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Die Insel Des Vorigen Tages

Die Insel Des Vorigen Tages

Titel: Die Insel Des Vorigen Tages Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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sondern die Flammenfarbene Taube zu sehen und den Fuß in den vorigen Tag zu setzen - was sich weder Galilei noch Kopernikus, weder Tycho noch meine Lehrer und Freunde in Paris je hätten träumen lassen.
    So präsentierte er sich am nächsten Tag seinem Lehrer als gehorsamer Schüler, gehorsam in Sachen Schwimmen ebenso wie in Sachen Astronomie.
    Doch Pater Caspar verwies ihn auf das bewegte Meer und auf weitere Berechnungen, die er machen müsse, und verschob die Schwimmstunde auf später. Gegen Abend erklärte er dann, zum Schwimmenlernen brauche man Konzentration und Ruhe, man dürfe den Kopf nicht in den Wolken haben. Und da er gesehen habe, daß Roberto genau zum Gegenteil neige, sei er zu dem Schluß gekommen, daß sein Schüler nicht die richtige Einstellung habe.
    Roberto fragte sich verwundert, wieso sein Lehrer, der so stolz auf sein Können war, seinen Plan so plötzlich aufgab. Und ich glaube, daß er zum richtigen Ergebnis kam. Pater Caspar hatte sich in den Kopf gesetzt, daß Roberto durch das entspannte Liegen und Herumplätschern im lauwarmen Wasser, zumal in der warmen Sonne, eine Art Hirnaufwallung bekommen habe, die ihn zu gefährlichen Gedanken verführe. Das Gefühl, mit dem eigenen Körper auf du und du zu sein, das Eintauchen in die Flüssigkeit, die ja doch Materie war, lasse ihn in gewisser Weise verlieren und wecke jene Gedanken in ihm, die nichtmenschlichen und verrückten Naturen eigen sind.
    Daher mußte Pater Caspar Wanderdrossel sich etwas anderes einfallen lassen, um die Insel zu erreichen: etwas, das nicht Robertos Seelenheil kostete.
    Technica Curiosa
    Als Pater Caspar sagte, es sei wieder Sonntag, machte Roberto sich bewußt, daß schon mehr als eine Woche seit dem Tag ihrer Begegnung vergangen war. Der Pater zelebrierte die Messe, dann sah er ihn mit entschlossener Miene an.

»Ich kann nit warten, bis du schwimmen gelernt hast«, sagte er.
    Roberto antwortete, es sei nicht seine Schuld, daß er es noch nicht gelernt habe. Der Jesuit räumte ein, daß es vielleicht nicht seine Schuld war, aber inzwischen seien die Unbilden des Wetters und die wilden Tiere dabei, seine Specula zu ruinieren, die eigentlich jeden Tag gepflegt werden müsse. Darum bleibe als Ultima Ratio nur eine Lösung: Er selbst werde sich auf die Insel begeben. Und auf die Frage, wie er das anstellen wolle, antwortete der Pater, er werde es mit der Wasserglocke versuchen.
    Schon lange habe er studiert, erklärte er, wie man unter Wasser fahren könnte. Er habe sogar schon ein passendes Fahrzeug entworfen, ein Boot aus Holz, mit Eisen verstärkt und mit einem zweiten Rumpf, der es nach oben verschloß, so wie ein Deckel eine Schachtel verschließt. Das Boot wäre zweiundsiebzig Fuß lang, zweiunddreißig hoch und acht breit gewesen, und es wäre durch sein Gewicht unter die Oberfläche gesunken. Es wäre durch ein Schaufelrad angetrieben worden, das von zwei Männern im Innern gedreht worden wäre, so wie die Esel ein Mühlrad drehen. Und um zu sehen, wo man sich befand, hätte man ein Tubospicillum hinausgeschoben, eine Art Fernrohr, das durch entsprechend montierte Spiegel erlaubt hätte, von innen zu erkunden, was draußen im Freien geschah.
    Warum er es nicht gebaut habe? Weil die Natur nun einmal so beschaffen sei - sagte er - zur Demütigung unserer Wenigkeit: Es gebe Ideen, die auf dem Papier ganz perfekt erschienen, aber in der Wirklichkeit seien sie dann alles andere als perfekt, und niemand wisse, warum.
    Statt dessen habe er aber die Campana Aquatica oder Wasserglocke gebaut. »Und die dummen Leut, so sie hörten, dass einer auff des Rheines Grund hinabsteigen kann, ohne darbey nass zu werden, und sogar mit einem Feuerbecken in der Hand, hätten sie’s eine Verrucktheit geheißen. Doch der Beweis per experimentum ist erbracht worden, und zwar schon beynah vor einem Säkulum in der Festung zu Toleto in Hispanien. Also werde ich die Insel mit meiner Wasserglocken erreichen, indem ich unter dem Wasser marschire, wie du mich hier marschiren siehst.«
    Er stieg in das »Zwiebackmagazin« hinunter, das offenbar ein unerschöpfliches Lager war: außer den astronomischen Gerätschaften enthielt es noch anderes. Roberto mußte weitere Stangen und eiserne Halbkreise an Deck tragen, dazu eine große, zu einem Bündel geschnürte Tierhaut, die noch nach ihrem gehörnten Spender roch. Vergeblich erinnerte er daran, daß man doch, wenn heute Sonntag war, am Tag des Herrn nicht arbeiten dürfe: Pater Caspar erwiderte,

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