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Die Insel des Schreckens

Die Insel des Schreckens

Titel: Die Insel des Schreckens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans W. Wiener
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bewegten sich die Menschen aneinander vorbei. Nicht ein einziger sprach. Nirgendwo war ein Händler oder Verkäufer zu entdecken. Die einzigen Laute, die zu hören waren, verursachte der sanfte Wind in den Takelagen der Schiffe und in den Blättern der Bäume.
    »Wie Tote«, flüsterte Sadagar. »Wie Tote, deren Glieder von einer fremden Macht bewegt werden.«
    »Irgend jemand treibt mit den Schiffbrüchigen hier ein böses Spiel«, vermutete Mythor. »Eine Macht, die diese Menschen in ihrer Gewalt hat und für sich benutzt.«
    »Wenn es so ist, steht uns das gleiche Schicksal bevor«, ergänzte der Lorvaner.
    »Vielleicht«, gab Mythor zu. »Doch noch ist es nicht soweit!« Er hob den Kopf, und sein Blick wanderte über die bewaldeten Hügel. Er sah den kegelförmigen schwarzen Berg, der aus ihnen steil und mächtig herausragte. Die kleine Wolke, die bisher den Gipfel verhüllt hatte, war verschwunden. Sie hatte die hohen, dunklen Mauern einer düsteren Burg freigegeben, die dort oben unangreifbar und drohend erschien.
    Ein kaltes Grauen ging von dieser Burg aus. Mythor spürte etwas Mächtiges und Böses. Er fühlte, dass dort die Herrscher von Zuuk zu finden sein würden. Nur dort oben würde er die Antwort auf seine Fragen finden können.
    »Gehen wir von Bord?« fragte Nottr.
    Mythor nickte.
    *
    Ein leises Sirren lag plötzlich in der Luft und war überall. Die Atmosphäre war angefüllt mit einer unbekannten Spannung. Wie von unsichtbaren Händen berührt, bewegten sich die langen blonden Haare Kalathees. Sie knisterten und stellten sich auf, als blase ein starker Wind von unten. Winzige Funken lösten sich von den Spitzen. Kalathee hob den Arm, um die Haare glatt zu streichen, und ein Gefühl, als werde sie von Tausenden von kleinen Nadeln gestochen, durchzuckte ihre Hand.
    Wie Kalathee, so spürten auch die drei Gefährten die seltsame Spannung. Ein Kitzeln, wie von einem leichten Windhauch verursacht, lief über die Arme, den Hals, das Gesicht und über alle unbedeckten Stellen ihrer Körper. Alton leuchtete auf und strahlte, wie es noch niemals vorher gestrahlt hatte. Von seiner Spitze fuhren Funken knisternd in den Boden.
    Das Sirren kam von dem schwarzen Bergmassiv, von der düsteren Burg auf der Spitze. Die vier Gefährten konnten es deutlich ausmachen, aber sie fanden keine Erklärung. Sie fühlten ein stetig zunehmendes Brummen und Dröhnen in ihren Köpfen und glaubten, dass sich ihre Schädel unter dem Klang ausdehnten.
    »Ich habe das Gefühl, als ob mein Kopf platzen wollte«, klagte Sadagar.
    Die vier schienen die einzigen zu sein, die die Veränderung wahrnahmen. Die anderen Menschen, die auf der Uferstraße der Kuppelstadt auf und ab gingen, reagierten nicht darauf. Sie blieben so träge und apathisch, wie sie es die ganze Zeit gewesen waren.
    Die vier von der Kurnis betraten den Landungssteg und näherten sich den Bewohnern Zuuks. Niemand sprach die Ankömmlinge an, niemand achtete auf sie.
    »Ein träges Volk«, murrte Sadagar. »Aber so wird man wohl, wenn man den ganzen Tag dieses seltsame Summen hören muss!«
    Mythor hatte den gleichen Verdacht. In irgendeiner Weise musste dieser Ton, diese Spannung in der Luft, mit dem Verhalten der Bewohner der Uferstadt zusammenhängen. Möglicherweise wurden die Sklaven so von der Burg aus geleitet.
    »Wir müssen etwas unternehmen«, sagte der Steinmann. Mit den Fingerspitzen massierte er sich die Schläfen. »Diesen Ton halte ich nicht mehr lange aus. Lass uns zurückkehren zum Schiff!«
    »Das hat keinen Sinn«, widersprach Mythor. »Wir kommen nicht gegen die Strömung an. Wir müssen versuchen herauszufinden, was auf dieser Insel geschieht. Wir müssen die Mächte dieser Insel aufspüren und wenn nötig vernichten. Nur so haben wir eine Chance, Zuuk zu verlassen.«
    »Kalathee!« rief Nottr plötzlich aus. »Komm zurück, wir müssen zusammenbleiben!«
    Jetzt erst bemerkte auch Mythor, dass sich die Frau weit von ihnen entfernt hatte. Sie hatte sich unter die Bevölkerung der Insel gemischt und bewegte sich schon fast ebenso apathisch wie sie.
    »Wartet hier!« befahl Mythor. Dann lief er hinter Kalathee her. Als er sie erreicht hatte, fasste er sie an der Schulter und riss sie herum. Kalathee lächelte sanft, aber ihr Blick schien durch Mythor hindurchzugehen. Sie wirkte irgendwie entrückt.
    Mythor schüttelte die Frau heftig, und ihr Kopf pendelte dabei kraftlos auf ihren Schultern.
    »Mythor«, flüsterte sie dann schläfrig.
    »Was ist los,

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