Paula hin. »Nicht das allerkleinste bisschen Schmuck?«
    »Nein.« Das Einzige, was sie noch besaß, war die kleine sil berne Phiole mit einem Verschluss aus versilberten Schmetterlingsflügeln. In ihr befanden sich ein paar Tropfen von dem Duft, den sie, inspiriert von den blauen Flakons, kreiert hatte. Diese Phiole hing

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