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Die Insel: (Inseltrilogie #1) (German Edition)

Die Insel: (Inseltrilogie #1) (German Edition)

Titel: Die Insel: (Inseltrilogie #1) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jen Minkman
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gelebt haben.“ Ich sehe zu Walt auf. „Ich habe herausgefunden, dass ich auch zum Teil Närrin bin, musst du wissen. Meine Großmutter ist hier geboren.“
    „Tatsächlich.“ Walt zieht eine Augenbraue nach oben. „Kein Wunder, dass du manchmal ein wenig schwach köpfig wirkst.“
    „Das sagt der Richtige“, gebe ich zurück.
    „Und darf ich vielleicht noch anmerken, dass Narren euresgleichen scheinbar unwiderstehlich finden“, fährt Walt unbeeindruckt fort, „denn dein Großvater hat sie doch sicher heimlich geheiratet. Stimmt‘s?“
    Das frage ich mich. Wie haben sie das eigentlich an gestellt? Hat Toja eines Tages einfach die Mauer überquert und ist dabei auf meinen Großvater gestoßen, so wie ich auf Walt gestoßen bin? Vielleicht hat Großvater sie nach Newexter geschmuggelt und behauptet, dass sie vom Landsitz käme und ihre Eltern tot seien. Manchmal verändern sich Jugendliche so sehr zwischen zehn und achtzehn, dass niemand sie mehr wiedererkennt, wenn sie zurückkommen. Und soweit ich weiß, hat meiner Mutter nie jemand erzählt, dass ihre Mutter nicht nach Newexter gehört hätte.
    „Ich frage mich, warum sie weggelaufen ist“, murmle ich.
    Walt wird langsamer. „Nunja, es gibt Leute in Hoffnungshafen, die das Warten nicht ausstehen können. Sie werden es müde, ein Leben lang darauf zu warten, dass etwas am Horizont auftaucht.“
    „Ist es das, woran deine Leute glauben?“, frage ich verdutzt.
    „Ja. Und tada – es stellt sich heraus, dass wir die ganze Zeit recht hatten, denn es ist tatsächlich jemand am Horizont aufgetaucht. Zwei Menschen auf einem Schiff kamen von der Welt hinter dem Meer mit großartigen Nachrichten. Doch einer von ihnen hat dafür mit dem Leben bezahlt.“
    „Es tut mir leid.“ Irgendwie beschämt es mich, was unser Anführer getan hat, obwohl offensichtlich ist, dass er einen Dach schaden hat.
    „Hör mal.“ Walt bleibt stehen und sieht mich ernst an. „Es ist nicht deine Schuld, okay? Du hast immerhin versucht, ihn aufzuhalten.“
    „Das will ich immer noch“, sage ich heftig. „Und zwar will ich das alles aufhalten. All die Lügen. All das Leid. Ich will endlich die Wahrheit wissen. Wenn Henry wirklich recht hatte und unsere Art zu Leben auf Lügen basiert, dann sollten wir das alle hören.“
    „Ich bin mir nicht sicher, dass alle deine Leute für eine solche Wahrheit bereit sind. Ein Ungläubiger ist nicht so leicht zu bekehren.“
    „Dann liegt es wohl an Tony, sie zu überzeugen. Seine Arbeit ist ihm quasi schon zugeteilt. Ich meine, ist er nicht sowieso der ‚Überbringer großartiger Nachrichten‘?“ Mein Sarkasmus macht Gift aus meinen Worten. Scheiß auf Walt und seine dämlichen Vorurteile.
    Seine Augen werden dunkel und seine warme Hand legt si ch auf meine Schulter. „Leia, es tut mir leid. Das hätte ich nicht sagen sollen.“
    „Nein, das hättest du wirklich nicht“, blaffe ich ihn an. „Können wir dann jetzt weiter gehen?“
    Ich schüttle seine entschuldigende Hand ab und eile die Straße entlang. Es verwirrt mich immer noch, wenn er mich berührt.
     
    ***
     
    Als wir endlich an dem Hafen ankommen, nach dem dieser Ort benannt ist, bleibe ich wie angewurzelt stehen. Das herankommende Meerwasser wird von den steinernen Mauern einer geschützten Bucht umarmt. Ich sehe einen riesigen Kai. Der ganze Hafen wird von Lampen und Feuern erleuchtet, die in steinernen Türmen an beiden Enden der Bucht am Leben gehalten werden.
    „Was sind das für Türme?“, frage ich neugierig.
    „Wachtürme“, antwortet Walt. „Ausgucke. Damit wir immer ein Auge auf das Meer haben können. Sie sind immer bemannt und die Feuer verlöschen nie.“
    Warten auf eine Rettung von außerhalb. Für immer auf die See starrend in der Hoffnung, dass eines Tages etwas oder jemand kommt. Ich verstehe plötzlich, warum meine Groß mutter da raus wollte. Die Seele dieser Stadt verharrt in Reglosigkeit, einem Sinn von Nutzlosigkeit, erfüllt von Leuten, die ihre Zeit abwarten. Ich verstehe, warum unsere Vorväter sie dafür närrisch genannt haben.
    „Und was ist das dort für ein Schiff?“ Ich zeige auf einen Drei master aus Naturholz, der im Hafen vor Anker liegt. Ich habe ein solches Schiff schon einmal draußen auf dem Meer gesehen, von bescheidenerer Größe, mit nur einem Mast. Aber das... das hier ist ein Schiff, auf dem man davon segelt, um nicht zurückzukommen.
    „Das ist die Entdecker “, erklärt Walt mit einem breiten Lächeln auf dem Gesicht.

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