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Die Insel Des Vorigen Tages

Die Insel Des Vorigen Tages

Titel: Die Insel Des Vorigen Tages Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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und des Korallenriffs und habe ähnliche schon anderswo mit einem flachen Boot erkundet; außerdem habe er diese Glocke selbst konstruiert und kenne daher ihre Vorzüge und Schwächen; ferner habe er gute Kenntnisse in der hydrostatischen Physik und werde schon wissen, was bei unvorhergesehenen Schwierigkeiten zu tun sei. Und schließlich, fügte er hinzu, als handle es sich um den letzten Grund, der für ihn sprach, »und schließlich habe ich den Glauben und du nicht«.
    Und Roberto begriff, daß dies keineswegs der letzte Grund, sondern vielmehr der erste und ohne Zweifel der schönste war. Pater Caspar Wanderdrossel glaubte an seine Glocke, so wie er an seine Specula glaubte, und er glaubte, daß er die Glocke benutzen mußte, um zur Specula zu gelangen, und er glaubte, daß alles, was er tat, zum höheren Ruhme Gottes sei. Und wie der Glaube Berge versetzen kann, so erlaubte er sicher auch, den Meeresgrund zu bezwingen.
    Es blieb also nichts anderes übrig, als die Glocke wieder aufs Deck zu lassen und sie für die Unternehmung herzurichten. Eine Arbeit, mit der die beiden bis zum Abend beschäftigt waren. Um die Lederhaut so abzudichten, daß weder Wasser eindringen noch Luft austreten konnte, mußte sie mit einer Masse bestrichen werden, die es auf schwachem Feuer zuzubereiten galt unter Verwendung von drei Pfund Wachs, einem Pfund venezianischen Terpentins und vier Unzen einer anderen Glasur, die von Möbeltischlern benutzt wird. Dann galt es, diese Substanz auf die Haut zu streichen, um sie bis zum nächsten Morgen hart werden zu lassen. Schließlich mußten mit einer anderen Masse aus Pech und Wachs alle Ritzen an den Rändern des kleinen Fensters abgedichtet werden, nachdem die Glasscheibe mit geteertem Kitt befestigt worden war.
    Nachdem alle Ritzen sorgfältig verstopft worden waren omnibus rimis Diener repletis , wie er sagte -, verbrachte der Pater die Nacht im Gebet. Beim Morgengrauen kontrollierten sie noch einmal die Glocke, die Verbindungsstücke und die Haken. Pater Caspar wartete den richtigen Zeitpunkt ab, an dem er die Ebbe am besten würde ausnutzen können, während zugleich die Sonne schon hoch genug stand, um das Meer vor ihm zu erhellen und alle Schatten hinter ihn zu werfen. Dann umarmten sie sich.
    Pater Caspar wiederholte, daß es sich um eine vergnügliche Unternehmung handle, bei der er ganz erstaunliche Dinge zu sehen bekommen werde, die weder Adam noch Noah je gekannt hätten, ja er fürchte geradezu, die Sünde der Hoffart zu begehen, so stolz sei er darauf, als erster Mensch in die Meereswelt hinunterzusteigen. »Freilich«, fügte er hinzu, »ist diß auch eine Probe der Demut und Mortificatio: Während Unser HErr Jesus ist auff dem Wasser gegangen, werde ich unter ihm gehn, wie es sich für einen Sünder gehört.«
    Blieb nur, die Glocke neuerlich anzuheben, sie dem Pater anzulegen und zu prüfen, ob er sich auch gut darin bewegen konnte.
    Ein paar Minuten lang wohnte Roberto dem Schauspiel eines wandernden Schneckenhauses bei, was sage ich, eines wandernden Bovists, eines Blätterpilzes, der sich mit langsamen, staksigen Schritten vorwärtsbewegte, wobei er oft stehenblieb und eine halbe Drehung um sich selbst vollführte, wenn der Pater nach rechts oder links sehen wollte. Mehr als einen Marsch schien diese ambulante Kapuze eine Gavotte im Sinne zu haben, eine Bourrée, die durch das Fehlen der Musik noch grotesker wirkte.
    Schließlich schien Pater Caspar zufrieden zu sein und sagte mit einer Stimme, die aus seinen Stiefeln zu kommen schien, es könne nun losgehen.
    Er begab sich zur Ankerwinde, Roberto hakte die Glocke ein, begann die Winde zu drehen und kontrollierte noch einmal, als die Glocke in der Luft hing, ob die Füße des Alten frei baumelten und er nicht nach unten herausrutschte oder die Glocke sich über ihm hob. Pater Caspar schüttelte sich und rief mit hohler Stimme, daß alles zum besten stehe, aber daß Roberto schnell machen solle. »Diese Kothurne ziehn mir die Beine lang und reißen sie mir beynah aus dem Leib. Rasch, lass mich ins Wasser!«
    Roberto rief noch ein paar aufmunternde Sätze und ließ das Vehikel mit seinem menschlichen Motor langsam hinunter. Was keine leichte Sache war, denn er mußte allein an der Ankerwinde die Arbeit vieler Matrosen verrichten. So kam ihm jener Abstieg endlos vor, als ob das Meer immer tiefer sinke, während er seine Anstrengungen vervielfachte. Endlich aber hörte er ein Geräusch auf dem Wasser, spürte das Gewicht

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