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Die Insel des Schreckens

Die Insel des Schreckens

Titel: Die Insel des Schreckens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans W. Wiener
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stoben sie auseinander. Einige der Tiere hatten sich in den langen blonden Haaren Kalathees verkrallt. Mythor packte sie, riss sie der Frau vom Kopf, obwohl ihr dabei ein ganzes Büschel Haare mit ausgerissen wurde, und schleuderte sie über Bord. Dann umschlang er mit einem Arm die Hüfte Kalathees und hob sie aus der Einstiegsluke. Leicht zog er die schlanke, zartgliedrige Frau hoch. Sie legte ihren Arm um seinen Hals und Nacken und hielt sich ängstlich an ihm fest. Ihre Augen waren noch immer vor Entsetzen weit aufgerissen. In panischer Angst starrte sie auf die Ratten. Mythor brachte sie von der Luke fort und trug sie zum Heck des Schiffes. Bis dorthin hatten sich die Nager noch nicht vorgewagt.
    Nottr ließ das Ruder der Kurnis los und empfing Kalathee. Besorgt versuchte er sie in die Arme zu nehmen. »Bist du verletzt?« fragte er sanft und strich ihr zerzaustes Haar glatt.
    Mit einer ärgerlichen Bewegung stieß ihn die Frau zur Seite. Sie schoss einen giftigen Blick auf ihn ab und drehte ihm dann den Rücken zu. Ihre Augen suchten den Blick Mythors.
    Dann senkte sie den Kopf. Eine kaum wahrnehmbare Röte stieg in ihr zartes, fast ätherisches Gesicht. »Danke, Mythor«, flüsterte sie kaum hörbar. »Es war entsetzlich. Die Ratten tauchten plötzlich von überall her auf. Sie wimmelten in den Lagerräumen, in den Wohnräumen, überall. Ich wusste, dass es Ratten auf dem Schiff gab. Auf welchem Schiff gibt es sie nicht? Aber in dieser Zahl? Und was treibt sie am helllichten Tag an Deck?«
    »Helllichter Tag?« fragte Nottr zweifelnd. Seiner Stimme war der Ärger über die Abfuhr deutlich anzumerken. »Ist dies noch ein helllichter Tag?«
    Der Regenbogen umspannte inzwischen das gesamte Firmament. Der Himmel war dunkel, die Sonne war nicht mehr zu sehen. Dennoch herrschte ein schwaches Licht, denn alle Einzelheiten waren noch deutlich zu erkennen. Nur war nicht feststellbar, woher das Licht kam.
    »Dieser Laut«, sagte Nottr. »Hörst du diesen Laut?«
    Ein dumpfer Ton hob an, wie von einer gewaltigen, unirdischen Pfeife erzeugt. Zuerst klang er sehr leise und weit entfernt, doch er schwoll an und wurde lauter und dröhnender.
    Mit diesem Ton erstarben alle anderen Geräusche. Das Meer wurde spiegelglatt. Keine Welle schlug mehr gegen den Bug. Das Singen des Windes in den Seilen hörte auf. Noch stand das Segel gebläht, aber die Kurnis machte keine Fahrt mehr. Das Kreischen der Seevögel hörte auf und das Quieken der Ratten ebenso.
    »Beim Kleinen Nadomir«, flüsterte Sadagar leise.
    »Seht, die Ratten«, sagte Nottr und deutete nach vorn auf das Schiff.
    Die Ratten hatten sich dicht auf die Planken des Decks gepresst. Auf dem Bauch rutschten sie an den Rand des Schiffes. Ängstlich drehten sie ihre Köpfe zur Seite und nach hinten, so als ob sie eine gewaltige Macht über sich verspürten, vor der sie in Deckung gehen wollten. Dann stürzten sie sich über den Decksrand in das blutrote Meer. Zu Hunderten kletterten sie aus der Luke, aus Fässern und versteckten Winkeln. Sie krochen über die Planken und warfen sich ins Wasser.
    Das Meer blieb spiegelglatt und ölig. Es warf nicht einmal Wellen, als die Tiere eintauchten. Bis auf den dumpfen Ton war kein Geräusch zu hören. Alles spielte sich unter einem magischen Zwang und in einer unirdischen Stille ab.
    »Sie verlassen das Schiff«, murmelte Sadagar. »Sie spüren eine Gefahr, eine gewaltige Bedrohung. Etwas Furchtbares kommt auf uns zu.«
    »Was kann so furchtbar sein, dass die Ratten der Gefahr den Tod vorziehen?« fragte Nottr.
    In der Stille, die nur von dem dumpfen Heulen durchbrochen wurde, klangen die Stimmen unwirklich.
    Plötzlich erhoben sich die Seevögel. Sie breiteten ihre Schwingen aus und segelten in einem steilen Bogen ins Wasser. Wie die Ratten kurz vorher zwangen auch sie ihre Köpfe unter die Wasseroberfläche. Auch sie töteten sich stumm und lautlos.
    »Die Tiere geben uns ein Zeichen«, murmelte Sadagar. »Sie wissen besser als wir, was uns bevorsteht. Wir müssen ihnen folgen!«
    Einige Augenblicke lang begriffen die Gefährten die Worte des Steinmanns nicht. Stumm sahen sie ihn an. Erst als Sadagar auf die Reling kletterte und mit weit aufgerissenen Augen in das blutrot verfärbte Meer der Spinnen blickte, löste sich ihre Starre.
    Mythor schnellte los und stand nach zwei Sprüngen neben Sadagar an der Reling. Seine Hand schoss vor und erwischte die graue Pluderhose des Steinmanns, als der sich mit einem schrillen Schrei ins

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