Die Insel des Schreckens
Kalathee dicht nebeneinander auf dem Deck stehen sah. Es wurde auch nicht freundlicher, als Mythor auf ihn zuging, ihm die Hand reichte und sich anbot, ihn heraufzuziehen.
»Ich schaff das schon allein«, knurrte er. Als er auf Deck stand, schleuderte er ein Wurfmesser Sadagar vor die Füße. »Das habe ich gefunden!« brummte er.
Sadagar grinste und bückte sich erfreut. »Das zwölfte«, rief er.
Nottr verschränkte die Hände hinter dem Rücken und stolzierte breitbeinig über das zerstörte Deck. Er besah sich die Schäden und musterte den Himmel. Er tat so, als ob ihn die anderen Leute nichts angingen. Das Bild Kalathees und Mythors, die dicht nebeneinander gestanden hatten, ging ihm noch nicht aus dem Kopf.
»Was denkst du?« fragte ihn Mythor. »Werden wir mit der Kurnis Lockwergen erreichen können?«
»Vielleicht können wir aus Resten ein neues Segel nähen«, schlug Kalathee vor. »Unter Deck gibt es noch genügend Leinwand!«
»Ich weiß!« meinte Nottr. »Ich bin schließlich lange genug unten gewesen!«
Nottr schlenderte zum Mast und trat mit voller Wucht gegen das Holz. Schwarze Asche spritzte nach allen Seiten auseinander.
»Noch einen Sturm hält das Holz nicht aus«, stellte er fest. »Das Deck lässt sich leicht reparieren, aber mit diesem Mast können wir nur bei ruhiger See segeln!«
»Es ist ruhige See«, sagte Sadagar. Nottr nickte. Er schirmte die Augen mit der Hand gegen die Sonne ab und blickte über das Meer. Als schwache weiße Silhouette zeichnete sich bereits der Mond am fernen Horizont ab.
Nottr verglich den Stand des Mondes mit dem der Sonne und der Kurnis, und er runzelte nachdenklich die Stirn. »Wir sind vom Kurs abgekommen«, murmelte er. »Der magische Regen hat uns weit in südwestliche Richtung getrieben.«
»Und du irrst dich nicht?« fragte Kalathee.
»Auf meine Augen kann ich mich verlassen«, antwortete der Lorvaner scharf. Sein Blick wechselte bedeutungsvoll zwischen Mythor und Kalathee hin und her. »Und ich sehe, dass wir vom Kurs abgetrieben worden sind!«
»Und ich sehe etwas anderes«, rief Sadagar plötzlich. Er stand seitlich an der Reling und blickte nach Süden. »Ich sehe Land!«
Das Land war noch weit entfernt und kaum mit bloßen Augen zu erkennen. Der Steinmann musste Augen haben wie ein Falke. Es war erstaunlich, dass ihm das Ufer aufgefallen war. Dort, wo der Horizont das Wasser des Meeres berührte, erhob sich ein flacher, dunkler Schatten.
»Das kann nicht sein«, murmelte Nottr verwirrt.
»Aber es ist so«, behauptete Sadagar überzeugt. »Mit viel Glück kann man Lockwergen von Urguth aus in sechs Tagen erreichen«, erklärte Nottr. »Wir haben den Mammutfriedhof erst vor drei Tagen verlassen. Es ist unmöglich, dass schon die Küste Yortomens vor uns liegt!«
»Du hast gesagt, der magische Regen habe uns abgetrieben«, wandte Kalathee ein. »Vielleicht haben wir die tainnische Küste vor uns.«
»Unmöglich«, behauptete Nottr. »Dorthin wäre der Weg noch weiter!«
»Vielleicht handelt es sich um eine Insel«, meinte Mythor. »Um ein bisher unbekanntes Eiland, das noch auf keiner Karte verzeichnet ist.«
Nottr blieb stumm. Er hob lediglich die Schultern.
»Oder wir irren uns, und das vermeintliche Land ist nur eine ferne Nebelbank«, sagte Kalathee.
Sadagar protestierte. »Unmöglich! Meine Augen trügen mich nicht!«
»Unser Ziel heißt Lockwergen«, fuhr Mythor fort.
»Nach der Aussage des Beinernen soll dort der Helm der Gerechten zu finden sein. Ich muss ihn finden, um den Kampf gegen die Mächte der Finsternis aufnehmen zu können. Wir dürfen nicht zögern und noch mehr Zeit verlieren. Die Herren der Dunkelzone ruhen nicht. Wir werden ein neues Segel nähen und auf den richtigen Kurs zurückkehren!«
»Und es ist doch eine Insel«, behauptete Sadagar starrköpfig.
»Nottr, wirst du den Hafen von Lockwergen finden?«
»Ich werde euch dorthin bringen!«
*
Der Südwind fing sich in der Leinwand und blähte das neue Segel über der Kurnis. Die Taue spannten sich in den Halterungen und erzeugten die Geräusche, die jedes Schiff auf jeder Fahrt begleiteten. Der Bug hob sich aus dem Wasser, tauchte dann wieder ein und zerteilte die flachen Wellenkämme.
Gebannt standen Mythor, Kalathee und Sadagar unter dem Mast und starrten auf die Nähte, mit denen sie viele kleine Leinwandreste zu einem Segel verbunden hatten.
»Es hält!« jubelte Sadagar. »Beim Kleinen Nadomir, wir haben es geschafft.«
»Auf nach Lockwergen«,
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