Die Insel: (Inseltrilogie #1) (German Edition)
Zaunwinde dekoriert. „Gibt er sich endlich das Ja-Wort? Es sieht sehr nach einer Hochzeit aus.“
Ich sage nichts und fange Amis Blick auf, während sie mit einigen wildwachsenden Gänseblümchen herum fummelt. Sie weiß was heute Abend ablaufen wird. Ich habe es ihr und Colin erzählt, gleich nachdem ich aus der Küche kam.
„Wer weiß“, zuckt Ami die Achseln.
„Na, aber, wer ist denn die Glückliche?“
„Keine Ahnung. Nicht ich, das ist klar. Lass uns einfach abwarten und schauen.“
„Wer auch immer sie ist, ich werde ihr ewig dankbar sein“, seufzt Padma. „Saul ist ein richtiger Miesepeter. Es ist wirklich Zeit, dass er nach Newexter geht.“
Schön wär‘s.
Sobald die Sonne hinter dem Horizont versinkt, entzünden wir die Kerzen. Es herrscht Totenstille. Nicht ein Wind hauch bläst und sogar die Grillen haben aufgehört zu zirpen, als warteten sie auf etwas. Die Welt blickt der großen Veränderung entgegen, die sich heute Nacht unter diesen Sternen ereignen wird.
Am Rande des Landguts wartet Colin hinter einem Lager zelt. Er und Pete haben Fackeln hergestellt, die sie dazu verwenden werden, einen Teil des Feldes anzuzünden. Pete hat heute eher am Tag das bereits trockene Gras mit Öl eingeträufelt, sodass es schnell Feuer fängt. Sobald die Flammen lodern, werden sie plötzlich auftauchen und Saul einen Lügner und Betrüger schimpfen und verlangen, dass er zurücktritt. Hoffentlich wird das für genug Durcheinander sorgen, um Sauls Bodyguards abzulenken, damit Andy sich von hinten anschleichen und Saul bewusstlos schlagen kann, um unserer Gruppe dann ohne Zensur aus der Schrift vorlesen zu können. Mit ein bisschen Glück werden es Sauls Gorillas nicht wagen, ihn mundtot zu machen, wenn es alle sehen können.
In der Stille warten wir alle darauf, das etwas passiert. Dann öffnet sich die Tür und Saul tritt auf die Terrasse, gefolgt von seinen bulligen Freunden. Ben stellt sich an Sauls rechte Seite, neben eine Säule, ein verschlagenes Lächeln im Gesicht. Dennoch wirkt er etwas unruhig – logisch, schließlich hat er seine errötende Braut noch nicht gesehen. Mara hat keinerlei Interesse an seiner „Über raschung“ gezeigt.
„Werte Anwesende“, durchbricht Saul die Stille. „Heute Nacht gibt es eine Feierlichkeit. Wir werden zwei Menschen in der Ehe vereinen , bezeugt von euch allen. Die Macht mit ihnen.“
Natürlich, da Saul die Schrift nicht hat, um daraus zu lesen, muss er sehr dankbar für diese Ablenkung sein. Niemand wundert sich, warum er sie nicht bei sich trägt. Sie sind alle viel zu neugierig zu wissen, wer heiraten wird.
Aus dem Augenwinkel sehe ich Colin und Pete näher kommen. Die Fackeln flammen im Dunkeln auf.
„Doch zuerst haben wir noch einen anderen Punkt auf der Tagesordnung“, redet Saul weiter.
Die große Tür öffnet sich und Max und Cal stehen im Türrahmen und schleifen Henry in Handschellen nach draußen. Cal gibt dem Mann einen kräftigen Stoß, sodass er stolpert und vor Saul auf Händen und Knien landet.
Oh nein. Was denn jetzt?
„Dieser Narr“, schreit Saul mit hochrotem Gesicht und zeigt anklagend auf Henry, „kam über die Mauer. Er ist in unsere Gesellschaft eingefallen, um Lügen zu verbreiten. Er behauptet, unsere Schrift ist nichts als Phantasie. Er sagt, dass Luke und Leia nie wirklich existiert haben!“ Seine Stimme senkt sich dramatisch. „Er behauptet sogar stur, er käme von hinter dem Meer.“
Seine Worte schicken einen Schockwelle durch die Menge – sogar durch mich selbst. Phantasie? Versucht dieser Mann aus der Welt hinter dem Meer uns zu erzählen, dass unsere Vorfahren nicht real sind?
Ich stehe versteinert da und beobachte wie sich die Szene weiterentwickelt. Saul tritt Henry in die Seite, winkt dann Cal und Max zu sich.
Sie tragen Schwerter. Die Schwerter aus dem Speisesaal.
„Er will unsere Welt zerstören“, schreit Saul, sein Gesicht zornig und seine Augen rastlos. „Meine Führungskraft anzweifeln. Er will mit seinem närrischen Gerede aus uns allen Zweiflern machen. Aber das werde ich nicht zulassen.“
Cal macht einen Schritt nach vorn. Schweiß rinnt über Henrys Stirn. Mein Herz schlägt schneller und mein Hals wird trocken. Ganz plötzlich wird es mir klar – die ganze Situation läuft gerade völlig aus dem Ruder.
Sprachlos schaue ich zu wie Max sich auf Henrys andere Seite stellt. Er hebt das Schwert hoch. Ich bin so überrumpelt wie die anderen Jugendlichen um mich herum. Keiner tritt vor.
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